Zum Jahresende 2023 gab es noch einmal ein Wettrennen unter einigen Spielern, die entweder über die Punktwertung des FIDE-Circuits oder aber über ihren Platz in der Weltrangliste, eigentlich über ihre Elozahl, noch das Ticket für das Kandidatenturnier lösen wollten. In Indien und in Frankreich wurden noch kurzfristig einige Turnier organisiert, um Spielern dieser Länder die Chance zu geben, sich im letzten Moment doch noch zu qualifizieren. Beim Chennai Grand Masters nutzte D. Gukesh diese Chance mit dem Gewinn des Turniers, womit der 17-jährige indische Großmeister sich über den FIDE-Circuit qualifizierte. In Frankreich gelang Alireza Firouzja die Qualifikation durch seinen überlegenen Sieg beim Rouen Open. Der lange Zeit beste Jugendliche der Welt - da er die Altersgrenze überschritten hat, wurde er in der U20-Weltrangliste nun von Vincent Keymer und R. Praggnanandhaa abgelöst - siegte mit 7 aus 7 und gewann den ersten Preis in Höhe von 500 Euro, was eher nebensächlich war. Er gewann aber außerdem mit seinem Ergebnis die Elopunkte hinzu, die nötig waren, um Wesley So in der Eloliste noch zu überholen. Damit war Firouzja der elobeste Spieler in der Liste, der sich nicht schon auf anderem Wege für das Kandidatenturnier qualifiziert hatte und überhaupt teilnehmen möchte. Magnus Carlsen hat bekanntlich kein Interesse mehr an der klassischen Weltmeisterschaft, obwohl er als Sieger des World Cups formal qualifiziert ist.
Schon während des World Cups in Baku sagte der Norweger:
"Beim derzeitigen Format gibt es absolut keine Chance. Ich denke, jeder sollte davon ausgehen, dass ich beim Kandidatenturnier nicht spielen werde und dass alle anderen, die im Halbfinale stehen, für das Kandidatenturnier qualifiziert sind."
Die Nation, die die meisten Teilnehmer und Teilnehmerinnen für die beiden Kandidatenturniere stellt, ist Indien. Damit dokumentiert sich auch hier der Aufstieg Indiens zu einer der führenden Schachnationen. In der Rangliste der Länder, mit den zehn besten Spielern belegt Indien bereits seit einigen Monaten den zweiten Platz, noch vor der einst größten Schachnation Russland.
Die Teilnahme von Praggnanandhaa und Vidit nach ihren Erfolgen beim World Cup und im Grand Swiss wurden in Indien schon ausführlich bejubelt. Jetzt ist noch Gukesh als dritter Spieler aus Indien beim Kandidatenturnier hinzu gekommen. Im Turnier der Frauen vertreten zudem R. Vasihali, Praggnanandhaas ältere Schwester, und Humpy Koneru die indischen Farben.
Die führende Schachnation in der FIDE-Liste sind die USA, allerdings nur bei den Männern. Hikaru Nakamura und Fabiano Caruana nehmen als Vertreter der USA teil. Caruana hatte bei der Weltmeisterschaft 2018 dem amtierenden Weltmeister Magnus Carlsen im WM-Kampf viel Widerstand geleistet und konnte vom Norweger erst im Stichkampf besiegt werden. Damals war Caruana dem Weltmeister auch in der Eloliste sehr nahe gekommen. Nach einigen Rückschlagen ist Caruana inzwischen wieder Nummer zwei der Weltrangliste. Der US-Großmeister hat sich gleich auf mehreren Wegen für das Kandidatenturnier qualifiziert. Entscheidend war sein dritter Platz beim World Cup.
Russland ist noch mit Ian Nepomniachtchi vertreten, der die letzten beiden Kandidatenturniere gewonnen hat.
