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Neuauflage: 20. Neckaropen an Ostern in Deizisau
Eine Ankündigung Anfang März sorgte für Erstaunen bei denen, die es entdeckten: auf der Homepage der Schachfreunde Deizisau wurde das 20. Neckaropen angekündigt! Es soll über die Ostertage stattfinden.
Wir erinnern uns an eine Erfolgsgeschichte im Schwäbischen der näheren Vergangenheit: die Schachfreunde Deizisau aus der kleinen Gemeinde nahe Esslingen am Neckar gelegen, gründeten ihr offenes Schachturnier. 1997 wurde es zum ersten Mal ausgerichtet. Aus bescheidenen Anfängen erwuchs bald eines der größten Open des Bundeslandes und schließlich das größte in Deutschland.
2015 fanden rund 750 Schachbegeisterte den Weg nach Deizisau in A, B- oder C-Turnier. Treibende Kraft war von Anfang an Sven Noppes, der dadurch zum bekanntesten Schachveranstalter hierzulande wurde. Die Kapazitäten in der Gemeindehalle und der benachbarten Sporthalle kamen an ihre Grenzen, auch Hotelzimmer waren kaum mehr auffindbar.
Der logische Schritt war somit der Gedanke an einen Umzug in eine größere Stadt. Noppes, mittlerweile auch Teamchef des Serienmeisters Baden-Baden und beruflich mit Sponsor Grenke verbunden, überführte sein Turnier in das Grenke-Chess-Open, das ab 2016 in Karlsruhe stattfand, flankiert von einem Einladungsturnier, den Grenke Chess-Classics, bei dem Spieler der Weltelite, insbesondere Weltmeister Magnus Carlsen, an den Start gingen.
2018 gewann in Karlsruhe sensationell der erst 13jährige Vincent Keymer das A-Open vor einer Hundertschaft an Großmeistern. Das läutete für das Riesentalent den Beginn seiner Karriere ein; fünf Jahre später konkurriert der nun erwachsene Keymer in der höchsten Kaste der Profis.
Der 13jährige Vincent Keymer gewinnt das Grenke Open 2018 | Foto: Georgios Souleidis
Bei der bislang letzten Auflage 2019 schossen die Teilnehmerzahlen durch die Decke, über 2000 strömten ins Karlsruher Kongresszentrum. Die Weltstars wurden wie Popstars umjubelt. Das Volk war ganz nah an seinen Helden. Dann kam Corona und beendete abrupt die flirrende Festivalatmosphäre. 2020, 21 und 22 … allesamt Absagen! Die Fangemeinde hoffte, dass nun, nachdem die Pandemie offiziell von staatlicher Seite begraben wurde, ein Neuanfang gemacht werden würde. Doch die Nachrichten hielten sich zurück.
Erst Mitte Februar wurde die Entscheidung publik: auch dieses Jahr wird es kein Grenke Open geben. Christian Bossert, der 1. Vorsitzende des Schachzentrums Baden-Baden, verkündete das in den sozialen Medien, stellte aber in Aussicht, dass es 2024 weitergehen würde, sowohl mit dem Open als auch mit den Classics. Immerhin eine schöne Aussicht, aber noch langes Warten…
Dann platzte plötzlich die Nachricht herein: Noppes und Deizisau wollen den vakanten Ostertermin mit Leben und Schach füllen!
Wir sprachen mit dem Organisator:
Frank Zeller: Sven Noppes, was gab den Ausschlag zu der überraschenden Entwicklung, nun wieder zurück ad fontes an den Neckar umzusiedeln?
Sven Noppes: Die Entscheidung fiel ziemlich kurzfristig. Es wurde sehr lange diskutiert, ob das Grenke Open in Karlsruhe wieder stattfinden soll. Letztlich entschieden wir uns zur Absage. Ausschlaggebend war schließlich, dass die Schach-WM in Astana just zu diesem Termin startet.
In Astana spielen vom 7. April bis zum 1. Mai Ian Nepomniachtchi und Ding Liren um den verwaisten WM-Thron, nachdem Magnus Carlsen seinen Titel nicht mehr verteidigen will. Denken Sie nicht auch, dass die Schachwelt und die Presse dieses Duell zwischen einem Russen und einen Chinesen womöglich gar nicht mit Aufmerksamkeit betrachten werden?
