Der neue WM-Zyklus
Nach der FIDE-Präsidiumswahl 2006 ist der wieder gewählte Präsident
Kirsan Ilyumzhinov auf seinen Herausforderer Bessel Kok zugegangen, um
einige seiner Ideen zur besseren Vermarktung des Schachsport zu realisieren.
Die neu gegründete Firma Global Chess BV mit Sitz in Amsterdam, mit einem
Etat von 4,5 Mio. Dollar Startkapital ausgestattet erhielt, von der FIDE den
Auftrag, sich um eine professionelle Vermarktung des Profischachs zu kümmern
und auch den WM-Zyklus, beginnend mit dem Jahr 2008 zu organisieren.
Nach dem - gescheiterten - Experiment, die Weltmeisterschaften analog zu
Tennisturnieren im K.o.-Modus durchzuführen, ist die FIDE zunächst zur
Turnierform übergegangen. Vladimir Kramnik hat sich dann für die klassische
Form der Schachweltmeisterschaft - den Wettkampf - eingesetzt und die FIDE
hat zusammen mit Global Chess die Rückkehr zu diesem Format favorisiert.
In den Jahren vor der Spaltung der Weltmeisterschaften wurde die WM in einem
Dreijahres-Rhythmus mit Interzonen-Turnieren, Kandidatenwettkämpfen und
WM-Match ausgetragen. Auch zur letzten Turnier-WM konnten Spieler, sofern
nicht vorberechtigt, sich über Kandidatenwettkämpfe qualifizieren. Obwohl
spannend und mit hoher Aufmerksamkeit beim Fachpublikum versehen, war
man bei der FIDE mit dieser Form der Qualifikation offenbar nicht zufrieden.
Tatsächlich war es dem Weltschachverband auch nicht gelungen, die
Ausscheidungskämpfe irgendwo anders als in Elista und zu Lasten der FIDE,
sprich dessen Präsidenten und Geldgeber Ilyumzhinov, unterzubringen. Man
habe, so hieß es, die Verbände der Teilnehmer angesprochen, doch keinen
Erfolg gehabt. Angeblich war man in Norwegen bereit, die Wettkämpfe von
Magnus Carlsen zu finanzieren, jedoch nicht, alle Kandidatenwettkämpfe als
Gastgeber unterzubringen.
Im neuen Zyklus trifft der Sieger des K.O.-Turniers "World Cup" auf den
Sieger einer neu installierten Turnierserie "Grand Prix". Grand Prix-Sieger
ist der Spieler, der aus vier von insgesamt sechs Turnieren in zwei Jahren
die meisten Punkte erzielt hat. Die FIDE hatte eine Liste mit
vorberechtigten Spielern veröffentlicht und nun die endgültige
Teilnehmerliste ins Netz gestellt. Da einige große Namen fehlen, stellt sich
die Frage, ob Global Chess bzw. die FIDE den Ansprüchen der Spieler mit dem
neuen System gerecht wird.
Tatsächlich ist der Profischachkalender mit Top-Turnieren gut gefüllt. Zur
Installation weitere Turniere dieser Art, die zudem in zeitlicher Konkurrenz
zu anderen großen Veranstaltungen stehen, bestand keine zwingende
Notwendigkeit. Ein Spitzenspieler, der vielleicht schon langfristige
Verpflichtungen eingegangen ist, muss nun zwei weitere Spitzenturniere in
seinen persönlichen Kalender aufnehmen. Doch auch Spieler der absoluten
Weltspitze können nicht unbegrenzt viele Turniere im Jahr auf höchstem
Niveau spielen. Dies können Erklärungen dafür sein, warum einige Namen auf
der Teilnehmerliste des FIDE Grand Prix fehlen. So haben die vier Besten der
aktuellen Weltrangliste nicht zugesagt. Außer Anand, Kramnik, Topalov und
Morozevich fehl auch die Nummer Sieben der Eloliste Alexej Shirov.
In einem Interview mit Sport Express (englische
Übersetzung) hat Alexander Morozevich seine Beweggründe erläutert. Einer
seiner Gründe ist die zeitlich Länge des Zyklus. Die 2008 begonnene
Qualifikation kommt erst 2011 in einem möglichen WM-Kampf zum Tragen. Das
sei zu spät, meint Morozevich, der Weg dorthin über vier Turniere und einen
Kandidatenwettkampf zu lang. Drei der in den laufenden "Zyklus" involvierten
Spieler - Anand, Kramnik und Topalov, haben ebenfalls abgesagt. Alle drei
werden sich vielleicht gefragt haben, warum sie sich qualifizieren sollen,
wenn sie vielleicht selber 2011 Weltmeister sind.
In Bezug auf die Turnierorte gab es eine kleine Änderung. Gegenüber der
ersten Version des Planes ist jetzt Sochi als Austragungsort für Krasnojarsk
angegeben, so dass nun die Reihe Baku, Sochi, Doha, Montreux, Elista und
Karlowy Vary den Grand Prix definiert. Mit Montreux wurde dabei ein ganz
neuer Gastgeber für das Schach gewonnen. "Der Turnierort "Elista" wirkt
hingegen immer wie "Wir haben sonst nichts gefunden".
Die
Teilnehmer des FIDE-Grand Prix...
André Schulz