Danielsen und Simon sind Deutsche Seniorenmeister

von Thorsten Cmiel
02.08.2021 – Henrik Danielsen (Island) und Ralf Axel Simon gewannen die Titel bei den Offenen Deutschen Seniorenmeisterschaften Ü50 und Ü65. Die Frauentitel gingen an Ljubow Orlowa (65+) und Karin Roos (50+). Bei den Nestoren (75+) siegte Clemens Werner. Thorsten Cmiel berichtet aus Magdeburg. | Foto: Deutscher Schachbund

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2021 - Offene Deutsche Senioren-Meisterschaften

Magdeburg ist ein hervorragender Spielort für Schachturniere, zumindest in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs. Wer gut Essen gehen will, der findet über asiatisch, spanisch, griechisch, italienisch, gutbürgerlich bis zum Steakhaus fußläufig vom Hotel und Veranstaltungsort ein großes Angebot und eine gute Auswahl. Etwas weiter weg konnten sich Freunde des geschärften Gaumens indische Hausmannskost oder thailändisches Essen gönnen. Wer wollte konnte sich ebenfalls in der Nähe in einem Museum oder dem Hundertwasserhaus, der grünen Zitadelle, kulturell weiterbilden. Magdeburg hatte bis 2019 versucht, sich als Kulturhauptstadt Europa 2025 zu bewerben, war allerdings im Wettbewerb an Chemnitz gescheitert.

Für die meisten Spieler stehen allerdings die Spielbedingungen im Vordergrund. Der Spielsaal in Magdeburg für die Senioren kann zweifellos als optimal bezeichnet werden. Es bleibt aus meiner Sicht zu hoffen, dass dieser und private Ausrichter den Abstand der Bretter zueinander nach der Pandemie nicht wieder auf alte Enge reduzieren, um möglichst viele Teilnehmer in einen Raum zu bekommen. Ein Hinweis in eigener Sache: Berichterstatter sollten sich überlegen, ob sie in Zukunft in das Ausrufen von neuen Rekordteilnehmerzahlen mancher Veranstalter unkritisch mit einstimmen. Wichtiger sollten meines Erachtens gute Spielbedingungen für alle Teilnehmer als Kriterium sein. Insofern setzt die Seniorenmeisterschaft 2021 in Magdeburg hohe Standards für die Zukunft späterer Meisterschaften.



Viele Teilnehmer bei den Seniorenmeisterschaften

Die Zukunft der Deutschen Seniorenmeisterschaften als Teil des deutschen Schachgipfels, der eigentlich in alter Tradition Schachkongress heißen sollte, ist noch nicht entschieden. Der Deutsche Schachbund kann noch nicht den Standort für die gemeinsamen Veranstaltungen im kommenden Jahr benennen und manche Seniorenvertreter wollen schnellstmöglich Planungssicherheit für 2022. Eigentlich war die nächste „Deutsche“ in Bad Neuenahr geplant, aber das hat sich inzwischen wegen der jüngsten Katastrophe erledigt. Insofern ist die Planung für das kommende Jahr noch völlig offen. Der Präsident des DSB, Ullrich Krause, hatte betont, dass der Verband Interesse an der Teilnahme der Senioren hat. Das liegt schon daran, dass die Senioren über 3000 Personenübernachtungen mitbringen und das ist ein finanzielles Argument bei den Verhandlungen mit Hotels. Dennoch ergab ein spontanes und nicht repräsentatives Meinungsbild auch kritische Stimmen. Manche hielten die Ausschüttungsquote der Preisgelder in den Turnieren für zu niedrig. Andere sahen die Senioren als Melkkuh des DSB. Wiederum andere Teilnehmer finden das Konzept, Teil eines Ganzen zu sein, erstrebenswert.

Gespielt wurde ebenfalls. Die Senioren konnten trotz anderer Spielzeiten (ab 10 Uhr) die Partien der anderen Turniere der Deutschen Meisterschaft (meist 14 Uhr) nur online verfolgen. Ein Schiedsrichter der Deutschen Frauen- und Open-Meisterschaften soll sogar gegenüber einem Betreuer von Spielern, der zeitgleich Teilnehmer der Seniorenmeisterschaften war, geäußert haben, das kurze Beäugen der Partien sei nicht möglich, weil dort Leistungssport gespielt würde. Das kommentiere ich nicht weiter. Der Grund für die Zuschauerunfreundlichkeit war im letzten Jahr, ohne Corona, ebenfalls schon gegeben und ärgert einige Teilnehmer aus dem Seniorenlager und manche Spielerbetreuer. Diese offenbar elitäre Sichtweise verwässert das Argument der gemeinsamen Veranstaltung erheblich.

50+: Kampflose Punkte und Favoritensieg

Bei den jüngeren Senioren gewann der Favorit, Henrik Danielsen, letztlich souverän durch einen Sieg in der Schlussrunde gegen den neuen 50+Schnellschachmeister Dieter Pirrot. Pirott hatte eine scharfe Variante gespielt, aber dann die Feinheiten der Stellung nicht vollständig erfasst. Danielsen spielte eine Art Drachen mit Mehrbauer und gleichzeitig etwas korrumpierter Bauernstruktur und gewann eine schicke Partie zum Abschluss.