Eine Weltmeisterschaft ist immer DER schachliche Event, der in den Medien, vor allem auch den schachfremden, am meisten Niederschlag findet. Wir gingen davon aus, dass in dem Fall unser Grenke Open nicht die Aufmerksamkeit bekommen würde, die wir erzielen wollen und erhoffen.
Dann sind Sie kurzentschlossen mit dem Neckaropen in die Bresche gesprungen?
Die Voraussetzungen waren nicht ideal: binnen weniger Tage mussten wir uns entscheiden, der Vorlauf bis zum Turnier nur wenige Wochen… aber ich wollte den Schachfreunden vor allem im Ländle eine Möglichkeit bieten, über Ostern Schach spielen zu können. Seit ein paar Jahren nun war es nicht möglich und in ganz Deutschland gab es kein Open über die Feiertage.
Viel beworben wurde das Turnier bislang offenbar noch nicht. Ich war zum Glück im Verteiler und habe auf die Homepage der Schachfreunde Deizisau geschaut, so habe ich vom Vorhaben erfahren. Aber ansonsten konnte man bislang nirgends davon lesen.
Es ist gar nicht so einfach mit der kurzfristigen Werbung. Und eine ziemlich ärgerliche Schwierigkeit bestand darin, dass es auf dem Schachserver des Schachverbandes Württemberg nicht möglich ist, die Ausschreibung zu publizieren. Der Schachverband hat seit Jahren viel Probleme mit ihrer Internetseite. Wir versuchen nun, über Email-Ketten alle Vereine anzuschreiben. In den Schachzeitschriften haben wir Annoncen geschaltet. Aber es bleiben eben nur ein paar wenige Wochen., die Möglichkeiten sind begrenzt.
Welche Teilnehmerzahlen erwarten Sie bei diesem gedrängten Zeitplan im Vorfeld? Können wir ähnliche Verhältnisse wie zuletzt, 2015, erwarten?
Ich hoffe, wir können die 200 Teilnehmer erreichen. Dreistellig sollte es mindestens sein, um einigermaßen die Kosten abzudecken. Aktuell, Mitte März, haben sich bereits rund 60 Schchfreunde über unsere Homepage angemeldet. Wir wollen vor allem die Spieler aus der Region anzusprechen. Ich habe Kontakt mit einigen Großmeistern, aber aktuell denken wir in den Dimensionen unseres Herbstopens, welches in der Regel um die 100 – 200 Teilnehmer, darunter ein paar Titelträger und viele Jugendliche anzieht. Mehr erwarten wir gar nicht, es ist noch nicht absehbar und ich muss mit den Finanzen haushalten. Deswegen ist auch der Preisfond deutlich niedriger gehalten, als er in den letzten Jahren in Karlsruhe oder Deizisau war.
Herr Noppes, Sie waren Vorstand der Grenke-Bank und sind ausgeschieden, das ging im Zuge der Schwierigkeiten und der dadurch ausgelösten vielfältigen personellen Umstrukturierungen in der Grenke AG durch die Medien.
Ich hatte einen Fünf-Jahres-Vertrag, wie es in diesem Metier so üblich ist, und ich habe ihn bis zum letzten Tage erfüllt. Er endete mit dem 31. 12. 2021. Seitdem bin ich nicht mehr für die Grenke AG tätig.
Aber Sie sind noch nach wie vor Mannschaftsführer der beiden Bundesligavereine Baden-Baden und Deizisau. Werden Sie diese Funktionen noch länger erfüllen?
Ich leiste da seit vielen Jahren ehrenamtliche Arbeit. Es ist ja nicht allein von mir abhängig. Es sind demokratisch organisierte Vereine, es kann sich jeder engagieren, der will. Leute, die sich im Schach einbringen wollen, sind immer willkommen.
Grenke ist Sponsor bei beiden Bundesligateams. Aber wie man hört, wird das finanzielle Engagement bei Deizisau enden, ist das so richtig?
Das ist so schon richtig. Tatsächlich endete das Sponsoring Grenkes für Deizisau bereits Ende des Jahres 2022. Sponsoring ist in der Regel mit dem Kalenderjahr verbunden, nicht mit der Saison.
