Der Mann, der Chinas Schach gross gemacht hat: Dato‘ Tan (18. März 1926 – 21. Oktober 2018)

von Johannes Fischer
24.10.2018 – In europäischen Schachkreisen ist Dato‘ Tan weniger gut bekannt, aber bei der Förderung des Schachs in Asien hat der Unternehmer, Geschäftsmann, Schachenthusiast und leidenschaftliche Liebhaber von Pferderennen eine wichtige Rolle gespielt. Er starb am 21. Oktober 2018 im Alter von 92 Jahren. Ein Nachruf. | Foto: Khong Wai Cheong

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Eine Kindheit in Armut

Dato‘ Tan Chin Nam wurde am 18. März 1926 in Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysiens, geboren. Dato‘ Tan galt als einer der reichsten Männer Malaysias, aber der spätere Millionär wuchs in der Zeit der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs in bescheidenen Verhältnissen auf: er hatte elf Geschwister und musste trotz hervorragender Leistungen die Schule frühzeitig beenden, weil seine Eltern das Schulgeld nicht zahlen konnten.

Seiner Karriere als Geschäftsmann hat das nicht geschadet. Als Bauunternehmer betreute er große und wichtige Projekte in Malaysia, Singapur und Australien und brachte es so zum mehrfachen Millionär. Zudem war er Besitzer einer ganzen Reihe von Unternehmen und Firmen.

Pferderennen und Schach

Einen Teil seines Vermögens investierte er in seine großen Leidenschaften Pferderennen und Schach. Dato‘ Tan war Besitzer oder Mitbesitzer einer Reihe der erfolgreichsten australischen Rennpferde und er taufte seine Pferde auf Namen wie Capablanca, Seirawan, Kamsky, Zhu Chen oder Catalan Opening. Insgesamt hatte Dato‘ Tan großen Einfluss auf die Entwicklung des Schachs in Asien und besonders in China.

"The Big Dragon Project": Förderung des Schachs in China

Im Dezember 1974, während der 1. Asiatischen Mannschaftsmeisterschaften in Penang, beschloss Dato‘ Tan zusammen mit Florencio Campomanes und Yasuji Matsumoto eine engagierte Förderung des Schachs in Asien. Dato‘ Tan glaubte auch, dass Schach in China eine große Zukunft hatte und formulierte zusammen mit chinesischen Funktionären das Ziel, China bis zum Jahre 2010 zur Nummer eins im Weltschach zu machen. Dieses ehrgeizige Vorhaben tauften sie auf den Namen „Big Dragon Project“ und in den folgenden Jahren investierte Dato‘ Tan viel Geld und Energie, um dem „Drachen“ Leben einzuhauchen und stark zu machen.

Während der chinesischen Kulturrevolution war Schach in China acht Jahre lang verboten gewesen, aber nach dem Tod Mao Zedongs 1976 begann der allmähliche schachliche Aufstieg Chinas. Dato‘ Tan setzte sich unter anderem dafür ein, dass China Mitglied der FIDE wurde und er unterstützte Wettkämpfe Chinas gegen die USA. Diese Anstrengungen hatten Erfolg: 1978 nahm China erstmals an einer Olympiade teil, 1991 wurde Xie Jun die erste chinesische Frauenweltmeisterin und 2014 gewann China das erste Mal im Open bei der Olympiade in Tromso Gold.

1982 wurde Dato‘ Tan der erste asiatische Vizepräsident der FIDE. Zudem war er lange Jahre Präsident des Schachverbands von Malaysia und 2004 rief er das Dato‘ Arthur Tan Malaysia Open ins Leben, das bis heute jedes Jahr stattfindet.

Dato‘ Tan starb am 21. Oktober 2018, kurz nachdem China bei der Olympiade in Batumi im Open und bei den Frauen Gold gewonnen hatte.


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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