Das Schachwissen der Welt speichern

von ChessBase
01.01.2009 – Früher soll es Schachspieler gegeben haben, die sich den Informator drei Mal gekauft haben. Ein Exemplar, um die geraden Seiten ausschneiden und die Partien auf Karteikarten kleben zu können, ein Exemplar, um die Rückseite ausschneiden zu können und ein vollständiges Exemplar. Solche Verwüstungen sind seit der Entwicklung von ChessBase zum Glück eine Sache der Vergangenheit. In einem Interview im Neuen Deutschland erzählt ChessBase Geschäftsführer Matthias Wüllenweber wie es zur Entwicklung der ChessBase Datenbank kam und wie mühsam es am Anfang war, das Schachwissen auf neue Art zu speichern.Neues Deutschland..., Mega im Shop kaufen...Zum Interview...

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ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan

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Von Kasparow zu "Ludwig"
Von Dr. René Gralla

Die Bibliothek von Alexandria sammelte einst das Wissen der antiken Welt. Bis das Gebäude samt 700.000 Buchrollen im Zuge der Kämpfe zwischen Cäsar und Pompejus 48 v.u.Z. abgebrannt sein soll; nach anderen Quellen ist das Museion, wie die Anlage hieß, allerdings erst rund 350 Jahre später zerstört worden. Das Schachwissen der modernen Welt wird vom Hamburger Softwareanbieter ChessBase archiviert. Mehr als vier Millionen Partien von den Klassikern der Vergangenheit bis zu den Highlights 2008 sind abgespeichert. Profis und Fans können das Schlaumaterial als Mega Database 2009 auf DVD kaufen und nach Hause tragen. Der Autor Dr. René Gralla lässt sich im Interview für die Tageszeitung "Neues Deutschland" das Jahrtausendprojekt von ChessBase-Geschäftsführer Matthias Wüllenweber (47) erläutern. Der obendrein auch noch die Kompositionskunst revolutionieren möchte.

DR. RENÉ GRALLA: Wie hat das Projekt begonnen?
MATTHIAS WÜLLENWEBER: Mitte der 80-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts spielte ich an Brett 1 der Universitätsmannschaft im schottischen Edinburgh. Damals haben die Leute wichtige Partien, gerade auch von potenziellen Gegnern, auf Karteikarten notiert, und ich fand das unbefriedigend. Bis mir plötzlich klar wurde, dass die Idee, für die systematische Archivierung von Schachinformationen einen Computer zu verwenden, eigentlich doch zum Greifen nahe lag.

DR. R.GRALLA: Der seinerzeitige Weltmeister Garri Kasparow hat Ihren Plan maßgeblich unterstützt ...
M.WÜLLENWEBER: ... eine Verbindung, die Frederic Friedel herstellte, den ich in jenen Tagen kennenlernte. Zu dritt haben wir das Konzept entwickelt.


Garry Kasparov hat das Schach auf mehr als eine Weise revolutioniert.

DR. R.GRALLA: Wie sind die Partien in die Datenbank geflossen?
M.WÜLLENWEBER: Die wurden manuell eingegeben, Zug für Zug, mit der Computermaus. Dabei haben uns befreundete Mitglieder des Hamburger Schachklubs unterstützt.

DR. R.GRALLA: Wo kriegten Sie die Partien denn her?
M.WÜLLENWEBER: Aus Turnierbulletins. Die waren damals noch auf der Schreibmaschine geschrieben, und Fehler wurden mit Tippex korrigiert. Gelegentlich griffen wir auch auf handschriftliche Aufzeichnungen zurück. Hinzu kamen historische Begegnungen aus Büchern. Gestartet ist das Programm zum Zeitpunkt der Firmengründung von ChessBase im Juli 1988 dann mit 1000 Partien.

DR. R.GRALLA: Das sind inzwischen offenbar deutlich mehr geworden ...
M.WÜLLENWEBER: ... das war eine explosionsartige Entwicklung. Mit dem zunehmenden Bekanntheitsgrad von ChessBase ist der Datenbestand ständig erweitert worden. Momentan haben wir mehr als vier Millionen Partien gespeichert.

DR. R.GRALLA: Die können Interessierte auf DVD kaufen. Rund 62.000 Partien dieser Kompilation werden von Eröffnungsexperten und Spitzenspielern kommentiert. Wie viele Matches kommen jährlich neu dazu?
M.WÜLLENWEBER: Mehrere hunderttausend.

DR. R.GRALLA: Ein Wahnsinn. Sind die Rechnerkapazitäten nicht irgendwann erschöpft?
M.WÜLLENWEBER: Nein. Die Hardware wird ja immer leistungsfähiger. Unser Datenbankserver, der in einem Rechenzentrum in Köln steht, ist bei weitem noch nicht ausgelastet. Da ist noch viel Luft nach oben.


Der Server hat noch Platz

DR. R.GRALLA: Nach welchen Kriterien wählen Sie Partien für den ChessBase-Computer aus?
M.WÜLLENWEBER: Publikationswürdig sind offizielle internationale Turniere, aber auch Landesmeisterschaften. Dazu berühmte Duelle, zum Beispiel von Napoleon.

DR. R.GRALLA: Das Wissen der Welt, einst in der Bibliothek von Alexandria auf Buchrollen gehortet, ging unter mit ihrer Zerstörung. Kann das bei ChessBase passieren?
M.WÜLLENWEBER: Der entscheidende Unterschied zur Vergangenheit besteht darin, dass unsere Informationen heute dezentral an mehreren Punkten gesammelt werden. Nicht zuletzt bei allen Käufern der Mega Database.

DR. R.GRALLA: Inzwischen beschränken Sie sich aber nicht bloß auf Schach, sondern haben ein Kompositionsprogramm namens "Ludwig" kreiert. Wollen Sie die Musikschaffenden arbeitslos machen?
M.WÜLLENWEBER: Das fußt auf unseren Erfahrungen. Anstelle von Partien speichert "Ludwig" Lieder ab. Wir wollen eine Datenbank aufbauen mit allen Werken, die nicht dem Copyright unterliegen. Das betrifft vor allem den Folkbereich.

DR. R.GRALLA: Was bringt mir das?
M.WÜLLENWEBER: Sie können Traditionals neu arrangieren, und binnen Sekunden liefert "Ludwig" dafür die komplette Partitur. Sie können mit "Ludwig" auch eigene Songs komponieren, das hilft insbesondere im pädagogischen Bereich, um das Erlernen von Instrumenten spannend zu begleiten. Je nach dem Grad der Fertigkeit, den der Schüler erlangt hat, können Sie für ihn darauf genau abgestimmtes musikalisches Material anbieten.

DR. R.GRALLA: Sie sind also nicht allein auf Schach fixiert, Herr Wüllenweber?
M.WÜLLENWEBER: Neben meinem Hauptfach Physik habe ich vier Semester Musik studiert. Ich spiele Querflöte und Klavier und bin zudem Chorsänger.


Matthias Wüllenweber spielt Querflöte

Mega Database 2009 (ChessBase), Preis: ca. 150,00 Euro
Kompositionsprogramm "Ludwig" (ChessBase), Preis: ca. 50,00 Euro; weitere Infos: www.komponieren.de

Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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