DEM: Remis an den Spitzentischen

von ChessBase
12.09.2013 – In den Spitzenpaarungen der sechsten Runde konnte kein Spieler einen vollen Punkt erzielen und sich damit vielleicht nach oben absetzen. Martin Krämer und Klaus Bischoff spielten ebenso remis wie Rainer Buhmann und René Stern. Auch an den folgenden Tischen wurde der Punkt zumeist geteilt, wobei Dennis Wagner sich knapp 90 Züge lang vergeblich um den Sieg gegen Michael Kopylov bemühte. Bericht, Bilder, Partien...

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Tag Sechs: Remisseuche oder gegenseitiges Belauern

 

Vorsicht heißt das Schlagwort am 6. Tag der Deutschen. Die sieben Spitzenbretter enden allesamt mit Remis. Das Tableau zeigt eine Beibehaltung der Reihenfolge, es ist eher noch dichter in der vorderen Hälfte geworden. Wie beim Radfahren oder beim Mittelstreckenrennen scheinen sich die Kontrahenten zu belauern. Wer wird einen Ausreißversuch wagen? Die jungen Hasen sind theoretisch sehr gut aufgerüstet, lassen dann aber Umsicht walten oder wollen mit Schwarz nicht mehr als Remis. Die alten Hasen meiden eh das unübersichtliche, theorieintensive Gelände und streben sichere Positionen an. Die Hauptforderung ist jedenfalls: nur nicht verlieren! Noch ist alles drin!

Und noch was fällt auf: kein einziges 1.e4 an den Spitzenbrettern. Ist e4 veraltet? Das erste Dutzend in der Tabelle spielt fast nur geschlossene Eröffnungen, meist 1.d4. Auch heute wieder: an den ersten 6 Brettern sieht man nur den Aufzug des Damenbauern! Selbst Hagen Pötsch, eingefleischter 1.e4-Spieler, greift in dieser Stunde zum d-Bauern. Fürchtet er, ansonsten von den Tischnachbarn nicht ernstgenommen zu werden? Immerhin, Daniel Fridman beginnt mit neutralem 1.g3, aber nur, um im dritten Zug den Damenbauern ins Feld zu ziehen.

Buhmann und Stern

Kann man denn nur mit 1.d4 Deutscher Meister werden? Gewinnen, so die Quintessenz, fällt jedenfalls mit dem „linken Aufschlag“ schwer. Verlieren ebenso! Sieben Remisen an den Spitzenbrettern – die erste entschiedene Partie findet an Brett 8 statt, der glückliche Gewinner ist Andre Oberhofer. Und was hat er gespielt? Richtig, 1.e4! Soviel Mut gehört belohnt. Es muss doch was an Gyula Breyers Bonmot dran sein: „nach 1.e4 liegt Weiß in den letzten Zügen.“ Nur noch die Verwegensten riskieren den Griff zum e-Bauern.

Remis ist nicht gleich Remis. Es gab auch, vor allem unter den jüngeren Kontrahenten, hartumkämpfte, spannende Partien.  Unspektakulär verlief etwa das Duell der Tabellenführer, Rene Stern gegen Rainer Buhmann. Stern mied als Weißer das Risiko, strebte Symmetrie und Abtausch an. Das gelang.  Auf der c-Linie wurde das ganze Schwermaterial runtergetauscht, das Unentschieden war alsbald unterschriftsreif.

Ungewöhnlicher dann aber das Geschehen an Brett 2, wo sich Klaus Bischoff gegen Martin Krämer mit dem Königsfianchetto verteidigte und recht früh mit einem Bauernvorstoß am Flügel aufwartete:. Auch dort erfolgte der Remisschluss nach nur 30 Zügen.

Die vielleicht spannendste Partie der Runde wurde an Tisch 3 zwischen Johannes Carow und Matthias Blübaum gespielt. Die beiden Jugendlichen erreichten eine unausgegorene Mittelspielsituation. Blübaum tauschte seinen schlechten Läufer ab, erhielt eine Pferdbasis auf d5, im Gegenzug erhielt Carow Raumvorteil und Aussichten zum Königsangriff. Welche Vorzüge würden sich durchsetzen? Mit 23.Tc4! begann Weiß seine Kräfte nach rechts zu beordern. Und tatsächlich begann Blübaum zu wackeln. Spätestens nach 26.Lf4-g5! sah es brenzlig für Schwarz aus. Blübaum zeigte unter Druck indes, dass er trotz seines jungen Alters recht abgebrüht ist und weiß, wann und wie man psychologische Wendungen herbeiführen muss, und opferte mit 26. …Sf5! die Qualität, um den Charakter der Partie zu ändern. Weiß fehlte plötzlich Koordination, zudem wurde die Zeit knapp. Carow verlor etwas die Übersicht und war letztlich froh, eine Zugwiederholung in die Wege leiten zu können. Also auch Remis, aber ein Spannendes!

Schleining und Pfretzschner

Verdächtig stand Hagen Pötsch, der Gegner Alexander Donchenko mit 1.d4 überraschen wollte. Ob der Schwarze die Eröffnungsvariante des Vortages wiederholen würde? Doch Donchenko roch den Braten und wich durch 3. …e5 (statt 3. …b5) ab. Nun musste sich Pötsch an die neue Umgebung gewöhnen, Donchenko schien wie oft bestens präpariert, und ausgangs der Eröffnung stand schon eher er besser. Schwarz nahm später die erstbeste Möglichkeit wahr, um Dauerschach zu geben. Im Unterschied zu seinen Prinzenkollegen scheint Alexander noch etwas der Killerinstinkt abzugehen.

