Das Scaccomatto-Festival in Turin

von ChessBase
11.12.2008 – Eigentlich fand das Scaccomatto-Festival in Turin immer im Zweijahresrhythmus statt, doch nach 2002 trat eine sechsjährige Pause ein. Der Grund waren die Vorbereitungen auf die Schacholympiade 2006, deren Gastgeber Turin und seine Schachorganisatoren waren. Nun wurde die Tradition aber wieder aufgenommen. Anfang Dezember wurde fast an gleicher Stätte wie vor zwei Jahren die Schacholympiade, allerdings in einem kleineren Saal, das Festival mit insgesamt vier offenen Turnieren, je einem Computerturnier, Mensch-Maschine-Vergleich und Kinderturnier sowie zahlreichen Zusatzveranstaltungen durchgeführt. Als Stargast konnte man den jungen italienischen Spitzenspieler Fabiano Caruana für das Schnellschachturnier und ein Simultan verpflichten. Bettina Trabert berichtet aus Turin. Turnierseite...Bericht und Bilder...

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Turin moves
Von Bettina Trabert

Scaccomatto lebt! Nach einer sechsjährigen Pause fand Anfang Dezember nun wieder das traditionelle, sonst im 2-Jahres-Rhythmus ausgetragene Scaccomatto-Festival in Turin statt. Die längere Pause erklärt sich nicht etwa durch Faulheit der Organisatoren, sondern – ganz im Gegenteil – durch die Vorbereitung und Durchführung der Schacholympiade 2006 in Turin.

Das Festival ist weit mehr als nur ein Open: Vier offene Turniere, ein Schnellschach-Open, ein Computerturnier, ein Wettkampf Mensch gegen Maschine, ein Turnier für Kinder, ein Simultan mit dem jungen italo-amerikanischen Star Fabiano Caruana, sowie diverse Veranstaltungen zum Thema Schach und Kunst bzw. Film brachten in diesem Jahr insgesamt mehr als 500 Spieler nach Turin.

 

Gespielt wurde am gleichen Ort, wo auch die Olympiade 2006 stattfand, wenn auch nicht in der großen Halle, so doch in einem sehr geräumigen Nebengebäude.


Ein ungewöhnlicher Weg zum Spielsaal: Über die große Lingotto-Brücke.

Eröffnet wurde das Festival durch ein Simultan mit dem Ehrengast Fabiano Caruana, dem jüngsten und stärksten Großmeister Italiens.

Gute Turniere gibt es in Italien schon lange, aber wirkliche Spitzenspieler waren bisher eher rar. Doch seit kurzem haben die Italiener nun einen echten Star: Der 16-jähige Caruana gehört zu den besten Jugendlichen der Welt. Zwar hat er das Schachspielen in den USA gelernt und lebt mit seiner Familie derzeit wegen besserer Trainingsmöglichkeiten in Budapest, aber sowohl Mutter als auch Vater sind italienischer Herkunft, und so vertritt Fabiano seit einigen Jahren auch die italienischen Farben.

 

Wie nicht anders zu erwarten, gewann Caruana auch das stark besetzte Schnellturnier am nächsten Tag mit leichter Hand.

 

Der viele Jahre lang unangefochtene Spitzenspieler Michele Godena musste sich diesmal mit dem 4. Platz zufrieden geben. Beide reisten nach dem Schnellschach gleich weiter zu den italienischen Meisterschaften.

In Turin ging es mit dem Meister-Open weiter: Am nächsten Tag wurden die Plastik- mit Holzfiguren ausgetauscht, die Spitzenbretter verkabelt und online gestellt und noch etwas mehr Platz geschaffen. Wie in italienischen Turnieren üblich, gab es in Turin mehrere Spielstärkegruppen: Im Open A waren 44 Spieler am Start, davon genau die Hälfte Titelträger!

