Die Partien der Runde 1...
Die Partien der Runde 2...
Die Partien der Runde 3...
Die Partien der Runde 4...
Dortmund Match Runde 1 bis 4...
Stars zum Anfassen
Von Dagobert Kohlmeyer
Im Rathaus trafen sich am ersten Ruhetag Dortmunds Schachfans mit den
Großmeistern des Sparkassen Chess Meetings zum traditionellen Blitzturnier.
Es war ein schönes Bild, wie im hellen Lichthof jeder der Figurenkünstler
zehn Partien gegen mutige Amateure oder Vereinsspieler austrug.
Um die
Chancengleichheit zu wahren, erhielten Weltmeister Wladimir Kramnik und seine
Kollegen nur zwei Minuten auf der Uhr, ihre nicht so versierten Gegner aber
fünf. Dennoch reichte den meisten Großmeistern die knappe Bedenkzeit, um die
begeisterten Freunde des königlichen Spiels aus dem Revier reihenweise vom
Brett zu fegen.
Drei Schachfans jedoch hatten einen glücklichen Tag und konnten gewinnen: Der
Mathematik-Doktorand Urs Hackstein (26) vom SK Turm Kleve gegen Arkadij
Naiditsch, der aus Polen stammende Patryk Oliver gegen Boris Gelfand, und der
Dortmunder Alexander Hobusch gegen Baadur Jobava. Peter Leko und Wladimir
Kramnik hängten noch ein paar Partien dran, weil so viele mit ihnen spielen
wollten. Die 16-jährige Natalie Karbeva (Schachfreunde Brackel) konnte den
Champion aber auch nicht überlisten, so wie die anderen Schachfreunde vor
ihr.
Boris Gelfand aus Israel spielt seit 1990 in regelmäßigen Abständen bei den
Dortmunder Schachtagen. Der inzwischen 38-jährige Großmeister stammt aus
Minsk, trat einst für die Sowjetunion und seine Heimat Weißrussland an. Seit
sechs Jahren jedoch besetzt der mehrmalige WM-Kandidat das Spitzenbrett von
Israels Schach-Nationalmannschaft.
„Dass mein Land gerade im Kriegszustand
lebt, ist sehr belastend, aber ich versuche hier, das möglichst zu vergessen
und mich auf mein friedliches Spiel zu konzentrieren“, sagte der
frischgebackene Familienvater, der im Turnier bislang viermal remis spielte.
Gelfand ist mit einer Filmkritikerin verheiratet und seine Tochter Avital
erst zehn Monate alt.
Irina Krush aus den USA ist die Gegnerin von Elisabeth Pähtz im interessanten
Großmeisterinnen-Duell auf der Bühne des Schauspielhauses.
Sie wurde 1985 in
Odessa (Ukraine) geboren. Im Jahre 1988 emigrierte ihre Familie in die
Vereinigten Staaten. Irinas Vater, ein Buchhalter, brachte ihr Schach bei,
als sie fünf Jahre alt war. Die Großmeisterin lebt in New York und beendete
dort im Mai ihre Universitätsausbildung im Fach internationale Beziehungen.
Eine Laufbahn als Diplomatin ist für die Schachsportlerin also ebenfalls
möglich.
Runde 3
An diesem Spieltag des Sparkassen Chess Meetings waren die meisten Augen im
Schauspielhaus auf das Brett von Wladimir Kramnik und Arkadij Naiditsch
gerichtet. Hans-Georg Riepe, Inhaber des Hotels „Drees“, wo die Spieler in
diesem Jahr wohnen, eröffnete das spannende Spiel.
Der Weltmeister aus Moskau führte zum ersten Mal im Turnier die weißen
Steine. Von Beginn an versuchte er, den Vorjahressieger aus Dortmund unter
Druck zu setzen. In der Eröffnung verblüffte Kramnik seinen Gegner mit mehr
als einem halben Dutzend Damenzügen. Schon nach kurzer Zeit hatte er einen
Bauern gewonnen.
Arkadij benötigte für die ersten 12 Züge eine Stunde
Bedenkzeit, so schwierig war seine schwarze Stellung. Dann aber verlor der
Champion etwas den Spielfaden (er hätte im 14. Zug den Turm auf h8 schlagen
können und müssen!), so dass Naiditsch die Partie ausgleichen konnte. Er
gewann den Bauern zurück und brachte seine Figuren in bessere Positionen. Der
interessante Kampf endete im Zug mit einer Punktteilung.
Zu diesem Zeitpunkt
hatten sich Leko von Adams, Jobava von Aronian sowie die Herren Gelfand und
Swidler schon längst remis getrennt.
Kritische Stimmen mehren sich, die von
den Stars etwas mehr Kampfgeist fordern.
Kramnik spielt hier in seinem „Wohnzimmer“ nicht nur um den Turniersieg. Nach
monatelanger Wettkampfabstinenz, die durch Krankheit bedingt war, nutzt er
die diesjährigen Schachtage auch als willkommene Gelegenheit zur Vorbereitung
auf sein WM-Match gegen Weselin Topalow. Das Duell über 12 Partien findet im
September/Oktober in Elista, der Hauptstadt der südrussischen Teilrepublik
Kalmückien, statt. Schon bei der Schacholympiade in Turin zeigte der
31-jährige Moskauer glänzende Form und erzielte das beste Ergebnis aller
Großmeister.