 

Der Turnierzweite Mike Stolz kommt aus Magdeburg und verpasste die zweite Runde, weil er zu spät ans Brett kam. Ihm gelang ein schnelles Comeback und es blieb ein souveräner zweiter Platz nach einem Sieg in der Schlussrunde gegen Christian Schatz.

 

Thomas Lentrodt gewann während des Turniers gegen Norbert Heck, der eine Runde aussetzen musste. Lentrodt verlor ebenfalls keine Partie und gehörte zu den drei Spielern, die dem Sieger Danielsen einen halben Punkt abringen konnten und landete ebenfalls auf einem verdienten dritten Platz von 68 Teilnehmern.

Es gab noch viele andere interessante Partien von denen jede Runde acht der 34 Partien übertragen wurden. Zwei Beispiele folgen. Eine ziemlich wilde Partie und ein Endspiel zwischen Wissenslücken und Rechenschwäche.

 

 

 

 

65+: Überraschungssieg von Ralf-Axel Simon

Das Turnier der älteren Senioren war in der Spitze stark besetzt und die Favoriten und Sieger aus den Vorjahren waren ebenfalls mit dabei. Manche Überraschung bei den fast 100 Partien pro Runde gab es schon früh im Turnier. Sowohl Ullrich Dresen als auch Hans-Joachim Vatter, Sieger 50+ aus 2020 mussten früh bereits einmal hinter sich greifen. Vatter gewann als Ausgleich immerhin die Blitz- und die Schnellschachmeisterschaft. Jede Runde wurden zwölf Partien aus dieser Gruppe übertragen. Es gab naturgemäß neben wenigen Kurzsiegen noch manches spannende Endspiel zu verfolgen.

 

 

 

 

Die Entscheidung über die vorderen Platzierungen folgte erst in der finalen Runde. Ralf-Axel Simon spielte ein typische Entscheidungspartie gegen Yuri Boidman und gewann nach zwei eher ungelenken Damenzügen seines favorisierten Gegners zunächst die Initiative und später nach einem Fehler die Partie.

Ralf Axel Simon

 

 

 

Co-Sieger wurde Evgueni Chevelevitch, der nur einen halben Punkt weniger bei der Buchholz-Wertung aufwies. Dem Hamburger war ebenfalls ein Sieg in der Schlussrunde gelungen. In der Schlusssequenz der Partie gegen Ulrich Waagener entscheidet die Kontrolle über die dunklen Felder rund um den gegnerischen König.

 

 

Tabellen und Partien

Endstand Ü50

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Danielsen,Henrik 7,5 51,5
2 Stolz,Mike 6,5 50,5
3 Lentrodt,Thomas 6,5 50,0
4 Wenner,Tobias 6,5 48,0
5 Gebhardt,Ulrich,Dr. 6,5 45,0
6 Pirrot,Dieter 6,0 51,5
7 Bub,Volker 6,0 50,0
8 Heck,Norbert 6,0 49,5
9 Cmiel,Thorsten 5,5 48,5
10 Biebinger,Gerhard 5,5 48,0
11 Schatz,Christian 5,5 47,5
12 Jügel,Marcel 5,5 46,5
13 Heller,Achim 5,5 44,5
14 Puschendorf,Steffen 5,5 44,0
15 Proschmann,Tino 5,5 44,0
16 Schober,Ralf 5,5 43,5
17 Plüg,Andreas 5,5 43,5
18 Krüger,Wolfgang 5,5 42,5
19 Kesseler,Heiko 5,5 41,5
20 Haag,Ulrich 5,5 41,0

68 Spieler

Partien Ü50

 

Endstand Ü65

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Simon,Ralf-Axel 7,5 50,0
2 Chevelevitch,Evgueni,Dr. 7,5 49,5
3 Werner,Clemens 7,0 52,5
4 Buchal,Stephan 7,0 52,0
5 Namyslo,Holger 7,0 51,0
6 Szenetra,Werner 7,0 49,5
7 Leiber,Bernard 7,0 49,0
8 Boidman,Yuri 6,5 55,5
9 Juhnke,Jürgen 6,5 53,5
10 Waagener,Ulrich 6,5 52,0
11 Braeunlin,Herbert 6,5 50,0
12 Lutz,Albert 6,5 46,5
13 Gruzmann,Boris 6,5 45,0
14 Haubt,Georg 6,5 43,5
15 Strobel,Walter 6,5 43,0
16 Heinemann,Ernst 6,0 54,0
17 Kierzek,Matthias,Dr. 6,0 53,0
18 Schulz,Michael 6,0 52,5
19 Prüfer,Friedbert,Prof. Dr. 6,0 52,0
20 Syré,Christian 6,0 51,0

197 Spieler

Partien Ü65

 

 

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Fotos bei Flickr...

 


Thorsten Cmiel ist Fide-Meister lebt in Köln und Milano und arbeitet als freier Finanzjournalist.

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