15.05.2023 – Das 50-jährige Jubiläums der Schacholympiade Siegen 1970, bei der u.a. Spasski und Fischer zum letzten Mal vor der WM 1972 aufeinandertrafen, wurde mit einer Ausstellung gewürdigt, die aber wegen der Pandemie erst mit Verspätung eröffnet werden konnte. Die Schachfreunde des SV Weidenau/Geisweid e.V. im Schachbezirk Siegen haben Material gesammelt und einen authentischen Dokumentarfilm produziert.
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Die Fotos wurden größtenteils von Friedel an Haack aufgenommen. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung ihrer Tochter.
Der Film wurde von Heinz-Roland Send zusammengestellt.
Vor über 50 Jahren: Die Schacholympiade Siegen 1970
Im Jahr 1970 war Siegen als vierte deutsche Stadt Gastgeber einer Schacholympiade. 1930 hatte Hamburg die dritte Schacholympiade der Geschichte ausgerichtet. 1936 fand eine nicht von allen Verbänden anerkannte Schacholympiade in München statt und 1958 war München erneut Gastgeber einer, diesmal offiziellen, Schacholympiade. Ein Großereignis war die Schacholympiade 1960 in Leipzig (DDR). Dort hatte der junge US-Star Bobby Fischer mitgespielt und 1970 war er ebenfalls für die USA am Start, allerdings auch zum letzten Mal.
Die Schacholympiade in Siegen lockte Tausende von Zuschauern an, die zum Teil in Sonderbussen anreisten. Die Halle war meist bis auf den letzten Platz gefüllt und die Zuschauer standen dicht an den Tischen mit den Spielern. Die Top-Partie zwischen Spassky und Fischer wurde an einem Sonntag gespielt. Knapp 5000 Zuschauer verfolgten das Spektakel vor Ort.
Heinz-Roland Send und die Schachfreunde des SV Weidenau/Geisweid e.V. im Schachbezirk Siegerland haben für eine Ausstellung anlässlich des 50-jährigen Jubiläums dieser Schacholympiade Material gesammelt und einen Dokumentarfilm zusammengestellt und auf verschiedenen Plattformen veröffentlicht. Der Film ist ein schönes Zeitdokument und bietet einen Blick und eine Reise in eine ganz andere Zeit, mit der wir aber über das Schach dennoch eng verbunden sind.
Wegen der Corona-Pandemie musste die für 2020 geplante Ausstellung, auf der viele Bilder und Dokumente, sowie der Dokumentarfilm gezeigt wurden, um zwei Jahre verschoben werden und konnte erst im Oktober 2022 eröffnet werden.
Zeitreise: Schacholympiade Siegen 1970
Schon vor dem WM-Kampf wurde das organisierte Schach weltweit immer populärer und 1970 war der Weltschachbund auf 64 Mitgliedsverbände angewachsen. Der damals gültige Spielplan sah aber nur maximal 60 Teilnehmermannschaften vor und so mussten vier Verbände mit ihren Mannschaften abgewiesen werden. Tatsächlich hatten die Verbände von Argentinien, Frankreich, Ecuador und Venezuela ihre Bewerbungen auch erst nach der Frist abgegeben. Panama zog noch vor Beginn des Turniers zurück und Argentinien rückte noch nach. Frankreich, Ecuador und Venezuela mussten mit ihren Mannschaften aber wieder abreisen. Nach dieser Schacholympiade wurde der veraltete Spielplan dann von der FIDE überarbeitet.
In Siegen wurde noch mit sechs Vorgruppen zu je 10 Mannschaften gespielt. Die ersten beiden Teams qualifizierten sich für die Finalgruppe A. Die Nächstplatzierten für die weiteren Finalgruppen.
Die Teilnahme von Bobby Fischer war lange offen, aber inzwischen hatte er sich mit den anderen Mannschaftmitgliedern ausgesprochen, insbesondere mit Samuel Reshevsky, zu dem Fischer lange ein sehr angespanntes Verhältnis hatte. Die beiden besten Spieler der USA spielten nun zum ersten Mal gemeinsam in der US-Auswahl. Auch die Spielbedingungen waren für Fischer ausnahmsweise akzeptabel.
Die Eröffnungsfeier der 19. Schacholympiade fand am 5.September in der Siegerlandhalle statt. FIDE-Präsident Folge Rogards, der Präsident des Deutschen Schachbundes Ludwig Schneider und Karl Althaus, der Bürgermeister der Stadt Siegen, begrüßten die Spieler. Eröffnet wurde die Schacholympiade dann von Hans-Dietrich Genscher, dem damaligen Innenminister der Bundesrepublik Deutschland.
Turnierfavorit war die UdSSR, die erwartungsgemäß die Vorgruppe eins gewann. Spanien kam als Zweiter weiter. Die Vorgruppe 2 wurde von Jugoslawien vor Kanada gewonnen. In Gruppe 3 verlor die USA das Match gegen die DDR mit 1,5:2,5 und wurde nur Zweiter hinter der DDR. In Vorgruppe vier qualifizierten sich Rumänien und Ungarn. Dänemark , mit Bent Larsen, wurde um einen halben Punkt auf den dritten Platz verwiesen. Argentinien und die Tschechoslowakei belegten in Gruppe 5 die ersten beiden Plätze. In Gruppe 6 dominierten schließlich Bulgarien und die Bundesrepublik Deutschland. In dieser Gruppe weigerte sich Albanien aus politischen Gründen gegen Südafrika zu spielen und wurde deshalb aus dem Turnier ausgeschlossen.
Während der Vorrunden gab es einige Zwischenfälle. So verlor die UdSSR in der Vorrunde eine Partie gegen Spanien, weil Kortschnoi verschlafen hatte und zu spät erschien. Und Jonathan Penrose (England) wurde in seiner Partie gegen Ulvestad (Schweden) am Brett ohnmächtig.
Die Finalrunden begannen am 16. September. Den besten Start hatten die UdSSR und Ungarn. Die USA holten nach einem Unentschieden gegen Kanada bald auf. In Runde sechs kam es zum brisanten Match zwischen der UdSSR und den USA, das von der UdSSR mit 2,5:1,5 gewonnen wurde, obwohl es zwischenzeitlich nach einem 3:1 für die USA aussah.
Bobby Fischer traf zum letzten Mal vor dem WM-Kampf von 1972 auf Spassky und verlor die Partie.
Die USA verloren später auch noch ihren Wettkampf gegen Ungarn.
Am Ende holte die UdSSR Gold vor Ungarn und Jugoslawien. Die USA wurden Vierte. Das Team der BR Deutschland belegte Platz sechs.
Das DDR-Team kam auf Platz neun ins Ziel.
Das UdSSR-Team
Das US-Team
Für die Sowjetunion war es die zehnte Goldmedaille in Folge. Der Sieg fiel mit einem Punkt Vorsprung diesmal aber sehr knapp aus. Dank seines Sieges über Bobby Fischer ging der Brettpreis an Brett eins an Spassky. Fischer wurde "nur" Zweitbester. Zur Siegerehrung erschien der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann und der Botschafter der UdSSR Semjon Zarapkin.
Im Rahmen der Schacholympiade fand auch der FIDE-Kongress statt, auf dem Max Euwe zum Nachfolger von Folke Rogards gewählt wurde.
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