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Wer schlau ist, denkt einen Zug voraus! Holen Sie sich gleich die preiswerte Fritz&Fertig Sonderedition mit den Folgen 1 und 2! In Folge 1 lernen Kinder (und Erwachsene) in einem phantasievollen Schach-Abenteuer die Grundlagen des Schachspiels. Folge 2 knüpft mit interaktiven Spielmodulen zu Eröffnung, Taktik, Strategie und Endspiel an.
Schach-AGs sorgen in Schulen bereits für Zulauf bei den Vereinen – in Bremen ist das königliche Spiel nun sogar noch einen Schritt weiter: als fester Bestandteil des Un- terrichts! Als Mitinitiator fungiert ein für seine Fairness wie Intelligenz bekannter und beliebter Fußballer: Marco Bode. Mit der Werder-Ikone, die 1996 mit dem National- team Europameister wurde, unterhielt sich Hartmut Metz.
Schach-Magazin 64: Herr Bode, Bremen führt als erstes Bundesland Schach als Schul- fach ein. Hängt es damit zusammen, dass Studien ergaben, dass Kinder selbst in Mathematik besser werden, wenn eine Stunde Mathe-Unterricht für Schach geopfert wird?
Marco Bode: Wir führen Schach jetzt nicht als Pflichtfach ein, sondern das Programm heißt „Schach macht schlau“. Die Initiative ging von mir aus mit dem Verein „Das erste Buch“. Wir engagieren uns bereits seit mehr als 15 Jahren im Bereich Bildung, bei dem wir Bücher an Erstklässler verschenken. Wir starteten jetzt ein zweites großes Vorhaben und das ist tatsächlich mein Baby: Das Angebot geht in Bremen an alle Grundschulen. Wir statten sie mit Schachmaterial aus, bereiten Lehrer darauf vor und die Kinder bekommen alle einen Online-Zugang bei unserem Partner, der Schach-Softwarefirma Chess- Base. Die Schulen können sich freiwillig beteiligen – wenn sie sich aber anmelden, müssen sie sich verpflichten, eine Stunde Schach in den Unterricht einzubinden. Also nicht als Arbeitsgemeinschaft und freiwillig für die Kinder, sondern es ist Teil des Unterrichts!
Wir haben dabei die Senatorin für Bildung, Claudia Bogedan, mit an Bord. Es ist sozusagen der größte systematische Pilotversuch dieser Art, bei dem wir in den nächsten Mo-naten Erfahrungen sammeln wollen. Meine Vision sieht jedoch vor, dass wir langfristig alle Klassen einbinden.
SM64: Wie viele Schulen nehmen auf Anhieb teil?
Bode: Es sind 75 Schulklassen dabei. Damit beteiligen sich mehr als 1500 Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur vierten Klasse. Wir wollen auch sehen, wie sich das auswirkt. Die Effekte, die die Studien nahelegen, beziehen sich meist auf ältere Kinder der dritten oder vierten Klasse. Es gibt indes auch internationale und ein paar deutsche Versuche, dies vom ersten Schuljahr an an- zubieten. Wir wollen herausfinden, wie funktioniert das alles am besten.
Marco Bode bei der Präsentation der Initiative „Schach macht schlau“ in der Grundschule Glockenstraße in Bremen | Foto: Otto Borik
SM64: Konzentration auf eine Sache dürfte ein wichtiges Thema sein bei der Generation Smartphone.
Bode: Die relevanten Studien deuten darauf hin, dass es gelingt, die Kinder in ihren schulischen Leistungen mehr zu stärken. Auch Inklusion und Integration kann Schach verbessern, weil es für das Spiel weder Bewegung noch Sprache braucht. Hauptziel bleibt jedoch Schach als Tool, um die schulischen Leistungen zu verbessern. Wir wollen nicht unbedingt neue Schachtalente fördern und entdecken. Das mag ein Nebeneffekt sein. Fürs Schach braucht es Aufmerksamkeit, die Kinder müssen sich konzentrieren – und als Spiel motiviert es sie. Wir Menschen lernen bei Spielen schneller und intensiver.
