Fritz und Shredder powered by
transec
Blick in die Flure der Uni Paderborn
Paderborn im Winter 2004
Von Mathias Feist
Thomas Mayers Quark-Mobil
Einmal im Jahr zieht es eine
Gruppe Schachprogrammierer nach Paderborn. Das IPCCC fand dieses Jahr zum 13.
Mal statt. Entstanden aus einem Turnier für Programme von Amateuren, hat es sich
im Laufe der Zeit zu einer inoffiziellen deutschen Meisterschaft gewandelt, an
der auch professionelle Schachprogrammierer teilnehmen. Dieses Jahr waren 3
Profis am Start, Shredder, Fritz, sowie Hydra, vormals Brutus.
Die komplette
Startliste finden Sie hier....
Fritz und Shredder spielten wie
immer auf einem Rechner von transtec, diesmal ein Dual P4 mit 3.06 GHz. Hydra
spielte auf einem Cluster mit 8 Prozessoren und jeweils einer FPGA pro
Prozessor.
Durch die hervorragende
Internetanbindung der Uni Paderborn konnten die meisten Partien live auf dem
Fritz-Server und im Internet übertragen werden. Hierfür müssen die Teilnehmer
noch kooperieren und die gespielten Züge an den Server übertragen.
Turnierleitertisch
Ulf Lorenz: Gute Infrastruktur an der Uni Paderborn.
Das Turnier stand ganz im
Zeichen von Hydra. Dieser schachliche Raufbold gab gerne Material für Initiative
und überfuhr die Gegner dann mit seiner überlegenen Rechenkraft. Die acht Köpfe
zeigten ihre Wirkung, sie hatten ihre Augen überall. In Kürze sollen alle acht
Köpfe abgeschlagen werden. Wie man ja weiß, wachsen für jeden abgeschlagenen
Kopf zwei neue...
Das offizielle Hydra-Poster
Ein solches Turnier ist sehr
anstrengend, auch wenn man nicht selber spielt. Einige Teilnehmer aus
Süddeutschland haben die Nacht zum Mittwoch nicht geschlafen, da sie sehr früh
losfahren mussten um rechtzeitig in Paderborn einzutreffen. Der Schneefall in
der Nacht hat dabei nicht geholfen. Es ist auch nicht jedem möglich, einen Tag
vorher anzureisen. Aber man trifft sich zum Austausch von Ideen und zum Erhalt
alter Bekanntschaften, daher wäre eine Austragung des Turniers auf einem
Schachserver keine wirkliche Alternative.
Das Turnier begann mit der
ersten Runde am frühen Mittwoch Nachmittag. Wegen der Doppelrunden und der damit
verbundenen extrem langen Spielzeit wurde abgestimmt und die Zeitkontrolle auf
90 Minuten für 40 Züge und 60 Minuten für den Rest der Partie verkürzt. Damit
waren die Runden eine Stunde kürzer als bei den letzten Turnieren, am Donnerstag
und Freitag wurden dadurch 2 Stunden „eingespart“. Das war gut so, denn mittags
konnte man noch etwas an der Uni essen, abends kam man auch noch zu einer
vernünftigen Zeit in ein Restaurant. Während des Turniers sah man einen
entspannten Turnierleiter Ulf Lorenz, der abends eine Stunde eher nach Hause
konnte und durch sein großes Team wenig Zeit am Brett verbringen musste. Erdogan
Günes lässt niemand anderen das Programm bedienen.
Für Fritz begann das Turnier
etwas holprig. Wir wollten hier gewinnen, in der ersten Partie gegen Comet sah
es zuerst auch ganz gut aus. Fritz bekam eine vernünftige Stellung aus dem Buch
und konnte spielen. Doch nachdem Fritz 19.Lxf6 20.Lxg7 21.Df6 zugelassen hatte,
war die Stellung Remis. Das Ganze sah noch schlimmer aus, aber Fritz war niemals
in Verlustgefahr. Comet verdarb dieses Remis später durch 26.Dh7, während
26.Dh5+ zu einem Dauerschach geführt hätte.
Die zweite Runde loste Fritz
Anaconda zu. Auf das Brett kam eine sehr scharfe spanische Stellung. Fritz fand
den Angriffszug 20.Sg4 und konnte in der Folge einen unwiderstehlichen
Königsangriff aufbauen.
Frank Schneider...
... als Monitor-Man...
und Kai Skibbe (mit 3D-Brett, Funktion: "Brett drehen") sind
"Anaconda".
Das Turnier begann also gut mit
2 Punkten. Da die Partie recht kurz war, hatte ich bis zur dritten Runde am
Nachmittag ein paar Stunden Zeit und konnte mir das Heinz Nixdorf Museumsforum
nebenan anschauen. Besonders begeistert war ich, als ich dort in der Abteilung
Künstliche Intelligenz einen installierten Fritz fand, gegen den man sogar
spielen konnte. Auch ein paar alte Schachcomputer liegen dort in Vitrinen, z.B.
der Phantom und das bekannte "Brikett" von Mephisto.