Optimale, äußerst geräumige Spielbedingungen. Im Hintergrund sieht man die Posterausstellung historischer Zeitungsartikel zum Wettkampf Fischer-Spassky.

Eine interessante Lektüre in den Spielpausen. Was passierte (auch außerhalb von Reykjavik) im Sommer 1972?

Das Turnier brachte einige Überraschungen mit sich. Während die Großmeister nie wirklich in den Spitzenkampf eingriffen, übernahm der 18-jährige IM Daniele Vocaturo gleich zu Anfang die Führung – und gab sie einfach nicht mehr ab. Damit wurde das Scaccomatto-Turnier zum ersten Mal von einem Italiener gewonnen.

Caruana bekommt Konkurrenz: Eine äußerst überzeugende Leistung, ein verdienter Turniersieg und eine nur knapp verpasste GM-Norm für Daniele Vocaturo aus Rom. Links der Mann, der das Schach in Torino bewegt: Michele Cordara.

Nachdem es in Italien lange Jahre kaum aktive Großmeister gab, steht inzwischen eine ganze Reihe mehr oder weniger junger Spieler auf dem Sprung zum GM-Titel.

Warten auf den Titel: Giulio Borgo, der nur noch die 2500 erreichen muss, konnte in Turin ein paar Elo-Punkte gut machen.

Ein anderer Fast-GM, Sabino Brunello, war in Turin nicht dabei, da er an den italienischen Meisterschaften teilnahm. Dafür aber seine Schwester, die Hoffnung des hiesigen Frauenschachs: Marina Brunello, erst 14 Jahre alt und amtierende italienische Meisterin!

Noch einer, der mal GM werden will: Marco Codenotti, gerade mal 12 Jahre alt, schlug sich mit 4 Punkten in diesem starken Feld sehr gut.

Einige Spieler aus weiter Ferne waren nach der Olympiade in Dresden in Europa geblieben.

Martha Fierro Baquero aus Ecuador

Carla Heredia Serrano, ebenfalls Ecuador

Virgilio Vuelban, Philippinen

Cristina Foisor erreichte im Schnellturnier den 3. Platz und im Hauptturnier eine Turnierleistung von über 2500 und ist damit in der nächsten Liste wieder die Nummer 1 im rumänischen Frauenschach. Warum sie in Dresden nicht gespielt hätte? Sie sei nicht nominiert worden, weil sie „zu alt“ sei. Und ihre Tochter Sabina, ebenfalls schon WGM und Nummer 4 der rumänischen Rangliste? Die sei „zu jung“… Ich muss zugeben, dass sich mir diese Art der Logik verschließt. Vielleicht sollte man doch einfach nach der Spielstärke gehen?

 

Familie Foisor (Cristina, Ovidiu und Tochter Veronica) entspannt bei der Siegerehrung.

Nachdem ich bei früheren Artikeln kritisiert worden bin, dass ich nie selbst zu sehen sei, hier ein Bild aus der letzten Runde.

Damit bleiben nur noch ein paar Worte zu Turin zu sagen, einer interessanten Stadt mit bewegter Geschichte. Römer, Langobarden und Franken haben hier ihre Spuren hinterlassen – Turin war die Hauptstadt des Herzogtums Savoyen und vier Jahre lang sogar die Hauptstadt Italiens.

 

Die Piazza Castello mit dem Königspalast

 

Die Porta Palatina mit Julius Caesar

 

Spyridon Skembris, mit 2,5/3 noch bester Dinge übt das „veni, vidi, vici“. Leider blieb es schließlich nur beim „veni“ und „vidi“.

 

Und was hat Pharao Ramses II. mit Turin zu tun? Nein, die Ägypter haben Turin nicht erobert, aber das hiesige Museum bietet eine der bedeutendsten Sammlungen alter ägyptischer Kunst.

Brücke über den Po

Der altehrwürdige Schachclub im Zentrum der Stadt. Arrividerci al prossimo Scaccomatto!

 

 

 

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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