SM64: Ihre Leistungen am Brett reichen nicht ganz an die im Fußball heran – aber Sie spielen für einen Hobbyspieler erstaunlich gut, fand ich beim Durchklicken Ihrer Partie gegen Weltmeister Magnus Carlsen (Anm. d. Red.: bei einer Simultanveranstaltung 2017 in Hamburg). Es wurde erst schwierig für Sie, als der Springer in Ihr Lager auf d6 eindrang.
Bode: Ja, da geriet ich in Zeitnot und die Fehler kamen. Ich hatte zuvor allerdings auch das Gefühl, dass es 20, 25 Züge lang ganz gut aussah.
SM64: Auf jeden Fall.
Bode: Ich kam gut aus der Eröffnung heraus, ohne größere Probleme – aber darüber brauchen wir nicht zu reden, dass ich am Ende keine Chance habe. Das war klar. Mir machte es sehr viel Spaß, und ich freute mich, ihn kennen zu lernen. Er ist auch ein großer Fußball-Fan. Wir kamen deshalb nach der Partie noch ins Gespräch.
SM64: Sein erster wichtiger Trainer, Simen Agdestein, ist nicht nur Großmeister, sondern war norwegischer Fußball-National- spieler.
Bode: Ja, ihn hat das interessiert und wir verblieben so, dass wir auch mal eine Schach-Aktion im Weserstadion durchführen könnten. Bei Werder haben wir schließlich ebenso ein Team in der Schach-Bundesliga. Werder ist deshalb im Übrigen Partner bei der Schulaktion. Die Werder-Stiftung beteiligt sich daran. Die Kosten bleiben im Rahmen, weil wir kein zusätzliches Personal an die Schule bringen müssen. Die Lehrer übernehmen den Unterricht, selbst wenn sie bisher keine Schachspieler waren.
Marco Bode hat einen guten Draht zu den Schülerinnen und Schülern, die bei der Präsentation von Schach macht schlau ganz bei der Sache sind. | Foto: Servet Mutlu
SM64: Beim Server schach.de von Chess-Base sollen Sie gerne online spielen. Wie oft üben Sie dort?
Bode: Momentan nicht so häufig. Im Winter könnte es wieder mehr werden. Meine Spiel-stärke pendelt bei den Drei- oder Fünf-Minuten-Blitzpartien bei 1600 bis 1800 Ratingpunkten.
SM64: Für jemand, der keine Wettkämpfe im Verein bestreitet, ist das außerordentlich.
Bode: Ich ordne mich zwischen einem guten Hobbyspieler und einem schlechten Klubspieler ein. Ich merke inzwischen: Je älter ich werde, umso mehr Bedenkzeit benötige ich. Klar, es gibt hier auch den Trainingseffekt – weil ich aber in Eröffnungstheorie mau bin, weil es mir an richtiger Ausbildung fehlt, ist es schon besser, wenn ich mehr Bedenkzeit habe.
SM64: Schauen Sie bei den Werder-Bundesliga-Spielen im Schach vorbei?
Bode: Ja, gelegentlich. Nicht immer, aber ein-, zweimal im Jahr versuche ich reinzuschauen.
SM64: Die Schach-Abteilung schnitt als Spit- zenteam in den letzten Jahren regelmäßig deutlich besser ab als die Kicker. Das könnte sich wieder ändern. Ihr Herzensklub spielt fast wieder so auf wie in Ihren besten Zeiten.
Bode (lacht): Noch nicht ganz, aber wir wollen wieder einen Schritt vorwärts machen. Tatsächlich waren wir mit dem Saisonstart sehr zufrieden. Aktuell verloren wir jedoch dreimal und schwere Spiele gegen Dortmund und Bayern warten auf uns – trotzdem formulierten wir ambitionierte Ziele und wollen um die Plätze in Europa mitspielen. Wenn alles passt, ist dies zu schaffen.
SM64: In London hat die Schach-WM begonnen. Verfolgen Sie das Match zwischen Weltmeister Magnus Carlsen und Fabiano Caruana regelmäßig?
