DENK MAL AM ORT: Erinnerung an die Hamburger Schachspielerinnen Käthe und Wally Henschel

von Johannes Fischer
11.04.2023 – Die Veranstaltungsreihe "DENK MAL AM ORT" erinnert im Mai in Hamburg, Berlin, München und Frankfurt an Menschen, die während der NS-Zeit verfolgt wurden. An den Orten, wo sie gelebt haben: im Haus, im Garten, in der Universität, in der Schule, im Hof oder im Verein. Am Samstag, den 7. Mai, um 14 Uhr, erinnert die Historikerin Frauke Steinhäuser im Klubheim des Hamburger Schachklubs in der Schellingstraße 41 in 22089 Hamburg-Eilbek an die Zwillingsschwestern Käthe und Wally Henschel, die zu den stärksten Spielerinnen der damaligen Zeit gehörten. | Fotoquelle: Sarah's Chess Journal

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Käthe und Wally Henschel waren Zwillinge und wurden am 9. September 1893 in Hamburg geboren. Beide Schwestern waren erfolgreiche und starke Schachspielerinnen und spielten in Hamburg für den Hamburger Schachklub. 1931 belegten sie bei den Groß-Hamburger Schachmeisterschaften die Plätze eins und zwei, vor der männlichen Konkurrenz.

Bei der 2. Schachweltmeisterschaft der Frauen 1930, die in Hamburg stattfand und bei der fünf Spielerinnen doppelrundig gegeneinander antraten, landete Wally Henschel, die Sängerin und Musikerin von Beruf war, mit 4,5 aus 8 auf dem dritten Platz, hinter Vera Menchik und Paula-Kalmar Wolff. Vera Menchik gewann das Turnier klar mit 6,5 aus 8, verlor allerdings eine Partie gegen Wally Henschel - und damit ist Wally Henschel neben Sonja Graf die einzige Spielerin, die bei einer Frauen-Weltmeisterschaft je gegen Vera Menchik gewinnen konnte.

Doch 1933 wurden Wally und Käthe Henschel nach der Matchergreifung der Nationalsozialisten aus dem Hamburger Schachklub ausgeschlossen, da sie Jüdinnen waren. Am 25. März 1939, sechs Tage vor Sperrung ihrer Pässe, flohen die beiden Schwestern aus Deutschland und gelangten über die Niederlande, England, Westindien, Mittelamerika und Haiti nach New York.

In den USA hielten sie sich mühsam über Wasser, aber spielten auch weiter Schach. Bei der US-Frauenmeisterschaft 1944 landete Käthe Henschel hinter Gisela Gresser und Mona May Karff auf dem dritten Platz, ihre Schwester Wally wurde Vierte.

1986 zogen die beiden Schwestern nach Miami, wo Wally Henschel am 13. Dezember 1988 im Alter von 95 Jahren starb. Käthe Henschel überlebte ihre Schwester um zweieinhalb Jahre.

Wikipedia-Eintrag Wally Henschel

Denkmal am Ort, Programm (pdf)


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".