Die Partie gegen Hydra am
Donnerstag Nachmittag sollte sich als entscheidend für das Turnier
herausstellen. Beide Programm waren sehr früh aus dem Eröffnungsbuch und damit
auch sich allein gestellt. Es entstand eine scharfe Stellung mit leichtem
Vorteil für Weiß, den Hydra langsam in einen Sieg umwandeln konnte. Das war eine
starke Vorstellung, dämpfte aber leider die Hoffnungen von Fritz.
Einen Höhepunkt aus Sicht von
Fritz ergab die vierte Runde. Fritz gegen Shredder, wobei dieselbe Eröffnung wie
in Graz diskutiert wurde. Shredder wich mit 10... cxd4 statt 10... b6 von der
Vorgängerpartie ab, kam aber vom Regen in die Traufe. 11... f5 sieht schon
zweifelhaft aus. Danach konnte Fritz einen Angriffssturm entfachen, dem Shredder
nichts entgegenzusetzen hatte. Diese Variante wird von Shredder wohl nicht mehr
gespielt werden.
Stefan Meyer-Kahlen (Shredder)
Nach dieser Glanzpartie gab es
in der fünften Runde ein zähes Ringen. Fritz mit Schwarz musste gegen einen
supersoliden weißen Aufbau von Yace anrennen. Bis Zug 40 war die Stellung im
Gleichgewicht, wobei Fritz immer eine leichte Initiative hatte. Die Wende kam
mit 40.gxh4 von Yace, wonach die Bewertung von Fritz regelrecht explodierte.
Yace realisierte erst vier Züge später, dass es in einem heftigen Königsangriff
unter die Räder kam.
Mit vier Punkten aus fünf
Runden schien Fritz also gut auf Kurs Richtung Titelverteidigung. Die meisten
der vermeintlich stärksten Gegner waren schon gespielt, es gab damit eine
realistische Chance auf sechs Punkte. Letztes Jahr hat Fritz mit 5,5 Punkten vor
Yace gewonnen. Die Sache hatte nur einen Schönheitsfehler, Hydra lag mit fünf
Punkten ohne Punktverlust vorne. Der Samstag Morgen sah dann das Duell
Shredder-Hydra, in dem ich natürlich Shredder die Daumen drückte.
Fritz bekam als Weißer Diep
zugeteilt, der auch immer in den oberen Tabellenregionen landet und jederzeit
gefährlich ist. Nach der Eröffnung hatte Fritz die Initiative, die bis ins
Endspiel festgehalten wurde. Die Gewinnchancen waren schon sehr gut, als Diep
die Sache mit 37... Le8 vereinfachte. Fritz gewann in der Folge wegen der vielen
Drohungen einen Bauern und kurze Zeit später die Partie. Doch auch Shredder
konnte Hydra nicht ganz stoppen und musste sich mit Remis zufrieden geben. Der
Abstand zum Führenden war zwar verkürzt, aber noch nicht aufgeholt.
Neben eventuellen Kurzpartien
ist der Samstag Nachmittag die einzige Zeit, in der man etwas anderes machen
kann, als im Turniersaal zu sein oder zu schlafen. Dementsprechend sah man viele
der Teilnehmer in der Fußgängerzone beim Einkaufen. Seit die Geschäft länger
geöffnet haben dürfen, ist diese am freien Nachmittag nicht mehr verödet,
sondern voll Leben. Der Grund für diese Lücke im Spielplan ist das gemeinsame
Essen am Abend, das mit 30 Teilnehmern scharfe Anforderungen an die Logistik des
Restaurants stellte. Ich würde mir für die Zukunft allerdings wünschen, dass wir
in ein Lokal mit Rauchverbot gehen. Es gab etwas viel des Qualms aus dieser
großen Gesellschaft.
In der letzten Runde musste
also unbedingt ein Sieg her, um die Chancen auf den Turniersieg zu wahren. Fritz
spielte mit Schwarz gegen Ikarus einen Scheveninger Sizilianer, in dem Schwarz
nie Vorteil hatte, aber auch nicht in Verlustgefahr war.
Ikarus-Rechner: gut belüftet
Ikarus erwies sich also als der
gewohnt unbequeme Gegner, Remis war das logische Ergebnis. Damit hatte Fritz das
gute Vorjahresergebnis wiederholt. Hydra gewann jedoch gegen Diep auch die
letzte Partie und holte sich die Trophäe mit einem ganzen Punkt Vorsprung.
Außer der Ehre gibt es in
Paderborn den traditionellen Preis: Sekt in drei unterschiedlichen Größen.
Stefan Meyer-Kahlen als er seinen dritten Preis in Empfang nahm: die Flaschen
werden auch immer kleiner.
Der Sieger-Sekt...
...in drei Größen
Am Ende sah man jedenfalls ein strahlendes Trio Chrilly Donninger, Ulf Lorenz und Erdogan Günes.
Die Sieger: Hydra (hinten), Ulf Lorenz, Erdogan Günes und Chrilly
Donninger (vorne)
Und wenn die Programme einmal nicht spielen,
dann ihre Programmierer. Hier Stefan Meyer-Kahlen im 1:5-Minutenblitz
gegen Vincent Diepeveen.
Achtung...
...Handgelenke lockern...
...und los.
Kiebitz Rudolf Huber
Blickwinkel von Fritz übers Brett
Und zum Schluss: Weg mit den alten
Galoschen.