ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Zeitschrift Schach (aus Heft 9/2020).
... wurde am 2. August 1945 im indischen Bombay als Sohn eines bayerischen Vaters und einer portugiesisch-indischen Mutter geboren. Als Teenager zog er in die Heimat seines Vaters, studierte Philosophie und Linguistik in Hamburg und Oxford und landete schließlich als Wissenschaftsjournalist beim deutschen Fernsehen.
Sein Vorschlag, einen Dokumentarfilm darüber zu machen, wie Computer Schach spielen, wurde ein großer Erfolg. Bei den Produktionen lernte er den 22-jährigen Garri Kasparow kennen, der ihn ermutigte, eine Schachdatenbank zu produzieren. Friedel traf den jungen Physikstudenten Matthias Wüllenweber und beide gründeten 1986 die Firma ChessBase.
Friedel, der just seinen 75. Geburtstag feierte, als er den Fragebogen beantwortete, ist verheiratet und hat zwei Söhne, Martin und Tommy, die als Programmierer arbeiten. Neben seiner Arbeit für ChessBase bloggt Friedel an seinen Chronicles:
1. Wo möchten Sie im Moment gerne sein?
In Australien, Südafrika oder der Antarktis — irgendein Kontinent, auf dem ich noch nicht gewesen bin. In diesem Jahr wollte ich Freunde in Neuseeland besuchen, aber die Covid-Pandemie sagte »nein«.
2. Was würden Sie tun, wenn es ab morgen absolut kein Schach mehr in Ihrem Leben geben würde?
Über Wissenschaft, Physik, Astronomie, Ökologie, Medizin, Philosophie, Logik und Skepsis schreiben — so wie ich es auf meinem biografischen Blog, den »Friedel-Chroniken«, bereits tue.
3. Wer ist Ihrer Meinung nach die a) am meisten über- und die b) am meisten unterbewertete Persönlichkeit der Schachgeschichte?
a) Mit den historischen Persönlichkeiten der Schachgeschichte bin ich nur ungenügend vertraut, aber ich selbst werde oft überschätzt. Man geht davon aus, dass ich ein starker Spieler sein muss, dabei weiß ich gerade mal, wie sich das Pferd bewegt.
b) Unterschätzt wird nach wie vor das Potenzial von einem Dutzend indischer Jungs. Sie sind im zwölften oder dreizehnten Lebensjahr Großmeister geworden und ich glaube, dass in einigen Jahren mindestens drei von ihnen zu den zehn besten der Welt gehören werden.
4. Nennen Sie eine schachliche Begebenheit — selbst erlebt, gelesen oder gehört, gestern oder vor hundert Jahren, eine Partie, ein bestimmtes Verhalten, ein Kommentar etc. —, die einen besonders nachhaltigen Eindruck bei Ihnen hinterlassen hat.
In den 80er und 90er Jahren half ich Garri Kasparow, sich auf Uhrensimultan-Matches gegen Bundesliga- und ganze Nationalmannschaften vorzubereiten. Er hat alle Wettkämpfe gewonnen. Unglaublich!
Anm. d. Red.: 1985 verlor Kasparow ein Uhren-Simultan gegen den Hamburger SK, u. a. mit Murray Chandler und Matthias Wahls in seinen Reihen, mit 3,5-4,5, rächte sich aber zwei Jahre später mit 7-1.
5. Welche Themen möchten Sie in der Schachöffentlichkeit/Schachpresse stärker behandelt wissen?
Wie man in Pandemie-Zeiten, und darüber hinaus, ganze Bereiche des Schachbetriebs spielergerecht ins Internet verlegen kann. Und wie man das Schummeln im Schach generell vermeiden oder zumindest stark reduzieren kann.
6. Was möchten Sie in Ihrem Leben unbedingt noch erlernen bzw. bedauern, es nie erlernt zu haben?
So viele Dinge! Ich bedauere zum Beispiel, nie Italienisch gelernt zu haben, dass ich nicht Mathematik oder Physik studiert und meine Segelflug-Lizenz nicht zu Ende gebracht habe. Klavierspielen auf einem respektablen Niveau wäre auch eine große Freude gewesen.
7. Was ist Ihnen peinlich?
Dass ich viele Zusammenhänge nur knapp verstehe. Weitere 20 IQ-Punkte wären unglaublich nützlich.
8. Welche Art von Humor mögen Sie? Nennen Sie ein Beispiel (einen Komiker oder Autor, einen Film, eine Situation oder einen Aphorismus etc.).
Angelsächsischen Humor, mit dem ich aufgewachsen bin. Ironie, Satire, kluge Witze: Jack Benny, Bob Newhart, Lily Tomlin, George Carlin, Jerry Seinfeld. Zu viele, um sie alle aufzuzählen.