Bode: Absolut, absolut! Bei solchen Wettkämpfen schaue ich etwa auf Spiegel.de die Partien live an. Es gibt Kommentare von Daniel King, der das toll macht. Wenn eine Partie Remis endet, schaue ich dann etwas weniger genau drauf – deshalb hoffe ich, dass es diesmal etwas mehr hin- und hergeht. Bei der letzten WM von Carlsen gegen Sergej Karjakin habe ich die Playoffs verfolgt. Damals kaufte ich mir sogar für den Showdown ein Video-Online-Ticket für den Abend. Das war wirklich spannend!
SM64: Die Remis langweilen einen in der Tat manchmal.
Bode: Ja, es ist wie im Fußball: Es gibt aufregende Unentschieden – manchmal gewinnt man allerdings den Eindruck, dass die Kollegen frühzeitig das Risiko einstellen.
SM64: Carlsen hat Sie im Vorjahr bei einem Simultan an 13 Brettern geschlagen, musste sich aber gehörig anstrengen bis zum 33. Zug. Reicht die Leistung gegen Sie auch, um den Amerikaner in Schach zu halten? Ihr Tipp?
Bode (lacht): Ich glaube, es wird spannend! Schon allein, einen amerikanischen Herausforderer zu haben – erst vor kurzem schaute ich mir einen Film über Bobby Fischer und seinen Kampf 1972 in Reykjavik gegen Boris Spasski an –, ist etwas Besonderes. Magnus ist mit 27 Jahren noch sehr jung. Im Interview sagte er lustigerweise: Es sei ihm nicht so wichtig, Schach-Weltmeister zu sein – aber er will auch nicht, dass es ein anderer wird. Ich nahm ihn immer als extrem kämpferisch und ehrgeizig wahr. In offenen Turnieren ist er schlagbar, diesmal wird er den vollen Fokus auf den Zweikampf legen. Dennoch rechne ich mit einem engen Kampf.
Initiator des Projekts "Schach macht schlau" ist der Verein "Das erste Buch". Grundidee des im Jahre 2001 im Bremer Raum gegründeten Vereins war, die Lust zu lesen und zu schreiben bei Kindern zu wecken und zu fördern. Dritt- und Viertklässler werden aufgefordert, Geschichten zu schreiben und Bilder zu malen, zu jedem Buchstaben des Alphabets werden Werke ausgewählt und in einem Buch veröffentlicht, das an Erstklässler verschenkt wird. Die Kosten werden mit Spenden aus der Wirtschaft gedeckt.
Den Angaben zufolge wurden bis jetzt rund 360 000 Bücher im Gesamtwert von ca. 3,1 Millionen Euro an die kleinen Erstleserinnen und Erstleser verschenkt. Inzwischen wurden in mehreren Städten und Landkreisen weitere "Erste Bücher" mit Hilfe von Sponsoren herausgegeben.
In Goethes Schauspiel "Götz von Berlichingen" wird Schach als "Probierstein des Gehirns" bezeichnet. "Schach macht schlau" ist salopper formuliert, drückt jedoch die gleiche Einschätzung oder gar den gleichen Sachverhalt aus. Dass Beschäftigung mit dem Schachspiel den geistigen Fähigkeiten förderlich ist, wird inzwischen kaum angezweifelt. Die positiven Auswirkungen sind facet tenreich und naturgemäß unterschiedlich gewichtet. So verhilft die Beschäftigung mit Schach im Alter dem Erhalt von geistigen Fähigkeiten, in der frühen Phase des Lebens deren Erwerb. Die letztgenannte Gruppe steht im Fokus des bundesweit größten Pilotprojekts zur Einbindung von Schach in den Schulunterricht, das zu Beginn des Schul- jahrs 2018-2019 in Schulen des Bundeslandes Bremen gestartet ist. 1.500 Grundschulkinder aus 70 Klassen aller vier Jahrgangsstufen wurden mit Arbeitsheften, Schachspielen und Online-Lernsoftware ausgestattet, um sich künftig in einer verbindlichen Stunde mit Schach zu beschäftigen.
