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Dieser Beitrag erschien auf der Webseite des Hamburger SK.
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung
Von Luis und Robert Engel
Ein letztes Mal DVM, ein letztes Mal Deutscher Meister werden! Für die 2002er Generation galt es nach bereits 6 gewonnenen DVMs (U12, U14, 2x U16, 2x U20) für einen würdigen Abschluss der Jugendkarriere zu sorgen. Traditionell zwischen Weihnachten und Neujahr angesetzt, ging es für unser Team das erste Mal in die Wohlfühloase Münster, wo dieses Jahr die U20 und U20w Endrunden ausgetragen wurden.
Direkt am schönen Aasee gelegen (diesen sahen wir erst nach der Siegerehrung bei Tageslicht) bot die Jugendherberge Münster das perfekte Ambiente für ein letztes Duell um den ersehnten Titel.
Das Spielertypen Standardmodell - Zur Selbstanalyse und Vorbereitung auf Gegner
Spielstile im Schach sind ein wichtiges und entsprechend oft diskutiertes Thema. GM Dr. Karsten Müller und GM Luis Engel greifen ein auf 4 Spielertypen beruhendes Modell von GM Lars Bo Hansen auf – und zwar ‘Aktivspieler’, ‘Pragmatiker’, ‘Theoretiker’ und
Ein Großteil unseres Teams war bereits im Sommer dieses Jahres bei der DVM erfolgreich, als der coronabedingt verschobene Meistertitel von 2021 nachträglich ausgespielt wurde. So ging unser Team, bestehend aus Luis Engel, Tom Woelk, Henning Holinka, Jakob Weihrauch (aka Köbi), Lennart Meyling, Robert Engel und Jugendwart Michael Kotyk als hochmotivierter Titelverteidiger an den Start. Wie schon im Sommer durfte auch Erfolgscoach, Eröffnungshai und gestandener Bundesliga-Veteran IM Dirk Sebastian nicht fehlen.
Die Startrangliste sah uns mit einem DWZ-Schnitt von 2260 vorne, allerdings hatten wir mit der SG Porz einen ebenfalls sehr stark einzuschätzenden Konkurrenten, der uns, angeführt von den Suvorov-Zwillingen, schon oft das Leben schwer gemacht hatte. Hinzu kamen noch unsere langjährigen und berüchtigten Rivalen aus Brackel und der für seine stilechten Sonnenbrillen und Jogger bekannte SK Lehrte als weitere Anwärter auf die vorderen Plätze in Frage.
Nach einer entspannt verlaufenden Anreise und Check-In ging es dann am 27.12. bereits um 8:30 etwas verschlafen in die 1. Runde. Gegner war der Lokalmatador SK Münster, den es auf keinen Fall zu unterschätzen galt – das Teilnehmerfeld war durchgehend stark besetzt und jedes Team war in der Lage, für eine Überraschung zu sorgen. Unser 4-2 Erfolg war nie ernsthaft in Gefahr, in der Höhe allerdings nicht optimal für unsere Zweitwertung. Doch auch Porz (4-2 gegen SV Hemer) und Brackel (3,5-2,5 gegen die Barnimer SF) hatten kleinere Anlaufschwierigkeiten. Siege von den Engels an 1 und 6 sowie vom Topscorer unseres Teams Köbi an 4 machten Hennings Erstrundenstolperer gegen einen stark aufspielenden Gegner vergessen.
Die Partie Robert Engels gegen Niklas John zum Nachspielen (Kommentar Robert Engels).