Es ist wunderbar, dass ein Team über eine so lange Zeit von einem Sponsor unterstützt wird, wie es bei Baden-Baden der Fall ist. Wir konnten dies nun sogar jahrelang mit zwei Teams durchziehen und haben so ziemlich alle Ziele erreicht, die wir uns gestellt hatten. Die Idee war, im Team Deizisau vielversprechenden deutschen Talenten die Möglichkeit zu bieten, mit internationaler Klasse zu konkurrieren, und davon konnten sehr viele profitieren. Das Sponsoring für Deizisau ist nun beendet; es liegt daran, neue Sponsoren ausfindig zu machen.
Können Sie schon sagen, wie es dann für Deizisau weitergehen wird?
Noch ist es zu früh, um da Verbindliches aussagen zu können.
Respekt, Deizisau ist sicherlich eine der Mannschaften in der 1. Liga mit den meisten deutschen Spielern und die aktuellen deutschen Spitzenspieler wurden da geformt, das ist sicherlich richtig. Heute gibt es einige Clubs in der höchsten Liga, bei denen das Team aus 10 Polen oder 10 Serben besteht, und ähnliche Teams aus der Konserve drängen aus den zweiten Ligen nach. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Gut, ich bin auch kein Fan dieser Gebilde, bei dem nur ausländische Spieler ein Team formen. Aber in der Regel ist es so, dass die deutschen Talente alle schon ihre Vereine haben! Möchte man deutsche Spieler für sein Team rekrutieren, dann ist das mit Abwerben von anderen Vereinen verbunden. Also ich denke nicht, dass deswegen die Deutschen zu kurz kommen. Generell denke ich, dass über die Bundesliga viel zu kritisch und häufig zu negativ berichtet wird. Trotz aller Schwierigkeiten lebt die Bundesliga weiter und wird immer stärker! Die Epidemie war sicherlich ein schwerer Schlag für alle Betroffenen, vor allem die Verantwortlichen und die Ehrenamtlichen. Doch die Schwierigkeiten wurden im Großen und Ganzen sehr gut gemeistert; es haben sich zuletzt keine Teams aus der Bundesliga zurückgezogen. Die Vereine haben die Krise überlebt, und wie man sieht, gibt es eher mehr finanzkräftige Teams, die in die erste Liga drängen. Da sehe ich also auch viel Positives, gute Entwicklungsmöglichkeiten. Ich denke, man sollte auch diese Dinge mehr in den Blick rücken, anstatt nur nach dem Negativen zu schauen.
Aber sollten dann nicht die BL-Vereine mehr für ihre Sache werben? Mir fällt auf, dass fast kein Verein über die Bundesligaevents auf ihrer Internetseite berichtet oder zumindest Bilder vom Bundesligawochenende verbreitet. Auch bei Baden-Baden musste ich das beobachten: früher gab es, freilich ein ausgezeichneter Service, Videos zu sehen, professionell eingefangen vom Grenke-Chess-Filmteam. Was ist daraus geworden?
Natürlich hat die Pandemie einiges verteitelt und zurückgeworfen. Die Grenke Chess-Film-Crew war ausgezeichnet und mit Leidenschaft dabei; Jonathan Reichel ist selbst ein guter und begeisteter Spieler. Doch die Firma wurde aufgelöst, das Team hat sich beruflich anderweitig orientiert.
Morgen steht eine Sitzung der Schachbundesliga.e.V. an und diskutiert die weitere Gestaltung. Ich möchte anregen, dass eine feste Gruppe gebildet wird, die sich um die Ausrichtung einer zentralen Endrunde kümmert. Die Hauptsponsoren sind dabei, ich sehe noch Gestaltungsmöglichkeiten, und wenn es mit den zentralen Endrunden in dieser Saison nicht geklappt hat, muss das nicht unbedingt an der wirtschaftlichen Lage hängen. Man wartete darauf, dass Vereine sich für die Ausrichtung des Events bewarben mit all dem Aufwand und dem Risiko einer Veranstaltung dieses Ausmaßes. Ich denke, wir sind da generell durch die Unabhängigkeit der Schachbundesliga vom Schachbund in einer geschickteren Lage und haben Möglichkeiten, die Zuständigkeiten dafür zu schaffen. Ich bin da mal optimistisch.
Herr Noppes, vielen Dank fürs Gespräch und viel Glück für das Neckaropen und ihre Projekte!
Weitere Informationen: Immerhin beträgt der 1. Preis im A-Open 1500 € - für ein durschnittliches Open ganz ordentlich!
Das Herbstopen wird seit 2006 in den Herbstferien ausgetragen, mittlerweile brachten es Noppes und Co bereits auf stattliche 15 Auflagen!
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