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Das Schachfestival in Maia, gleich nördlich von Porto, war dieses Jahr der Höhepunkt des portugiesischen Schachlebens - und das sowohl in sportlicher als auch in sozialer Hinsicht. Stefan Löffler, der im Rahmen des Festivals eine Konferenz organisierte, berichtet.
Das Open in Maia lockte über 300 Teilnehmern an, darunter je ein Dutzend Großmeister und deutsche Teilnehmer, von denen Pascal Karsay aus Worms mit 6 aus 9 auf Platz 33 am besten abschnitt. Den Turniersieg entscheiden am Ende jene fünf Spieler unter sich, die vor der Schlussrunde 6,5 Punkte hatten.
Am Spitzenbrett ging es am härtesten zur Sache. Awonder Liang, der Fabiano Caruana als jüngster amerikanischer Großmeister abgelöst hatte und nach Elo als Nummer eins der Setzliste startete, brachte das zuletzt sehr solide scorende Semi-Tarrasch aufs Brett, doch Victor Mikhalevsky ging ihn ohne falschen Respekt mit einem scharfen Königsangriff an. Der Israeli sicherte sich überzeugend den Punkt und den ersten Preis von 3000 Euro.
Victor Mikhalevsky
312 Teilnehmer
Maia schließt nördlich an Porto an, und die Sehenswürdigkeiten sind mit der Metro erreichbar. Weil viele Technologiefirmen ansässig sind, gehört die Gemeinde zu den reichsten in Portugal und unterstützt das organisch gewachsene Schachfestival, das von der Schachakademie Maia organisiert wird. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist der Schachklub O Amanhã da Criança, der mit einem Sozialträger verbunden ist, der einen Kindergarten und ein Altenheim betreibt. Jugendschach wird, wie es der blumige Name „Der Morgen (gehört) der Kindheit“ andeutet, großgeschrieben und der generationsübergreifende Charakter des Spiels auch gelebt. Aus Akademie, Klub und Festival ist auch eine aktive Frauenschachgruppe entstanden.
Vor diesem Hintergrund beschränkt sich das Schachfestival auch nicht auf die sportliche Seite. Niederschwellige Angebote für Hobby- und Gelegenheitsspieler gehören ebenso dazu wie ein Blitzturnier auf einem Ausflugsschiff, das über den Douro schippert, eine abendliche Party und eine halbtägige Konferenz auf dem Tecmaia Campus, mit deren Leitung ich beauftragt war. Unter dem Titel „Strong Minds“ – übersetzen würde ich es mit starke Denker – präsentierte ich fünf spannende Köpfe.
Um genau zu sein, tat ich das aus einem Regieraum, denn eine Stunde vor der Konferenz testete ich positiv auf Covid und musste mich isolieren: Also übernahm Vitor Cardoso das Nachfragen und Aufrufen der Fragen aus dem Publikum, das überwiegend aus Teilnehmern des vorher im selben Saal ausgetragenen Opens bestand.
Shohreh Bayat schilderte, wie es ihr ergangen ist, seit ihr als WM-Schiedsrichterin 2020 das Kopftuch verrutschte und die Bilder im Iran einen Sturm der Entrüstung auslösten. Natalia Zhukova berichtete von ihrem Alltag als Stadtverordnete in Odessa im Zeichen des Verteidigungskriegs.
Shohreh Bayat
Natalia Zhukova und Vitor Cardoso
Als sie vor drei Jahren in die Politik wechselte und selbst noch am 21.Februar 2022, dem Vorabend der russischen Invasion, ahnte sie nicht, was auf sie zukam. James Canty sprach über seine Karriere als Streamer und die afroamerikanische Schachcommunity.
Um die besondere Beziehung amerikanischer Hochschulen zum Schach ging es bei Awonder Liang und Praveen Balakrishnan, die beide an der renommierten University Chicago Wirtschaft studieren. Zusammenschnitte der Interviews und Vorträge sind in Kürze auf dem Youtube-Kanal der Schachakademie Maia zu sehen.
In Maia fand die Portugal Chess Tour 2022/23 ihren Abschluss. Erster der Gesamtwertung wurde der kanadische Großmeister Kevin Spraggett, der seit 35 Jahren in Portugal lebt, vor den jungen Internationalen Meistern André Sousa und Francisco Veiga. In der ersten Septemberhälfte findet traditionell auch die Portugiesische Meisterschaft statt. Dieses Jahr stand sie ganz im Zeichen von José Guilherme Barria Santos, der bereits die Jugend- und Blitzmeisterschaft gewonnen hatte. In der Liga und in Maia hatte er trotz gutem Start eine IM-Norm verpasst. Bei der Landesmeisterschaft hat er sie mit 8 aus 9 gleich um eineinhalb Punkte übererfüllt und mit genau diesem Vorsprung vor Bruno Martins, seinem Mannschaftskameraden bei A.XAT Montemor-o-Novo, gewonnen.
Stefan Löffler
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