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Das Londoner Turnier von 1851 gilt allgemein als die Geburtsstunde des modernen Turnierschachs. Aber auch sonst war London etwa zwischen den 1830er Jahren bis in die 1930er Jahre hinein eine Art Weltschachhauptstadt. London hatte Paris in dieser Rolle abgelöst und das Restaurant "Simpson's in the Strand Grand Diwan" war nun in der Folge des Pariser Café de la Régence der Treffpunkt der weltbesten Schachspieler.
Das aktuelle Karl-Heft bietet in einer Reihe von Aufsätzen über das Schachgeschehen im London jener Zeit einen Einblick in das Leben und Wirken einiger bekannter und einiger weniger bekannter Schachspieler.
Der Hamburger Schachhistoriker Michael Dombrowsky stellt in seinem Beitrag eben diese Lokalität mit dem merkwürdigen Namen vor - Simpson's in the Strand. The Strand ist der Name einer Straße, die damals noch am Rande der Themse-Auen lag, bevor die Themse begradigt, eingedeicht und zurückgedrängt wurde. 1828 hatte Samuel Reiss dort den "Grand Cigar Divan" gegründet. Der Name war Programm, aber Schach wurde auch schon gespielt. 1848 nahm Reiss John Simson als Mitgesellschafter auf und man nannte das Restaurant nun "Simpson's Grand Divan Tavern". Nach einer gründlichen Sanierung wurde die Lokalität unter dem heutigen Namen 1904 wiedereröffnet, als: "Simpson's-in-the-Strand, Grand Divan Tavern". Viele Wettkämpfe fanden hier statt, eines der legendärsten Matches war der Wettkampf zwischen La Bourdonnais und Mcdonnell, 1834. 1849 wurde im Simpon's in the Strand auch schon ein Schach-Turnier anlässlich der Erweiterung des Lokals organisiert.
Das Simpson's wurde über einige Jahrzehnte zum Mittelpunkt des Londoner Schachlebens. Michael Dombrowsky lässt einige bekannte Personen Revue passieren und stellt berühmte Partien vor. Den glanzvollen Zeiten folgte der unvermeidliche Niedergang. 1865 wurde der Diwan in ein reines Restaurant umgewandelt und die Schachspieler in einen Nebenraum unter dem Dach verfrachtet. 1900 wurde das Haus wegen der Verbreiterung der Straße abgerissen und versetzt wieder aufgebaut und neu eröffnet. Schachspieler waren nun unerwünscht.
Das Simpson's existiert heute noch und wurde in der jüngeren Vergangenheit auch noch in Erinnerung an alte glanzvolle Zeiten als repräsentativer Schauplatz für Festivitäten verbunden mit Schach genutzt, manchmal auch für kleine Schachturniere.
Zu den regelmäßigen Gästen des Grand Divan in den 1840er gehörte Elijah Williams, der aus Bristol kam und Chirurg war, bevor er zum Profischachspieler wurde. Williams hatte eine sehr ordentliche Spielstärke, wie zum Beispiel ein Wettkampfsieg gegen Staunton beweist. Williams hatte aber die unangenehme Eigenschaft, sehr, sehr langsam zu spielen und sich viel Zeit für seine Züge zu nehmen. Schachuhren gab es noch nicht. Vielleicht ist das der Grund, warum sich niemand an ihn erinnern mochte und er in Vergessenheit geriet. Mario Ziegler widmet dem vergessenen Meister einen Aufsatz.
Der überaus schachkundige Michael Ehn liefert in seinem Beitrag biografische Notizen zu einigen weniger bekannten Meistern, die in der Schachgeschichte Londons eine Rolle spielten. Dazu gehören Jacques Mieses, der nach seiner Vertreibung aus Deutschland in London eine neue Heimat fand. Eine andere Figur ist Valentine Cecil de Vere (1846-1875). Er starb wie so viele an den Folgen der Tuberkulose. Eigentlich hieß er Valentine John Cecil de Vere Matthews und war wohl der uneheliche Sohn des adeligen Marineoffiziers William Cecil de Vere und einer Dienstmagd, Catherine Matthews, wie Michael Ehn herausgefunden hat. Zum Zeitpunkt der Geburt war der junge Adelige erst 22 Jahre alt und die Mutter keinesfalls älter als 19, vielleicht auch erst 16. Mit 14 Jahren taucht Valentine Cecil de Vere 1860 in der Londoner Schachszene auf. 1865 schlug er schon Steinitz in einem Wettkampf, der ihm allerdings etwas selbstherrlich einen Bauern vorgab. 1867 wurde bei Cecil de Vere Tuberkulose diagnostiziert. Er gab sich dem Alkohol hin, verfiel und starb 1875. In einer dritten Kurzbiografie stellt Michael Ehn Charles H. Stanley vor.
Michel Dombrowsky ist auch der Autor eines Aufsatzes über Mary Rudge und das erste Frauenschachturnier 1897. Offizielle Frauenweltmeisterschaften im Schach gibt es erst seit 1927 mit Vera Menchik als erster Weltmeisterin. Mary Rudge war eine frühe Vorläuferin. Als das besagte Turnier stattfand, war Mary Rudge allerdings schon 55 Jahre alt. Das Turnier war ein bedeutendes internationales Ereignis, das weithin Aufmerksamkeit erzielte. Aus 32 Anmeldungen wurden 20 Spielerinnen ausgewählt. Der erste Preis waren 60 Pfund, das entspricht heute einer Kaufkraft von 5000 Euro. Mary Rudge gewann das Turnier mit 18,5 aus 19.
In weiteren lesenswerten Artikeln werden die Turniere London 1922 (Harry Schaack) und London 1932 (Mihail Marin) gewürdigt. Stefan Löffler beschäftigt sich mit der Kontroverse um Daniel Kings Monografie zu Sultan Khan. Nachdem das Buch erschienen war, meldete sich eine Enkelin des geheimnisvollen Schachgenies zu Wort, Atiyab Khan, und stellte einige in Europa verbreitete Mythen und Unwahrheiten über ihren Großvater richtig.
Richard Forster, Mitherausgeber der großen Laskerbiografie, die zur Zeit in englischer Sprache in einer erweiteten Neuausgabe erscheint, stellt Laskers schwierige Zeit im Londoner Exil vor. Nach der Machtergreifung der NSDAP in Deutschland hatte Lasker umgehend seine Heimat verlassen. Der frühere Weltmeister hatte Geldsorgen und versuchte sich als Bridgespieler, doch ohne großen Erfolg. Richard Forster stützt sich in seinem Beitrag auf bisher unveröffentlichte Briefe von Lasker und seiner Frau Martha.
Master Class Band 5: Emanuel Lasker
Auf dieser DVD zeigen unsere Autoren alle Facetten des Spiels von Emanuel Lasker, der von 1884 bis 1921 Weltmeister war, länger als jeder andere vor oder nach ihm: Eröffnungen, Strategie, Taktik und Endspiele!
Darüber hinaus gibt es einige weitere Artikel, mit denen auch dieses Karl-Heft wieder einmal zu einigen unterhaltsamen Lesestunden rund um das schönste Spiel der Welt einlädt.
Karl- das kulturelle Schachmagazin