Elisabeth Pähtz hatte am dritten Spieltag wieder Weiß und wollte den Vorteil
des ersten Zuges besser nutzen, was ihr zum Auftakt der internationalen
Schachtage noch nicht gelungen war.
Die ersten Begegnungen der beiden
Schachamazonen hatten remis geendet. Beim Frühstück im Spielerhotel erzählte
die Thüringerin uns, in ihren letzten 70 Wettkampfpartien mit klassischer
Bedenkzeit als Weißspielerin nicht mehr verloren zu haben. Eine Bilanz, vor
der man den Hut ziehen kann. Elli Pähtz zeigte sich denn auch optimistisch
und wertete ihre Statistik als gutes Omen für den weiteren Verlauf des Duells
der Ladies auf der Bühne des Schauspielhauses. In der Partie hatte sie aber
dann mehr Probleme als ihr lieb waren und zeigte sich sehr erleichtert, mit
einem Remis davongekommen zu sein. Vor Freude sprang Elli hinterher ans
Klavier, das im Pressezentrum steht und spielte den türkischen Marsch (Foto!)
Runde 4
Nach vier Runden der internationalen Schachtage in Dortmund liegen Peter Leko
(Ungarn) und Peter Swidler (Russland) weiter gemeinsam vorn. Während die
Spitzenreiter am Mittwoch gegen Baadur Jobava (Georgien) bzw. gegen Wladimir
Kramnik (Russland) jeweils remis spielten, hatte Levon Aronian aus Armenien
die Chance, mit einem Sieg gegen Arkadij Naiditsch zu ihnen aufzuschließen.
Er schaffte es aber trotz großen Stellungsvorteils nicht.
Mit den weißen Figuren überraschte der Weltranglistendritte den Dortmunder in
der Eröffnung mit einem interessanten Bauernmanöver und versuchte danach,
seinen Stellungsvorteil in einen vollen Punkt umzumünzen. Interessante
Vorgeschichte: So spielte Topalow mit Weiß gegen Aronian in Linares und
gewann. Heute war es umgekehrt. Aronian wählte die Eröffnung als Weißer. Das
Spiel war wenigstens ausgekämpft, die anderen Partien nicht unbedingt.
Im A-Open, das im Rathaus stattfindet, führen zur Halbzeit der Internationale
Meister Olaf Heinzel aus München und Vjatscheslav Klyuner (Dortmund) mit je
4,5 Punkten aus fünf Spielen. Dort setzen etwa 200 Spieler in zwei Gruppen
die Figuren. Während die Großmeister im Schauspielhaus am Donnerstag zum
zweiten Mal pausieren, geht der Kampf der Schachamateure in ihrem Turnier
weiter.
Beim Sparkassen Chess Meeting wachen die beiden Schiedsrichter Dr. Andrzej
Filipowicz aus Polen und Alexander Bach aus Russland über die Einhaltung der
Schachregeln während des Spiels.
Filippowicz und Bach
Zum Beispiel muss jeder Großmeister die
ersten 40 Züge in zwei Stunden absolviert haben. Ist seine Bedenkzeit auf der
Uhr vorher abgelaufen, hat er die Partie verloren. Ein Großteil der Spiele
ist nach vier Stunden beendet. Die zweite Zeitkontrolle erfolgt nach sechs
Stunden, eine Partie kann maximal sieben Stunden dauern. Seit Jahren amtieren Filipowicz, der selbst Internationaler Schachmeister ist, und Bach souverän
auf der Bühne des Schauspielhauses. Weil alle Spieler sehr professionell und
fair miteinander umgehen, hat es in Dortmund noch nie Streitfälle gegeben.
Die Schiedsrichter sorgen auch dafür, dass Großmeister und Zuschauer während
der Runde ihre Handys abstellen.
„Kann beim Schach gedopt werden?“, fragte mich ein Zuschauer im Dortmunder
Schauspielhaus. Nicht wirklich, denn was nützen Testosteron und Blutdoping,
wenn vor allem die Gehirnzellen arbeiten müssen? Die Schachtage sind ja nicht
die Tour de France, die sich eher als Pharma-Leistungsschau denn als eine
Sportveranstaltung präsentierte. Übermäßiger Kaffeegenuss während der Partie
stand einige Jahre lang auf dem Index des Weltschachbundes FIDE, worauf die
Großmeister Robert Hübner und Artur Jussupow abwinkten und ihre Dienste in
der deutschen Nationalmannschaft quittierten. Inzwischen ist dieser absurde
Beschluss wieder aufgehoben und Jussupow, der in Dortmund auch schon die
Figuren setzte, kehrte bei der Schacholympiade in Turin in die DSB-Auswahl
zurück. Auch beim Chess Meeting müssen die Großmeister nicht auf ihren Kaffee
verzichten.