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Nur wenige Monate vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges fand vom 5. Januar bis 2. Februar 1939 in der Sowjetunion ein äußerst stark besetztes Schachturnier statt. 18 Spieler nahmen teil. Die meisten Teilnehmer stammten aus den Republiken der Sowjetunion, aber nicht alle. Samuel Reshevsky reiste aus den USA an. Paul Keres vertrat Estland, das sich zwischen den beiden Weltkriegen für eine kurze Zeit der Unabhängigkeit erfreuen durfte. Salo Flohr dürfte zu der Zeit unter tschechoslowakischer Flagge gespielt haben. Das Turnier wurde zur Hälfte in Leningrad, zur Hälfte in Moskau gespielt. Heute ist es auch unter den Freunden der Schachgeschichte praktisch in Vergessenheit geraten.
Panov musste wegen Krankheit vorzeitig abreisen.
Salo Flohr gewann das Turnier mit 12 Punkten und 1,5 Punkten Vorsprung vor Samuel Reshevsky. Vier Spieler teilten sich den 3. Platz mit 10 Punkten. Einer von Ihnen war Vladimir Andreewitsch Makogonov. Paul Keres wurde nur 13ter. Den Anhängern der Königsindischen Verteidigung ist der Name von Makogonov bekannt, denn er ist der Erfinder der etwas unangenehmen, nach ihm benannten, Variante mit 6.h3. Auch eine Variante gegen die Grünfeld-Verteidigung ist nach ihm benannt, 5.e3 und 6.b4. Ansonsten ist Vladimir Makogonov außerhalb der Sowjetunion weitgehend unbekannt geblieben. Dabei war er einer der besten Spieler seiner Zeit und später Trainer von Garry Kasparov.
Vladimir Andreewitsch Makogonov wurde am 27. August 1904, heute vor 114 Jahren - kein Jubiläum, aber doch ein Anlass, diesen Spieler zu würdigen, in Aserbaidschan geboren - genau genommen, in Nachitschewan, einer Exklave dieser Republik, die von Armenien umschlossen ist. Heute ist die Exklave Nachitschewan, ebenso wie Bergkarabach auf der anderen Seite, einer der beiden Zankäpfel zwischen den kaukasischen Nachbarstaaten Aserbaidschan und Armenien. Zu Zeiten der Sowjetunion herrschte aber noch ein von Moskau überwachter Frieden zwischen den beiden damaligen Sowjetrepubliken. Vladimir Makogonov lebte später in Baku. Er hatte vier ältere Brüder: Victor, Michael, Vasily und Nikolai und einen jüngeren Bruder Valentine. Michael Makogonov (1900-1943) war ebenfalls ein starker Schachspieler.
Michael Makogonov, li. | Foto: Gogolidze
Bei der Meisterschaft der Stadt Baku 1923 teilten Vladimir und Michael Makogonov den ersten Platz. Michael Makogonov war Teilnehmer der UdSSR-Meisterschaft 1929 in Odessa. Nachdem er zum Bauingenieur ausgebildet wurde, hatte Michael Makogonov jedoch nur noch wenig Zeit für Schachturniere. 1938 findet man seinen Namen noch in der Teilnehmerliste des Semifinales der UdSSR-Meisterschaften. Er starb im Zweiten Weltkrieg in der Schlacht bei Kursk 1943.
Vladimir Makogonov war 1927 in Moskau das erste Mal Teilnehmer am Finale der UdSSR-Meisterschaften und teilte sich dort mit Michail Botvinnik den 5. Platz. Bei den UdSSR-Meisterschaften 1929 kam er wie sein Bruder Michael bis ins Semifinale. 1931 wurde er bei der 7. UdSSR-Meisterschaft in Moskau geteilter 3.-5. 1933 gehörte er nicht zu den Finalteilnehmern. 1934 in Leningrad belegte er den geteilten 9. Platz. 1937 in Tiflis kam V. Makogonov bei den 10. UdSSR-Meisterschaften auf dem vierten Platz ins Ziel und ließ wieder zahlreiche bekannte Spieler, darunter Rauser, Bondarevsky, Kan oder Lilienthal hinter sich. 1939 in Leningrad belegt er den geteilten vierten Platz. Ein Jahr später teilt er mit Botvinnik den 6. Platz.
