Bericht aus Biel
Von André Schulz
Die Entstehungsgeschichte der Schweiz ist schnell erzählt: Eines
Tages gelangte ein Katalog des Modellbauherstellers Märklin in geschickte
Schweizer Hände
und man beschloss, alles im Großen nachzubauen - nur viel besser natürlich.
Zahlreiche Berge mit einer Gipfelhöhe von über 4000 Meter bilden seitdem das dramatische
Gerippe des Landes. An den Rändern haben sich die Häuser zu Dörfern und Städten
gesammelt und in den Tälern hat man Flüsse verlegt, die sich von Zeit zu Zeit zu
Bergseen ansammeln (gibt's bei Märklin nicht). Wahrscheinlich werden die
Schweizer diese Version bestreiten und das Gegenteil behaupten. Sie wissen
schon: "Wer hat's erfunden...?
In der Realisierung der Verkehrswege, Straßen und Eisenbahn, zeigt der Schweizer
Anpassungsvermögen und Durchsetzungsfähigkeit gleichermaßen. Wo möglich
schmiegen sich die Straßen und Bahnen an den Hängen entlang und huschen zwischen
den Bergen durch. Falls das nicht möglich ist, dann geht's eben mittendurch und
geradeaus. Die Schweizer bauen Tunnel und Viadukte und fuhren unten durch oder
oben drüber. Die zweifelnden Blicke des fremdländischen Flachländers werden mit
einem beruhigenden "Ääss gääht!" beantwortet.
Die Anfrage an einem Schweizer Bahnhofsschalter,
ob man hier mit einer Bergbahn fahren kann, wäre so als würde man in einem
friesischen Teehaus, "Einen Tee, bitte!" bestellen: Es gibt Tausende von
Bergbahnen, die Leute schneller oder langsamer in die Höhe bringen können. Jeder
Berg hat eine und Berge hat es viel in der Schweiz.
Unweit von Biel kommt man an den Thuner See. Hier
entstand 1954 der berühmte "Geist von Spiez". In Spiez hatte die Deutsche
Fußballnationalmannschaft während der Fußball-WM 1954 ihr Quartier und raufte
sich dort mit Hilfe vieler Vitaminspritzen zum Finalsieger zusammen. Seitdem
wird während Welt- und Europameisterschaften der Geist von Spiez beschworen und
kehrt als Geist von Cordoba, München, Koichenbroich und dergleichen wieder. In
zwei Jahren, wenn die Deutsche Mannschaft bei der WM im eigenen Land um den
Einzug in das Viertelfinale kämpft, wird man ihm wieder begegnen. Allerdings
immer nur vor den Spielen und nicht auf dem Rasen.
Spiez liegt an linken Ufer des Thuner Sees (von Süden gesehen)
re.: Die Dorfjungen haben sich um die Dorfschönheit versammelt
Hinter dem See liegt im Berner Oberland das
bekannte Interlaken (von lat: inter lacctis = zwischen den Seen). Von hier aus
hat man an guten Tagen Sicht auf drei Viertausender, Jungfrau, Mönch und Eiger.
Begonnen hat die Tradition der internationalen
Schachturniere 1968. Damals wurde in einem Pavillon im Stadtpark gespielt und
der bis dahin völlig unbekannte Holländer Jan Timman gewonnen.
Hier hat alles angefangen
"Das Kiffen ist hier untersagt"
Ob diese Bank hier zu jener Zeit, oder schon
davor so beschriftet wurde und ob dies etwas mit dem Turnierseiger zu tun hat,
weiß man heute natürlich nicht mehr. Langjähriger Turnierleiter war Hans Suri,
der auch heute noch im Allgemeinen Open mitspielt.
Hans Suri
Am Montag gab es einige tieriesche Zwischenfälle.
Zunächst hatte sich eine Taube im Hallenbad der Kongresshalle verflogen und
musste eingefangen werden. Dann besuchte ein herrenloser Hund das Turnier und
schaute sogar im Turniersaal vorbei. Er wurde schließlich verhaftet und
abgeführt.
Schach gespielt wurde natürlich auch:
Zuschauer beim Blitzfinale
Mittendrin: Alexandra Kosteniuk
Die Schiedsrichter: Beat Rüetsegger und Lucio Barvas
Die Frauen spielen ihr Accentus-Turnier ebenfalls auf der Bühne im großen Saal
Monika Seps
Iweta Radziewicz
Luke McShane
Sein Coach Peter Wells spielt im Open.
Alexandra Kosteniuk spielt ebenfalls das Open mit
Auch Nadeshda Kosintseeva ist dort zu finden
Am Dienstag sorgte Yannick Pelletier für die Sensation und schlug den
Exweltmeister, was in der Schweizer Presse für großes Aufsehen sorgte.
Alexander Morozevich wird auch diesmal gewinnen
Friedrich Dürrenmatt
In Friederich Dürrenmatts Hinterlassenschaft
fand man zahlreiche Entwürfe, Stoffe genannt, darunter auch einen, in dem
das Schachspiel eine Rolle spielt. Zum Schachfestival hätte der Dramatiker
es nicht weit gehabt. Von seinem Wohnort Neuendorf nach Biel ist es nicht
weit. Zeitweise hat er sogar direkt am Bieler See nahe Ligierz gewohnt. Von
dort hätte er mit dem Tretboot zum Schachfestival fahren können. In seinem
Entwurf "Der Schachspieler" spielen Richter und Staatsanwalt als
Spieleinsatz um das Leben von Menschen.
Der Schachspieler...