9. Was gefällt Ihnen an sich und was missfällt Ihnen an sich?
Mir gefällt, dass ich gut mit Kindern und Jugendlichen umgehen kann und dass ich vielseitig interessiert bin. Weniger gut ist, dass ich etwas schwerfällig bin: ich verstehe die Dinge nicht so schnell und gründlich wie einige Leute, die ich kenne.
10. Welchen Missstand würden Sie in Ihrem Land beseitigen, wenn es in Ihrer Macht stünde?
Die Verteilung von Reichtum und Macht, hier und weltweit. Die untere Hälfte der Weltbevölkerung besitzt weniger als 1 Prozent des globalen Reichtums. Es gibt acht Männer, die das Äquivalent von 3,6 Milliarden Menschen besitzen.
11. Wer sind Ihre Helden in der Gegenwart?
Alle, die sich dafür einsetzen, die Welt zu einem besseren Ort für die Menschheit zu machen. Selbst, wenn sie wissen, dass die Aussichten auf Erfolg äußerst gering sind.
»Meine beiden Enkelsöhne Enders, 8, und Hennes, 7 (v.l.) sind zum Mittelpunkt meines Lebens geworden.«
12. Welche Frage würden Sie gerne gestellt bekommen und wie lautet die Antwort darauf?
Könnten Sie mir helfen, mein Vermögen — Milliarden von Dollar — unter bedürftigen und verdienten Menschen oder Institutionen zu verteilen? Ja!
13. Welche drei Bücher können Sie empfehlen?
Je eines von Richard Dawkins, Christopher Hitchens und Sam Harris. Und 97 weitere, wenn ich dürfte.
14. Welches ist die interessanteste Schachpartie, die Sie je gespielt haben?
Ich habe nie 2000 Elo erreicht. Ein Jahr lang spielte ich in einem lokalen Hamburger Verein und gewann zwei schöne Partien, die ich jedoch nicht mehr rekonstruieren kann. In früher Jugend nutzte ich eine einzige Eröffnungsfalle gepaart mit geschicktem Mienenspiel (»Habe ich etwa einen Fehler gemacht?«), um ein Dutzend Partien damit zu gewinnen.
15. Welche Spieler würden Sie zu einem Turnier einladen und nach welchem Modus würde dieses ausgerichtet werden, wenn ein Sponsor Sie mit der Ausrichtung eines Turniers beauftragen würde?
Ich würde ein Internet-Turnier »offen für alle« veranstalten, an dem viele meiner großmeisterlichen Freunde teilnehmen würden. So, wie es ChessBase India mit Live-Kommentaren auf Playchess macht.
Ich möchte auch ein Fischer-Random-Turnier mit leicht modifizierten Regeln ausprobieren: keine Rochade, nur eine, drei oder fünf Startpositionen, die einen Tag vor Beginn bekanntgegeben werden. Mit einem Minimum an Vorbereitung also.
16. Auf welche eigene Leistung sind Sie besonders stolz und warum?
Die Mitgründung von ChessBase, die Einleitung der Demokratisierung des Schachwissens. Und dass ich über 20 Jahre lang die englische Nachrichtenseite der Firma geführt habe. Damit haben wir zu einer größeren Breitenwirkung des Schachs beigetragen.
17. Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen und warum?
Mit Reinhold Messner, als er den Everest ohne Sauerstoff bestieg? Charles Darwin, als er die Galapagosinseln besuchte? Carl Friedrich Gauß, als er durch mathematische Berechnung den verlorenen Himmelskörper von Giuseppe Piazzi wiederfand? Ich könnte beliebig viele weitere Ein-Tag-Tausch-wünsche nennen.
18. Wann haben Sie zum letzten Mal etwas zum ersten Mal getan und was?
Seit Abschluss meines Studiums denke ich über künstliche Intelligenz nach. Vor eineinhalb Jahren habe ich nun begonnen, an neuronalen Netzen für Schach (Fat Fritz) zu arbeiten. Zum ersten Mal erlebe ich hautnah mit, wie maschinelles Lernen funktioniert. Es ist aufregend und beängstigend zugleich!
19. Welche Entwicklung hat das Schach Ihrer Meinung nach unter dem Einfluss der Pandemie durchlaufen (positiv/negativ)?
Im Gegensatz zu Fußball, Basketball, Baseball, Cricket, Tennis, Badminton, Eishockey usw. muss Schach nicht aufgrund der Pandemie abgeschaltet werden. Man kann Schach online mit fast dem gleichen Vergnügen spielen wie physisch am Brett. Bei großen Turnieren verfolgt die überwiegende Zahl der Zuschauer das Geschehen ohnehin aus der Ferne. Es muss allerdings dafür gesorgt werden, dass auch die Profispieler der zweiten Garde über ein ausreichendes Einkommen verfügen und dass Amateure weiterhin Gelegenheit finden, an dem Spiel, das sie lieben, aktiv teilzunehmen.