Der Zweite Weltkrieg hatte das Schachleben in der UdSSR zwar stark beeinträchtigt, aber nicht völlig zum Erliegen gebracht. 1942 spielten Makogonov und Flohr in Baku einen Wettkampf über 12 Partien, den Makogonov mit 7,5:4,5 für sich entschied. Beim doppelrundigen Turnier in Swerdlowsk (Jekaterinenburg), 1943, erreichte V. Makogonov hinter Botvinnik den zweiten Platz und ließ unter anderem Smyslov und Boleslavsky hinter sich. Im Finale der 13. UdSSR-Meisterschaft in Moskau 1944 wurde V. Makogonov zusammen mit Mikenas geteilter Fünfter. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war Makogonov einer der Spieler, die in der Sowjetmannschaft in einem Radiomatch gegen ein US-Team antrat. Er gewann sein Match gegen Abraham Kupchik mit 1,5:0,5.
Foto: Goglidze
1947 gewann dann Paul Keres, inzwischen im Zuge der Angliederung des Baltikums an das kommunistische Sowjetimperium auch Sowjetbürger, die 15. UdSSR-Meisterschaft in Leningrad. Diesmal landete Makogonov "nur" im Mittelfeld und wurde geteilter Zehnter. Er nahm noch im Sommer des gleichen Jahres an einem Trainingsturnier in Parnü teil, wo er sich allerdings auch nicht mehr gut in Szene setzten konnte und nur Elfter wurde. Keres gewann dort vor Kotov und Lilienthal. 1949 erreichte Makogonov noch das Semifinale der sowjetischen Meisterschaft, konnte sich aber nicht für das Finale qualifizieren. Zwischen 1947 und 1952 gewann er allerdings noch fünfmal den Titel des Landesmeisters von Aserbaidschan. Anfang der 1950er Jahre gab er seine aktive Karriere als Spieler auf. Gelegentlich findet man seinen Namen aber noch in den Turnierlisten. Seine letzten Turnierpartien spielte er 1975.
Der Statistiker Jeff Sonas sieht Vladimir Makogonov in seiner nachträglichen Berechnung der Spielstärke von historischen Spielern als einen der besten Spieler der 1940er Jahre, mit der besten Elozahl von 2735 im Jahr 1945 und dem 5. Platz in der Weltrangliste, hinter Botvinnik, Aljechin, Keres und Najdorf.
Die FIDE verlieh ihm nur den Titel eines Großmeisters. Später vergab sie noch den Titel eines Ehrengroßmeisters an Makogonov.
Nach Beendigung seiner Laufbahn als Spieler erlangte Makogonov in der UdSSR als Trainer hohes Ansehen. Er war der erste Sekundant von Vassily Smyslov bei dessen Vorbereitung auf den WM-Kampf 1957 gegen Botvinnik. Später arbeitetet er unter anderem mit Vladimir Bagirov. Nachdem Botvinnik das große Talent von Kasparov erkannt hatte, empfahl er Makogonov als Trainer. Heute wird Makogonov als Begründer der aserischen Schachschule angesehen.
Vladimir Makogonov pflegte einen sehr gesunden positionellen Stil. Neben den erwähnten Eröffnungsvarianten, war er auch maßgeblich an der Entwicklung der Tartakower-Variante im Abgelehnten Damengambit beteiligt. In Russland heißt diese Variante Tartakower–Makogonov–Bondarevsky-System. Vladimir Makogonov starb am 2. Januar 1993, im Alter von 88 Jahren.