Von Uwe Ritter
Auf dem Titelbild: Die ACO Senioren (50+) Weltmeister 2022: Von links: GM Daniel King (Trainer vor Ort), IM Tobias Hirneise (Organisator), Bernie Tedd (ENG), Henry Oelmann (GER), Spyridon Ilandzis (GRE), Marianne Krause (GER), Andreas Vollmer (GER), Anthony Tatam (ENG), GM Falko Bindrich (Organisator)
Sonne, Strand und Schach: ACO Senioren (50+) Schach WM 2022
Fans dieser Veranstaltung wissen es schon lange, Sonne, Strand und Meer, was gibt es Schöneres auf der Welt, insbesondere wenn man sich vorab und danach noch ein paar zusätzliche Tage gönnt. Einmal mehr weilte die ACO im 5-Sterne Fodele Beach Hotel, unweit von Heraklion an der Küstenstraße von Heraklion nach Chania gelegen. Es ist immer wieder beeindruckend, wenn nach einer ca. 25-minütigen Fahrt vom Flughafen, nach einer Rechtskurve kurz vor dem Ziel, die in einen Berghang gebaute Hotelanlage, sich dem Blickfeld des Betrachters öffnet.
Pool und Strand
Poolanlage
Strand
Spielsaal
Die Bar
Der Veranstalter begrüßte 170 Teilnehmer inclusive Begleitung, aus 22 Schachföderationen, die, dies ist keine Übertreibung, mittlerweile wie eine kleine Familie zusammenhalten. Dabei erscheint einigen Teilnehmern kein Weg zu weit, wie Teilnehmer aus Kolumbien, USA, Kanada, Indien und Neuseeland belegen, dies zum Teil nur, um einmal beim ACO-Event dabei gewesen zu sein. Obwohl die Entfernung von Neuseeland (17.291 km) nach Kreta mehr als 2/3 größer ist im Vergleich mit Kolumbien (10.536 km) nach Kreta, gilt, die zeitlich „längste“ Anreise, Bogota - New York – Paris - Athen – Heraklion, mit dem Flieger hatte der Kolumbianer FM Bismarck Chaverra (B), mit über 30 Stunden, während Grant Kerr (D) aus Neuseeland mit den Stationen Auckland, Singapur, London, Heraklion nach „eigener Aussage“ gerade einmal auf etwas mehr als 27 Stunden kam.
Nahm über 30 Stunden Anreise auf sich: FM Bismarck Chaverra aus Kolumbien.
Diese Feststellung zur Flugdauer überrascht nicht, wenn man das Buch „In 80 Tagen um die Welt“ gelesen oder eine der vielen Verfilmungen gesehen hat. Der Zeitunterschied Auckland und Heraklion beträgt im Sommer 11 Stunden plus, der Zeitunterschied Bogota und Heraklion hingegen 7 Stunden minus. Grant Kerr ist in seiner Heimat ein bekannter Kunst Philantropist und seine Frau eine bekannte Politikerin, die noch vor wenigen Jahren ein Ministeramt in der neuseeländischen Regierung innehatte. Teilnehmer Joseph Ebenezer (B) aus Indien hingegen überraschte unmittelbar nach Beendigung des Turnieres mit einer anderen Form der Schachbegeisterung, Er verließ noch vor der Siegerehrung das Hotel und begab sich direkt auf den Weg nach Neuseeland zum nächsten Turnier.
Die beiden ältesten Teilnehmer kamen aus Deutschland und aus Frankreich, Manfred Kunze und Jean-Francois Levier, die mit jeweils 91 Jahren, einmal mehr den Beweis lieferten, dass Schach keine Frage des Alters, sondern vielmehr eine Frage der geistigen Fitness ist, allen gesundheitlichen Wehwehchen zum Trotz.
Älteste Teilnehmer: Manfred Kunze (91 Jahre aus Deutschland) und Jean-Francois Levier (91 Jahre aus Frankreich)
Das man auch nach langer, langer Pause wieder zum Schach finden kann, zeigte unter anderem Dr. Ralph Ennenbach aus Deutschland, der nach über 30 Jahren Turnierpause wieder ein Turnier bestritt, aufgrund seiner immer noch existierenden Wertungszahl, ELO 2235, in der B-Gruppe spielte und topgesetzt am Ende den 5. Platz erreichte.
Gleiches gilt für den in Texas lebenden deutschen Teilnehmer Oliver Werther, welcher in der G-Gruppe spielte. Seine Teilnahme verdankten wir der Tatsache, dass er hin und wieder die Zeitschrift „Die Zeit“ liest und dabei in diesem Jahr den Artikel über den Nordhorner Jarno Scheffner las, der einst im Mai dieses Jahres beim Amateurturnier die C-Gruppe gewonnen hatte. Dies war Grund genug für ihn einmal persönlich vorbeizuschauen.
Ebenfalls vor Ort, die drei Großmeister Daniel King, Spyridon Skembris und Zigurds Lanka, welche, wie immer gekonnt, mit Rat und Tat den Spielerinnen und Spielern zur Seite standen. Dabei hatten die drei Musketiere dieses Mal, erstmalig, eine ehrenvolle Aufgabe. Ein jeder durfte für sich, einen Spieler küren, der die beste Partie bei diesem Turnier gespielt hat. Diese erstmalig vergebenen Preise verdanken wir einer Idee des norwegischen Teilnehmers Cato Bekkesletten.
