Deutsche Schachinternetmeisterschaft: Interview mit Ullrich Krause

von André Schulz
26.03.2020 – Die vier Vorrunden der Deutschen Schachinternetmeisterschaft sind gespielt und mit 1100 Teilnehmern war die Resonanz sehr gut. Die Internetmeisterschaft war eine der Ideen des DSB-Präsidenten Ullrich Krause. Er spielte auch eine Vorrunde mit und zieht eine kleine Zwischenbilanz - als Offizieller und als Spieler. Am Samstag folgt die Zwischenrunde.

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Geglückte Premiere der Deutschen Internetmeisterschaft

Die vier Vorrunden zur 1. Deutschen Internetmeisterschaft sind gespielt, deutlich über 1000 Teilnehmer wurden gezählt, zum Teil die gleichen, denn man durfte ja an mehreren Turnieren teilnehmen. Trotzdem, für eine Premiere war das ganz in Ordnung, oder?

Ich bin sehr angenehm überrascht von der hohen Zahl an Teilnehmern. Wir hatten auf eine vierstellige Teilnehmerzahl gehofft, waren uns aber nicht sicher, ob wir das erreichen können, da es sich eben um eine Premiere gehandelt hat. Was mich besonders beeindruckt hat, war das Niveau: Bei allen vier Vorrundenturnieren waren etliche Titelträger am Start, die aufgrund ihrer Wertungszahl automatisch für die Zwischenrunde am kommenden Samstag qualifiziert sind. Aber vielleicht waren auch die attraktiven Sachpreise ein Grund für die mehrfache Teilnahme einiger Nationalspieler!

Die Corona-Pandemie hat sicher auch etwas zur Teilnehmerzahl beigetragen…?

Im Moment ist es in der Tat so, dass viel mehr Menschen abends zuhause sind als sonst. Wir Schachspieler sind glücklicherweise in der Lage, unserem Sport auch vom Schreibtisch aus nachzugehen – das ist schon ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Ich habe das jetzt nicht recherchiert, aber ich könnte mir vorstellen, dass die Deutsche Schachinternetmeisterschaft zurzeit die einzige nationale Meisterschaft ist, die wie geplant stattfindet.

Online-Schach stand ja von Anfang an auf Ihrer Agenda. Nun ist es dringender denn je. Gibt es noch weitere Pläne?

Ich hatte in der Tat Online-Schach in mein Wahlprogramm im Jahr 2017 hineingeschrieben, weil es mir ebenso naheliegend wie logisch erschien, Schach im Internet nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zum Vereinsschach anzusehen. Wir hatten als Ergänzung zur Deutschen Schachinternetmeisterschaft die DWZ-Lizenz konzipiert, um die ehemaligen Vereinsspieler wieder näher an den Deutschen Schachbund und seine Vereine heranzuführen. Leider fand dieses Konzept keine Mehrheit – vielleicht ändert sich das ja, wenn der Vorteil des Online-Schachs allgemein anerkannt wird. Ich würde auf jeden Fall gerne noch einen Versuch unternehmen, die DWZ-Lizenz durch unsere Gremien zu bringen.

Sie haben selber an einem der Turniere mitgespielt. Kommt denn da alleine zuhause Turnieratmosphäre auf?

Ich spiele praktisch jeden Tag einige Partien Schach im Internet, insofern war die fehlende Atmosphäre für mich jetzt nichts Neues. Allerdings hatte ich im Chat einige nette Gespräche mit alten Bekannten, die ich schon länger nicht mehr gesehen habe.

Aus der Sicht des Spielers: Welche Werkzeuge empfehlen Sie? 

Eine gewöhnliche Computermaus ist vollkommen ausreichend – und eine Tastatur für den Chat ist hilfreich.

Gibt es schnelle und langsame Mäuse?

In meinem Alter sind alle Mäuse gleich schnell bzw. langsam.

Wo setzt man sich am besten zuhause hin?

Ich sitze an meinem Schreibtisch. Auf der Couch mit dem Notebook auf den Knien spiele ich 100 Punkte schlechter.

Was ist beim Internet zu beachten? Reicht Wifi oder besser mit dem Kabel an die Box?

Meine Glasfaserbox befindet sich im Wohnzimmer, also in der Nähe der Couch. Ich spiele deshalb immer mit einer WLAN-Verbindung.

Wird nach den Partien noch kurz gechattet? Ist das überhaupt erlaubt?

Das ist nicht nur erlaubt, sondern in meinen Augen sogar erwünscht! Was ich allerdings als etwas anstrengend empfinde, ist der allgemeine Chat, weil dort einige Anwender meinen, dass sie den Alleinunterhalter spielen müssen. Dieser öffentliche Kanal sollte nur für die Admins zugänglich sein.

Gibt es Resonanz von den Teilnehmern?

Alle Teilnehmer, mit denen ich bisher gesprochen habe, haben sich durchweg positiv geäußert. Es gibt eine Ausnahme, aber die bestätigt in diesem Fall die Regel, weil die zuvor geäußerte Kritik inzwischen deutlich abgeschwächt wurde.

Von außen wurde kritisiert, dass man zur Teilnahme eine Mitgliedschaft auf dem Server benötigt (ab 4,99 Euro/Monat). Gerechtfertigt?

Wir hatten wie gesagt eigentlich ein symmetrisches Konzept vorgesehen, also die verkürzte ChessBase-Mitgliedschaft auf der einen und die DWZ-Lizenz des DSB auf der anderen Seite. In beiden Fällen war die Idee, neue Mitglieder zu werben. Ich kann nachvollziehen, dass die Fa. ChessBase auch nach der Ablehnung der DWZ-Lizenz an der anderen Hälfte dieses Konzeptes festgehalten hat – immerhin entsteht durch die Durchführung der Turniere auch ein gewisser Aufwand.

Kann man sich einen Ausbau dieser Turnierform vorstellen?

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wir noch andere Formate entwickeln – vielleicht eine Variante im KO-System oder eine Turnierserie mit nach Wertungszahl gestaffelten Gruppen analog zur DSAM. Aber das ist meine persönliche Meinung – ob uns die Gremien des DSB an dieser Stelle folgen, wird man sehen.

Was könnte man bei der Deutschen Internetmeisterschaft in Zukunft noch verbessern?

Zwei naheliegende Verbesserungsvorschläge sind die Anzeige der Klarnamen anstelle der ChessBase-Benutzernamen in der Tabelle für die bessere Lesbarkeit und die Anzeige der DWZ- oder ELO-Zahl im Profil der Spieler, damit man in etwa weiß, mit wem man es zu tun hat. Ein Live-Stream würde die Attraktivität des Turniers mit Sicherheit auch erhöhen.

Wird es im nächsten Jahr eine Neuauflage der Deutschen Internetmeisterschaft geben?

Davon gehe ich nach dem Erfolg der diesjährigen DSIM aus!

Spielen Sie bei der Zwischenrunde am Samstag mit oder schauen Sie zu?

Ich habe mich erwartungsgemäß nicht qualifiziert, werde aber auf jeden Fall zuschauen. Die Besetzung verspricht viele spannende und hochklassige Partien!

Die Fragen stellte André Schulz

 

Turnierseite zur Deutschen Internetmeisterschaft beim DSB...

 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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