Die für das Kandidatenturnier qualifizierten Spieler:
Spieler |
Qualifikationsweg |
Elo |
Weltrangliste |
Ian Nepomniachtchi |
Verlierer der Schachweltmeisterschaft 2023 |
2769 |
5 |
Magnus Carlsen* |
Sieger des World Cups 2023 |
2830 |
1 |
R. Praggnanandhaa |
Zweiter des World Cups 2023 |
2743 |
13 |
Fabiano Caruana |
Dritter des World Cups 2023 |
2804 |
2 |
Santosh Gujrathi Vidit |
Sieger des Grand Swiss 2023 |
2742 |
15 |
Hikaru Nakamura |
Zweiter des Grand Swiss 2023 |
2788 |
3 |
D. Gukesh |
Gewinner des FIDE Circuit 2023 |
2725 |
25 |
Alireza Firouzja |
Weltrangliste |
2759 |
6 |
`Es wird erwartet, dass Magnus Carlsen auf seine Teilnahme am Kandidatenturnier verzichten wird. In Interviews hat er sich bereits in dieser Richtung geäußert. In diesem Fall rückt Nijat Abasov (Aserbaidschan, Elo 2641, Weltrangliste 102) als Vierter des World Cups 2023 nach. Sollten weitere Qualifikanten verzichten, rücken Spieler aus der Weltrangliste nach.
Kandidatinnenturnier
Bei den Frauen ging der Wettlauf um die Plätze für das Kandidatinnenturnier etwas geräuschloser vonstatten und war auch früher beendet. China stellt mit Vizeweltmeisterin Lei Tingjie und Ex-Weltmeisterin Tan Zhongyi zwei Teilnehmerinnen. Indien ist mit Vaishali und Humpy Koneru in gleicher Anzahl vertreten, ebenso Russland mit Ekaterina Lagno und Alexandra Goryachkina. Hinzu kommt Anna Muzychuk aus der Ukraine und als Neuling neben Vaishali im WM-Geschäft Nurgyul Salimova aus Bulgarien. In der Eloliste liegen sechs der acht Spielerinnen nahe beieinander. Vaishali und Salimova liegen etwas zurück, sind aber beide auf dem Weg nach oben und für jede Überraschung gut
Teilnehmerinnen des Kandidatinnenturnier
Spielerin |
Qualifikationsweg |
Elozahl |
Weltrangliste |
Lei Tingjie |
Verliererin des WM-Kampfes 2023 |
2550 |
4 |
Ekaterina Lagno |
Siegerin des Grand Prix der Frauen 2022–2023 |
2542 |
6 |
Alexandra Goryachkina |
Zweite des Grand Prix der Frauen 2022–2023 |
2553 |
3 |
Nurgyul Salimova |
Zweite des World Cups der Frauen 2023 |
2426 |
38 |
Anna Muzychuk |
Dritte des World Cups der Frauen 2023 |
2525 |
7 |
Humpy Koneru |
Weltrangliste |
2554 |
2 |
R. Vaishali |
Siegerin Grand Swiss der Frauen 2023 |
2481 |
14 |
Tan Zhongyi |
Drittplatzierte des Grand Swiss * |
2521 |
8 |
* Die Zweitplatzierte des Grand Swiss A. Muzychuk ist schon über den World Cup qualifiziert.
Das Kandidatenturnier für die absolute Weltmeisterschaft und das Kandidatinnenturnier für die Weltmeisterschaft der Frauen finden in diesem Jahr zeitgleich und am gleichen Ort statt, nämlich vom 2. bis zum 25. April in der kanadischen Metropole Toronto.
Sponsor des Turniers ist die kanadische Familie Scheinberg, die auch schon seit langem Geldgeber für die Isle of Man-Open ist, das seit einigen Jahren von der FIDE als "Grand Swiss" zum Qualifikationsturnier für das Kandidatenturnier aufgewertet wurde. Die FIDE konnte die Familie Scheinberg für ein längerfristiges Engagement im Schach gewinnen. Für die beiden Kandidatenturniere in Toronto stellt die Familie Scheinberg ein Preisfonds von 750.000 USD zur Verfügung.
FIDE: Qualifikationswege für das Kandidatenturnier...