Der Firouzja-Express

von André Schulz
23.11.2021 – Ab Freitag stehen Magnus Carlsen und Ian Nepomniachtchi im Mittelpunkt des Interesses. Im Moment ist es aber noch Alireza Firouzja. Der 18-jährige Großmeister überquerte als jüngster Spieler aller Zeiten die 2800-Elomarke und katapultierte sich auf den 2. Platz der Weltrangliste. Beim Grand Swiss in Riga und bei der Europamannschaftsmeisterschaft reihte er Sieg an Sieg. Eine Erfolgsgeschichte. | Foto: Slowenischer Schachverband

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Vor Alireza Firouzja hat es nur ganz wenige Spieler gegeben, die derart raketenartig in die Weltspitze vorgestoßen sind. Im Oktober 2019, vor gut zwei Jahren überquerte der damals 16-Jährige die 2700-Elomarke. Im Januar 2020 übernahm er den ersten Platz in der Juniorenweltrangliste von Wei Yi, der dort altersmäßig nicht mehr geführt wurden. Firouzja gab im Januar 2020 sein Debüt beim Tata Steel Turnier in Wijk aan Zee, schnitt dort nicht besonders gut ab, und spielte beim Prag Masters mit, wo er sich schon den ersten Platz mit Vidit teilte.

Die weltweite Corona-Pandemie beendete dann das Turniergeschehen erst einmal weitgehend. Aber Firouzja bleib nicht untätig. Er zog mit seiner Familie nach Frankreich um und nahm die französische Staatsbürgerschaft an. Alle Sportler des Irans haben das grundsätzliche Problem, dass sie aus politischen Gründen nicht gegen israelische Sportler antreten dürfen, eine Einschränkung, die sie jederzeit entscheidend in ihrem sportlichen Fortkommen behindern kann. Alireza Firouzja machte die bittere Erfahrung beim Grenke Open 2019, als er gegen den Israeli Or Bronstein nicht antrat und kampflos verlor, dafür außerhalb des Irans heftig kritisiert wurde, und dann in der nächsten Runde gegen Antonia Ziegenfuß eine Figur einstellte und auch diese Partie verlor.

Aber auch im Schach stellte Firouzja die Weichen in die richtige Richtung. Turniere am Brett fanden zwar erst einmal keine mehr statt, aber man findet seinen Namen bei unzähligen Online-Events. Mit Magnus Carlsen lieferte er sich zudem lange Blitz- und Bullettmatches auf verschiedenen Plattformen.

Im Januar 2021 führt Wijk aan Zee sein Tata Steel Turnier durch und Firouzja landete mit einem halben Punkt hinter van Foreest und Giri auf den geteilten dritten Platz.

Beim Norway Chess im September teilte Firouzja den ersten Platz mit Magnus Carlsen, verlor aber den Stichkampf. Ian Nepomniachtchi ließ Firouzja mit zwei Punkten Abstand hinter sich. Beim FIDE-World-Cup flog der in Runde zwei gesetzte Firouzja allerdings enttäuschenderweise schon beim ersten Match gegen Sindarov im Stichkampf raus.

Vielleicht war das der Grund, warum Firouzja das Grand Swiss Open in Riga ganz besonders motiviert bestritt. Die ersten zwei Plätze waren als Qualifikationsplätze für das Kandidatenturnier aisgeschrieben und Firouzja ließ keinen Zweifel daran, dass er einen der beiden Plätze für sich beanspruchte. Er gewann das Turnier mit einem halben Punkt Vorsprung vor Vizeweltmeister Fabiano Caruana, der ihn aber besiegen konnte. 
 

Kurz danach wurde in Slowenien die Europamannschaftsmeisterschaft ausgetragen. Hier führte ein überragender Alireza Firouzja die Französische Mannschaft an Brett eins zur Silbermedaille, punktgleich mit dem Siegerteam aus der Ukraine.

Der Siegeslauf in diesen beiden Turnieren brachte Alireza Firouzja einen Zuwachs von 33 Elo-Punkten. Seine neue Elozahl ist 2803. Firouzja knackt damit als jüngster Spieler der Schachgeschichte die 2800-Marke. Bisher hielt Magnus Carlsen den Rekord. Er war aber ein paar Monate älter. Mit diesem Elozuwachs sprang Firouzja von Platz neun in der Weltrangliste auf Platz zwei. Ding Liren spielt in China derzeit noch ein Match und kann seinen Platz vielleicht zurückerobern.

In den beiden Turnieren, Grand Swiss und Europamannschaftsmeisterschaft, spielte Alireza Firouzja 20 Partien gegen Gegner mit einem Schnitt von 2673. Er gewann 13 Partien, spielte sechsmal remis und verlor nur eine Partie. Eine fantastische Serie.

Firouzjas Partien sind alle auf Sieg angelegt. Die meisten seiner Partien sind taktisch kompliziert und verwickelt. Viele Partien wurden erst im Endspiel entschieden, das Firouzja genauso dyanamisch spielt, wie das Mittelspiel.

Mit Weiß hat Firouzja durchweg 1.e4 eröffnet. Gegen 1...e5 und 1...c6 holte er 100%. Gegen Sizilianisch "nur" 75%.

Mit Schwarz ist die Caro-Kann Verteidigung Firouzjas Hauptwaffe gegen 1.e4. Er spielte auch 1...e5 und 1..c5, war aber mit Caro-Kann am erfolgreichsten. Gegen 1.d4 verteidigt sich Firouzja passenderweise mit dem Slawischen Damengambit.

Hier sind die Partien dieser Serie:

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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