20. Aktuelle Frage:
a) Stellen Sie uns bitte ChessBase kurz vor: Geschichte, Entwicklung, Unternehmensstruktur etc.
ChessBase wurde 1986 von Matthias Wüllenweber und mir gegründet. Es eröffnete neue Trainingsmöglichkeiten für Amateure und Profis und erklärt u. a., warum so viele junge Spieler heutzutage ein so unglaubliches Niveau erreichen können: sie haben zu einem erschwinglichen Preis mächtige Werkzeuge, um das Spiel zu studieren. Das schließt auch die stärksten Engines ein, mit denen sie Ideen suchen und diese analysieren können.
Im Laufe der Jahre hat ChessBase sein Trainingsprogramm um unzählige interaktive Trainingsvideos erweitert und bietet u. a. DVDs von Spitzenspielern wie Kasparow, Kramnik, Anand, Caruana usw. an, aber auch von historischen Persönlichkeiten wie Viktor Kortschnoj.
ChessBase ist seit 1988 eine GmbH mit Sitz in Hamburg und hat heute vier Gesellschafter: Matthias Wüllenweber, Rainer Woisin, mich und einen weiteren. Wir haben eine Mannschaft von 30 festen Mitarbeitern sowie einer großen Anzahl Freiberuflern, darunter GMs, IMs, Schachtrainer und -lehrer, die für das ChessBase Magazin arbeiten und »Fritztrainer«-Videos aufnehmen.
b) Ihre wichtigsten Standbeine sind das ChessBase-Programm, die MegaBase, die verschiedensten Engines neben dem hauseigenen Produkt »Fritz«, die DVD's und »Playchess« — oder fehlt bei dieser Aufzählung etwas?
Immer wichtiger werden die zwölf WebApps, mit denen man mit einem ChessBase-Account im Browser trainieren kann. Man kann ganz unkompliziert Eröffnungen studieren, das eigene Eröffnungsrepertoire aufbauen und pflegen, Taktik trainieren, Videos anschauen, Livepartien und Topturniere verfolgen, und vieles mehr. Alles zusammen kostet pro Jahr weniger als ein Essen in einem guten Restaurant.
c) Die tagesaktuelle Online-Berichterstattung auf vier Sprachen ist dagegen für jedermann als eine Art »ChessBase-Werbung« frei zugänglich — oder wie würden Sie es bezeichnen?
Wir haben 1987 mit dem ChessBase Magazine angefangen, durch Berichte mit vielen Fotos und bald danach mit Videoaufnahmen, Schach lebendiger zu machen. Die Nachrichtenseite, die seit über zwanzig Jahren täglich mehrere Berichte veröffentlicht, ist bestrebt, nicht nur die neuesten Ergebnisse des internationalen Turnierbetriebs zu bringen, sondern zu unterhalten und vor allem die Begeisterung für Schach zu wecken bzw. zu erhöhen. Ganz neu ist der »Live-Ticker«, der ständig theoretische Neuerungen und Taktikaufgaben live aus dem Turniersaal liefert.
d) In SCHACH 6/2020 sagte der deutsche Nachwuchs-Großmeister Dennis Wagner: »... irgendwie ist Playchess aus der Mode gekommen, man findet nicht mehr viele starke Spieler.« Entspricht das auch Ihrer Wahrnehmung?
Ganz und gar nicht! Wir konzentrieren uns auf sorgfältig überwachte Turniere mit echten Spielern. Beim jüngsten Knighthood Online Blitz Open gab es 210 Teilnehmer aus einem Dutzend Ländern. Der am höchsten bewertete GM hatte eine Elo von 2726, der am niedrigsten bewertete Amateur 1015.
Aktuell veranstalten wir auf Playchess gemeinsam mit dem DSB die DSOL, einen Mannschafts-Ligabetrieb mit 2.000 Spielern. Damit haben wir einen großen Wunsch der Schachgemeinde erfüllt: seriöse Mannschaftskämpfe mit längerer Bedenkzeit.
In den vergangenen Wochen fanden die Deutsche Schulmeisterschaft, die Deutsche Internet Meisterschaft usw. bei uns statt. In den virtuellen Vereinsräumen kann jeder seine eigenen Turniere veranstalten. Ganz neu: die Schnittstelle zum SwissManager.
Ganz wichtig: es wird mit Klarnamen gespielt! Unsere Erfahrung: weniger Anonymität — weniger Betrug!
e) Welche Vorhaben hat ChessBase in näherer Zukunft? Gibt es Ziele gestalterischer und/oder ökonomischer Natur, die umgesetzt werden sollen?
ChessBase wäre nicht über 30 Jahre am Markt, wenn wir uns nicht immer wieder neu erfinden würden. Wir versuchen immer, innovative Produkte für den normalen Turnierspieler zu entwickeln, die ihm wirklich nützen und Spaß bringen. Wir haben noch viele Ideen — aber ich darf nichts verraten.