Um mit Schach anzufangen bedarf es Freude am Spielen und an geistiger Herausforderung. Besondere Vorkenntnisse, auch sprachlicher Natur, sind nichtnotwendig, deshalb eignet sich das Projekt auch dazu, die Bildungschancen aller Kinder zu stärken und darüber hinaus die Integration von Kindern mit geringen Deutschkenntnissen zu fördern! Eine weitere Besonderheit des von dem Verein „Der erste Buch“ initiierten Programms: Die Lehrerinnen und Lehrer müssen zu Beginn des gemeinsamen Lernprojekts nicht selbst Schach spielen können, sondern lernen gemeinsam mit ihren Schülern! In vorbereitenden Workshops und mit speziellem Lehrer-Material werden die Lehrerinnen und Lehrer auf "Schach macht schlau!" vorbereitet. Was im Chemieunterricht eher schwierig wäre, ist im Schach möglich.
Die Initiative "Schach macht schlau" mit Unterstützung von (v. l.) Rainer Woisin (ChessBase), Dr. Claudia Bogedan (Senatorin für Bildung), Bülent Uzuner (Uzuner Consulting), Hermann Schünemann (Verleger) und Marco Bode (Ex-Fußballprofi und Aufsichtsratsvorsitzender von Werder Bremen).
Die Senatorin für Bildung Dr. Claudia Bogedan betont, dass es sich nicht im eigentlichen Sinne um ein Projekt handelt, sondern eher um ein Programm auf Dauer. Projekte sind zeitlich beschränkt, der Nutzen müsse hinterher überprüft werden, "dann ist das Projekt vorbei und keiner erinnert sich mehr daran," so Bogedan. Bei diesem Programm soll Schach dauerhaft in das Schulprogramm aufgenommen werden, verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler. Und den- noch konnten sich die Schulen aussuchen, ob sie am Programm teilnehmen.
Schon bei der Auftaktveranstaltung vor einigen Monaten war klar: das Interesse ist riesig. Die damals großzügig geplanten rund 30 Info-Mappen für die interessierten Klassen reichten nicht aus. 70 Klassen, dabei einige komplette Grundschulen meldeten sich.
Am 12. November wurde in der Bremer Grundschule Glockenstraße das Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt. An dieser Schule nehmen alle Schülerinnen und Schüler seit kurz vor den Herbstferien am Schach-Unterricht teil und präsentierten in der Turnhalle ihr bereits erlerntes Können, vor allem jedoch die Freude am Spielen. Boris Bruhn, Vorsitzender der Deutschen Schulschachstiftung, hat die Atmosphäre eingefangen:
"Nun redet Marco Bode über Schach. Die Kinder hängen an seinen Lippen, die Erwachsenen übrigens auch. Er redet von Lernen, ohne dass man es bemerkt, vom besser konzentrieren können, vom Spaß beim Spielen. Alle nicken."
Dann kommt Björn Lengwenus ins Spiel. Zwei Klassen setzten sich in die Mitte der Halle, auf Matten am Boden, die Schachbretter stehen auf Kästen. Björn wiederholt für alle im Raum am Demobrett, wie der König zieht und wie der Turm. Er holt sich Schüler nach vorn, läuft mit dem Mikro durch die Halle. Die Kinder beantworten alle seine Fragen. Und wieder fällt auf: es ist sehr still, Björn muss nicht laut werden am Mikro. Das muss er auch nicht, er hat ja das Schachbrett.“ Und die Kinder spielen.
Schach-Magazin 64 bleibt für Sie am Ball und berichtet bei passenden Anläs-sen über die weitere Entwicklung dieses Programms.
Unter den Augen einiger Mitglieder des Vereins Das erste Buch, der das Projekt Schach macht schlau initiert hat präsentieren die Schüler unter der Leitung von Björn Lengwenus (der zusammen mit Jörg Hilbert das Arbeitsheft zum Unterricht erstellt hat), was sie bisher schon gelernt haben.
Die Turnhalle der Grundschule Glockenstraße war der geeignete Ort für die Präsentation. Schließlich ist Schach trotz aller bildungsrelevanten Attribute, die ihm zugeschrieben werden, auch Sport.
Schach-Magazin 64, Dezember 2018
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