Die Organisatoren zusammen mit den Trainern: v.l.n.r: Trainer GM Spyridon Skembris, Organisatoren IM Tobias Hirneise und GM Falko Bindrich, Trainer GM Zigurds Lanka und GM Daniel King
Des Weiteren hielten die Großmeister zu den Themen Endspiele, Studien und dynamisches Spiel jeweils vier Vorträge, deren Hinweise zum Teil schon am nächsten Tag in den Partien umgesetzt wurden. Dabei erheiterte Zigurds Lanka bei seinen Vorträgen einmal mehr, als Lette, mit seiner gekonnten, präzisen, originellen, pointierten, sprachlichen Vielfalt, von der sich manch ein Muttersprachler in unserem Heimatland eine Scheibe abschneiden kann.
Vortrag mit GM Zigurds Lanka
Wer vom Tag noch nicht genug hatte, konnte sich beim abendlichen Blitzturnier, allein oder zu zweit im Team, beweisen. Die anwesenden Meisterspieler ließen sich nicht lumpen und spielten ebenfalls mit, dabei bildeten diese stets zusammen mit einem Amateur ein Team.
Sieger des Teamblitz-Turniers. Ein Team besteht aus 2 Spielern.
Nordlicht Birger Boyens aus Husum, in 17 Monaten bereits zum 5 Mal dabei, ist nach wie vor begeistert. Seiner Meinung nach ist das mediterrane Flair, das sonnige Wetter, die Hotelanlage mit dem Wasserpark, den drei Restaurants Anlass genug, um an dieser Veranstaltung teilzunehmen. In diesem Jahr begeisterte der neue Chefkoch derart, dass man für das nächste Mal gut beraten ist, vor dem Event abzunehmen, damit man es hinterher nicht zu Hause tuen muss, es sei denn, Sie beabsichtigen jeden Tag das hoteleigene Fitnessstudio aufzusuchen. Moderator Daniel King würdigte den Koch auf der Abschlussveranstaltung und wurde nicht müde zu betonen, dass er noch nie so gut gegessen habe und dass Gewichtsprobleme für ihn eine völlig neue Erkenntnis seien.
Tosenden Applaus gab es für den Chefkoch, hier mit Moderator GM Daniel King
Nach vier Tagen intensiven Schachs, es waren bereits 6 Runden gespielt, der übliche freie Tag für alle Teilnehmer. Der Veranstalter organisierte 2 Busfahrten. Die eine führte zum Kloster Arkadi, zu den Quellen Argyropolis und zur Stadt Rethymno, die andere zum historischen Palast nach Knossos, anschließend nach Heraklion, mit den speziellen Zielen Altstadt und archäologisches Museum. Wer schon häufiger dabei war, blieb entweder im Hotel oder unternahm mit dem Leihwagen seine eigene Tour, wobei die Orte Chania und Agios Nikolaos weitere begehrte Ausflugsziele waren.
Am Tag der 7. Spielrunde gab es abends, dies ist schon gute Tradition, die Gelegenheit zu einem Simultan mit den Großmeistern. 42 Wagemutige gaben sich größte Mühe den Meisterspielern ein Bein zu stellen. Doppelzüge seitens der Amateure wurden charmant zurückgewiesen und der hartnäckigste Widerstand spätestens im Endspiel gebrochen. Während Falko Bindrich seine 18 Partien gewann, gab Zigurds Lanka ein Remis bei 9 Siegen ab, Daniel King kam auf 12 Siege und 2 Remisen.
Nach dem Abschluss der 9. Runde das Highlight, die Siegerehrung im feinen Zwirn. „Master of Ceremonies“ Daniel King führte charmant und souverän durch die Zeremonie. Erneut wurden einige Teilnehmer für ihre 5. (12 Teilnehmer) bzw. 10. Teilnahme (Andre Matzat, Hans-Hubert Mencke, Paul Schmitz) geehrt. Wie jedes Jahr erfreuten sich die teilnehmenden Damen auch bei dieser Veranstaltung über ein Geschenk des Veranstalters. Rene Tückmantel (B), Hartmut Hehn (C) und Ingo Rewerts (D) waren die glücklichen Preisträger bei der Kategorie, die beste Partie.
Sonderpokale für alle Teilnehmer die an ihrem fünften ACO Teilgenommen haben. Insgesamt wurde diese Ehre bereits mehr als 120 Spielern zu teil.
Nahmen bereits zum 10. Mal teil: Paul Schmitz, Hans-Jürgen Mencke und Andre Matzat (alle aus Deutschland).
Abschließend trafen sich alle Teilnehmer auf der Terrasse des Hotels zu einem oder mehrere Drinks mit reichhaltigem Büffet. Untermalt wurde dieses Abschluss-Event von bekannten Walzer-Melodien, zu denen ein professionelles Tanz-Paar seine Darbietungen bot. Zu später Stunde gab es noch ein Feuerwerk.
Tänzer
Gruppenbild aller Teilnehmer
Es ist bereits eine kleine Tradition, dass das Turnier mit einem Feuerwerk endet.
Mein Dank an die Organisatoren Falko Bindrich, Tobias Hirneise und der immens fleißigen Helferin Oana Florea für eine herausragende Leistung als Veranstalter. Dies schließt Schiedsrichter Alexander Hande mit ein, der ohnehin zu den flottesten und kompetentesten Vertretern seiner Zunft gehört. Alle Vier hatten stets ein offenes Ohr für die vielen Anliegen der Teilnehmer, eine Wesensart, die in der heutigen Zeit nicht immer selbstverständlich ist.
Sofern ich Ihnen einen Rat geben darf, vielleicht probieren Sie es einfach mal aus. Es lohnt sich!
Die nächsten Turniere:
ACO Super Senioren (65+) WM vom 2. - 11. Mai 2023 auf Kos...
ACO Amateur WM vom 11. - 20. Mai 2023 auf Kos...