Viel Zeit zur Erholung oder der ein oder anderen Jogging-Einheit um den Aasee blieb jedoch nicht: Es gab ausschließlich Doppelrunden und so mussten wir nach kurzen Powernaps um 15:30 wieder ran: Die SG Leipzig war mit einem DWZ-Schnitt über 2000 bereits ein anderes Kaliber. Diese Runde sollte jedoch alles wie am Schnürchen laufen: Eine sehr reife Mannschaftsleistung bescherte den auch in der Höhe verdienten 5,5-0,5 Kantersieg, der ein Segen für unsere Olympia-Sonnebornberger-Wertung sein sollte, doch dazu später mehr. Aufgrund der späten Anfangszeit der Nachmittagsrunden blieb auch abends nicht viel Zeit zum Verschnaufen. Stattdessen galt es, sich auf die erste Spitzenpaarung gegen den SK Lehrte vorzubereiten. Dementsprechend ging auf besonderen Wunsch von Jugendwart Michael und gegen vehementen Protest des restlichen Teams unüblich früh das Licht aus. Bereits um 22 Uhr lagen alle Spieler bis an die Zähne mit Eröffnungsideen bewaffnet und schlummernd in ihren Betten [🙂] Die Nachtruhe des einen Zimmers sollte jedoch durch erhebliche Sägegeräusche gestört werden. Es handelte sich allerdings nicht um die Arbeiten auf der benachbarten Baustelle, wie die ersten Vermutungen nahelegten, sondern um eine verschnupfte Nase eines hier nicht namentlich genannten Großmeisters.
Übermüdet und angeschlagen gingen wir damit in den zweiten, entscheidenden Tag: Gegen Lehrte blieb das Match lange umkämpft und spannend. An Brett 5 wurde Robert in der Eröffnung überrascht und konnte die erheblichen praktischen Probleme nicht lösen. Tom, Jakob (Dauergast bei der Aufzählung der siegreichen Spieler) und Michael sorgten mit überzeugenden Siegen für eine komfortable 3-1 Führung. Als schließlich Henning in beidseitiger Zeitnot seine taktischen Fähigkeiten ausspielte und eine bis dato umkämpfte Partie drehen konnte, war der souveräne Sieg in trockenen Tüchern. Da fiel es auch nicht ins Gewicht, dass Luis in verlorener Stellung durch sein einschüchterndes Auftreten einen halben Zähler stibitzen konnte und somit für das 4,5-1,5 Endergebnis sorgte.
Die Partie Michael Kotyk gegen Jannik Kieselbach zum Nachspielen (Kommentar Michael Kotyk).
Kurz sei erwähnt, dass das Essen in der Jugendherberge restlos überzeugte und sicherlich einen maßgeblichen Anteil an der allgemein guten Stimmung unseres Teams beim Turnier hatte. An dieser Stelle müssen wir uns im Namen des HSKs bei allen glutenfreien Spieler*innen entschuldigen: Im Vorfeld musste man seine Glutenunverträglichkeit bei der Küche anmelden, um ein separates Menü zu erhalten. Ein Vorgang, der bei Henning H. jedoch im Eifer des Gefechts in Vergessenheit geriet. Trotz alledem erhielt er stets ein solches Menü, welches, wie sich im Nachhinein herausstellte, an anderer Stelle schmerzlich vermisst wurde. Sorry nochmal!
Frisch gestärkt ging es dann nachmittags in das richtungsweisende Favoritenduell gegen die SG Porz.
Gute Laune vor der entscheidenden Runde gegen Porz. Foto: Robert Engel
Früh sah es sehr gut für uns aus: Köbi und Lennart standen bereits aus der Eröffnung heraus gut und fuhren sichere Siege ein. Trotz Toms Niederlage lagen wir somit vorne. Dann wendete sich jedoch das Blatt: An Brett 6 schien Michael von den diversen kiebitzenden U20w-Spielerinnen abgelenkt worden zu sein und beging in einer bis dahin starken Partie einen folgenschweren Fehler. Zeitgleich kam Luis am Spitzenbrett nicht über ein Remis hinaus – 2,5-2,5. Nur noch der gut gesättigte Henning spielte. Eine aufregende Partie, in der er erst schlechter und schließlich nach großem Kampf auf Gewinn stand, endete letztlich in einem Remis, was ein unterm Strich ärgerliches, aber leistungsgerechtes 3-3 bedeutete. Somit war klar: Wir mussten in der Folge im Fernduell mit Porz jeden möglichen Brettpunkt einfahren, da es wahrscheinlich auf die Zweitwertung ankommen würde.