So kämpfe Dennis Wagner mit Schwarz gegen Michael Kopylov fast 90 Züge lang um den vollen Punkt, konnte aber die Festung im Endspiel Dame gegen Turm und Springer nicht brechen.

Auch Nationalspieler Daniel Fridman kam nicht zum Erfolg gegen Christian Braun. Ich hätte wetten können, dass der beschlagene Techniker Fridman das Endspiel gegen den Isolani zum Gewinn führt.

Doch Braun verteidigte sich sehr aufmerksam und zeigte wieder einmal, dass ein Isolaniendspiel noch lange kein Grund für eine Niederlage sein muss. Fridman tut sich immer noch schwer, ins Turnier zu kommen Zwar hat sich an der Ausgangslage nichts geändert, aber man traut ihm diesmal nicht recht die Titelverteidigung zu.

Grund zur Enttäuschung vom heutigen Tag mag vor allem Felix Graf haben – er stand kurz vor einem Sieg gegen Rasmus Svane. Unterstützt von Zentrum und Läuferpaar startete er um Zug 25 einen Königsangriff, der auch ohne Damen erfolgreich hätte sein könne, ja müssen.

Plötzlich versandete der Vorteil, Graf konnte das zunächst nicht recht glauben, musste aber nach 48 Zügen doch in die Punkteteilung einwilligen.

DSB-Präsident Herbert Bastian

Morgen stehen die Spitzenpaarungen Bischoff – Stern sowie Buhmann gegen Kopylow an. Sind wir mal gespannt, ob es morgen mehr entschiedene Partien geben wird!

 

Stand nach 6 Runden

Nr. Titel Spieler TWZ Sp Pkt D-Elo (1Str) Bhlz (1Str) Bhlz
1. GM Bischoff,Klaus 2500 6 4.5 2481 17.0 19.0
2. GM Buhmann,Rainer 2580 6 4.5 2479 19.5 22.5
3. IM Stern,Rene 2509 6 4.5 2408 18.5 21.0
4. GM Krämer,Martin 2542 6 4.0 2482 20.5 24.5
5. Graf,Felix 2481 6 4.0 2475 19.0 21.0
6. IM Svane,Rasmus 2445 6 4.0 2455 17.5 20.0
7. IM Blübaum,Matthias 2514 6 4.0 2439 18.0 20.0
8. IM Wagner,Dennis 2472 6 4.0 2437 19.5 22.5
9. IM Donchenko,Alexander 2467 6 4.0 2435 19.0 22.0
10. Oberhofer,Andre 2329 6 4.0 2427 17.5 19.5
11. FM Carow,Johannes 2375 6 4.0 2417 17.0 18.0
12. IM Kopylov,Michael 2457 6 4.0 2323 17.0 19.5
13. IM Braun,Christian 2362 6 3.5 2467 17.5 19.5
14. IM Poetsch,Hagen 2468 6 3.5 2438 18.5 21.0
15. GM Fridman,Daniel 2614 6 3.5 2424 18.0 20.5
16. IM Schöne,Ralf 2345 6 3.5 2405 16.5 17.5
17. Schwarz,Frank 2249 6 3.5 2376 16.0 17.5
18. Lubbe,Nikolas 2432 6 3.5 2344 18.0 20.5
19. IM Plischki,Sebastian 2436 6 3.0 2434 18.5 20.5
20. FM Pfretzschner,Roland 2232 6 3.0 2417 16.5 17.5
21. Zieher,Hartmut 2300 6 3.0 2415 18.5 20.5
22. WGM Schleining,Zoya 2377 6 3.0 2404 16.0 17.5
23. FM Müller,Reinhold 2249 6 3.0 2357 15.5 16.5
24. FM Krassowizkij,Jaroslaw 2381 6 3.0 2344 16.5 18.0
25. Colpe,Malte 2338 6 3.0 2338 16.0 17.0
26. IM Jugelt,Tobias 2429 6 3.0 2325 14.5 16.0
27. Schlenker,Jörg 2217 6 3.0 2298 13.5 14.5
28. FM Litwak,Aleksej 2230 6 2.5 2380 16.0 17.5
29. IM Bastian,Herbert 2339 6 2.5 2353 14.5 16.5
30. FM Braun,Vitali 2403 6 2.5 2342 16.0 18.0
31. Frischmann,Rick 2230 6 2.5 2294 13.5 14.5
32. FM Vatter,Hans-Joachim 2288 6 2.0 2382 16.5 18.0
33. Paul,Johannes 2227 6 2.0 2367 14.5 16.5
34. CM Schellmann,Frank 2098 6 2.0 2347 15.0 16.5
35. Seyfried,Claus 2185 6 2.0 2317 14.5 16.0
36. FM Marcziter,Dmitrii,Dr. 2265 6 2.0 2311 12.5 14.0
37. Tabatt,Hendrik 2303 6 2.0 2275 12.5 13.5
38. Commercon,Simon 2187 6 1.5 2294 12.5 14.0
39. WFM Jussupow,Nadia 2156 6 1.5 2253 12.0 13.0
40. Lochte,Thomas 2141 6 1.5 2247 12.0 13.5
41. Schreiber,Kevin 1920 6 1.0 2276 15.0 16.0
42. Bär,Sören,Prof. Dr. 2139 6 1.0 2257 13.5 14.5

 

Partien der Runden 1 bis 6

 

 

Von Frank Zeller (Pressebericht)

Fotos: Axel Fritz

 

Turnierseite

 

 


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