Die Partie Henning Holinka gegen Jonas Gallasch zum Nachspielen (Kommentar Henning Holinka).
Die Partie Lennart Meyling gegen Borna Mohammadi Nia zum Nachspielen (Kommentar Lennart Meyling).
Die Paarungen der 5. Runde bescherte uns das Überraschungsteam der Barnimer Schachfreunde. Durch Siege von Luis, Lennart und Robert stand der 4,5-1,5 Sieg nie ernsthaft in Frage. Einzig bei unserer bis dahin wie geschmiert laufenden Dampflok Köbi kam Sand ins Getriebe, als er seinen ersten und einzigen halben Punkt abgab. Trotz des Sieges hielt sich die Freude in Grenzen, da Porz im Fernduell einen 5-1 Sieg gegen die starken Leipziger einfuhr und damit in der Zweitwertung aufholte.
Mit Wut im Bauch und reichlich Anspannung ging es somit in die vorentscheidende vorletzte Runde gegen den SC Kreuzberg. Bis dahin trumpfte Kreuzberg groß auf und schielte mit einem Auge Richtung Medaillenränge. Doch der Mannschaftskampf verlief deutlich einseitiger als erwartet. In einem Zeitraum von nur 5 Minuten entschieden Luis, Köbi, Lennart und Michael ihre Partien für sich. Tom vereinbarte Remis mit seinem Gegner und auch Robert konnte schließlich gewinnen. Nach nicht einmal drei Stunden freute sich unsere Zweitwertung über einen 5,5-0,5-Erfolg. Parallel mühte sich Porz gegen den späteren Bronzegewinner Lehrte zu einem wackeligen 3.5-2.5-Sieg. Somit standen Porz und wir vor der letzten Runde bei 11 Mannschaftspunkten. Jedoch lagen wir nun mit 11 SoBo-Punkten in der Zweitwertung vorne. Diese errechnet sich aus den erreichten Brettpunkten multipliziert mit den Mannschaftspunkten der jeweiligen Teams – einerseits eine sehr faire, aber auch sehr wechselhafte und unvorhersehbare Wertung. Selbst Mannschaftskämpfe an den letzten Tischen können große Auswirkungen haben und die Tabelle komplett auf den Kopf stellen.
Zu unserem Glück stand uns mit Dirk nicht nur ein Eröffnungs-, sondern auch ein Informatik-Guru zur Seite. In wenigen Sekunden war eine Excel-Tabelle eingerichtet, die verschiedenste Konstellationen und deren Auswirkungen auf die Zweitwertung abbildete. Es zeigte sich, dass unser Vorsprung relativ komfortabel war und ein 4-2-Sieg in der letzten Runde höchstwahrscheinlich den ersehnten Pott bedeuten würde.
Doch die Auslosung der letzte Runde hatte es in sich. Es ging gegen die SF Brackel, mit denen wir eine lange Historie der Rivalität und Rangeleien pflegen. Es stand also mehr als nur der Deutsche-Meistertitel auf dem Spiel! Hinzu kam neben dem frühen Aufstehen auch noch der Stress des Kofferpackens und Zimmeraufräumens. Hier opferte sich Dirk selbstlos für das Team und trug alle Koffer zusammen mit dem pausierenden Michael aus dem 2. Stock in den Keller, um uns mehr Zeit zur Vorbereitung zu verschaffen. Dieses Angebot hätte er beim Anblick der Größe und des Gewichts der Kaventsmänner lieber sofort zurückgezogen. Immerhin konnte er so sein obligatorisches Gewichtstraining absolvieren, da er bedauerlicherweise sein Langhantelset sowie die Beinpresse zuhause vergessen hatte.
Doch nun zum Schachlichen: Brackel hatte sich wie erwartet etwas ganz Besonderes für uns überlegt, und so kam es bereits vor Anpfiff zum ersten Aufreger: Offenbar hatte die Zeit nicht mehr zum Frühstücken gereicht und unsere Gegner erschienen mit herrlich duftenden Eibrötchen, Unmengen an Kaffee, einer Eistee-Zapfanlage sowie einem maßlos überfüllten Joghurt-Müsli-Wust an den Brettern. Diese Guerillataktik ging jedoch nicht auf. Mögliche Schmatzeinlagen, Koffeinschocks und Geruchsanschläge wurden von der Schiedsrichterin in scharfen Ton verhindert – hätten sie die Zeit mal lieber in die Vorbereitung investiert!
Zum Geschehen auf den Brettern: Früh sah es richtig gut für uns aus, Luis und Lennart standen bereits nach wenigen Zügen mit Schwarz auf Gewinn. An Brett 1 hagelte es für Brackel nach nicht einmal zwei Stunden die erste Niederlage. Auch Jakob (der sich an dieser Stelle ein Sonderlob verdient, und zwar nicht nur wegen seines großmeisterlichen Spiels, sondern auch wegen seiner witzigen und fröhlichen Art!) und Henning standen früh sehr gut. Beide konnten ihren Vorteil letztendlich verwerten. 3-0! Vor allem für Henning sicherlich eine große Genugtuung, da er vor einigen Jahren gegen den gleichen Gegner verlor und sich anschließend Hohn und Spott von ihm gefallen lassen musste. Diesmal hatte er das Geschehen jedoch im Griff!
Durch ein Remis von Robert war der Mannschaftssieg bereits abgesichert, doch noch immer war Zittern angesagt. Porz hatte bereits einen 5,5-0,5 Kantersieg eingefahren und laut Dirks Berechnungen fehlte uns noch ein halber Zähler zum Titel. Der fest eingeplante Punkt bei Lennart kam leider nicht zustande, stattdessen verlor er sogar und es hing alles an Tom. Dieser hatte sich ein Endspiel mit zwei Mehrbauern erkämpft. Nach langem Hin und Her stellte sein Gegner schließlich in Zeitnot einen Läufer und damit gleichzeitig die Partie ein. 4,5-1,5! Der Titel bleibt somit in der Hansestadt! Die Freude kannte nach einem nervenaufreibenden Turnier mit Happy End keine Grenzen!
Die Partie Vitaliy Garbuz gegen Luis Engel zum Nachspielen (Kommentar Luis Engel).
Die Partie Tom-Frederic Woelk gegen Raphael Kracht zum Nachspielen (Kommentar Tom-Frederic Woelk).
Die Partie Jakob Weihrauch gegen Max Peter Bartelt zum Nachspielen (Kommentar Jakob Weihrauch).
Endstand
Die Rechnung geht auf! 7,5 SoBo Vorsprung bedeuten den Titel: Dirk Sebastian und Henning Holinka! Foto: Michael Kotyk
Dirks grandioses Berechnungstool brachte Klarheit!
Nach der Siegerehrung, bei der Glücksfee Luis beim Loseziehen auch noch die heiß ersehnte, nagelneue DGT-Uhr ergattern konnte, hieß es dann: Mannschaftsfoto!
Ein weinendes Auge bleibt jedoch. Für den 2002er Jahrgang um Luis, Henning, Lennart, Robert und Tzun Hong Foo (diesmal nicht dabei, aber in früheren Turnieren Stammgast) war es das letzte Jugendturnier. Nun sind wir endlich unter den Schachrentnern angekommen.
Und eins muss zum Abschluss noch gesagt werden: DEUTSCHER MEISTER WIRD NUR DER HSK!
Ausflug in die Historie dieses Teams:
Die erste Teilnahme an einer DVM von Luis und Robert Engel, Henning Holinka, Lennart Meyling und Kerim Odzini war im Jahr 2011 bei der Offenen U10-Meisterschaft.
Christian Zickelbein berichtete ausführlich.
Noch ein Sieg
Luis Engel
Begegnung mit einem Großen
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