Ganz im Geiste von Kortschnoi
Kämpferischer Valentin Dragnev sichert sich den „Viktor“
Viktor Kortschnoi hätte sich gewiss über den unbändigen Kampfgeist gefreut. Die 2016 im Alter von 85 Jahren gestorbene Schach-Legende hätte keinen Deut anders agiert als Valentin Dragnev: Der Österreicher ließ sich von der Auftaktniederlage beim 2. Viktor-Kortschnoi-Memorial nicht beeindrucken und zeigte wie der Namensgeber des Turniers unbändigen Siegeswillen: Der 26-Jährige vermasselte bei dem Großmeister-Turnier in Ostfildern zwar den Start mit einer Schlappe gegen den fast 200 Elo schwächeren Schweizer IM Gabriel Gähwiler und zwei folgenden Remis. Doch hernach war Dragnev, der mit 2547 Elo als Favorit ins Rennen ging, im Schwabenland nicht mehr zu bremsen! Die nächsten fünf Partien gewann er ganz im Geiste des stets vorbildlichen Kämpfers Kortschnoi und trat erst in der Schlussrunde auf die Bremse: Das Remis im neunten Duell gegen den deutschen IM Magnus Ermitsch genügte, um mit komfortablen Vorsprung den Turniersieg abzusichern. Die 6,5/9 sicherten Dragnev die „Viktor“-Trophäe für den Sieger.
In diesem Videokurs untersuchen Experten die Partien von Viktor Kortschnoi. Lassen Sie sich von ihnen zeigen, welche Eröffnungen Kortschnoi wählte, wo seine Stärken im Mittelspiel lagen oder wie er seine Gegner im Endspiel überspielte.
Jussupow freut sich über gelungenes Inklusionsturnier an der Sportschule Ruit
„Dragnev hat schlecht begonnen, aber dann fünf Partien in Serie gewonnen. Er ist ein Kämpfer und passt daher als Sieger zu Kortschnoi“, findet kein Geringerer als der ehemalige WM-Kandidat Artur Jussupow lobende Worte als Ausrichter des Turniers. Zusammen mit seiner Gattin Nadja und der Emanuel-Lasker-Gesellschaft sowie dem Schachverband Württemberg bot die Jussupow-Schachschule sieben Wettbewerbe an der Sportschule Ruit an. Besonders die zweite offene Deutsche Einzelmeisterschaft der Schachspieler mit Behinderung lagen den Jussupows dabei am Herzen. Daran durften alle Spieler teilnehmen, die einen Behinderungsgrad von mindestens 50 aufweisen. „Das war in freundlicher Atmosphäre in Ruit ideal. Die Teilnehmer des Inklusionsturniers konnten so untereinander und mit den Spielern der anderen Wettbewerbe Kontakt knüpfen“, freut sich Artur Jussupow im Rückblick, dass das Rahmenprogramm ebenso sein Scherflein zum Miteinander beitrug.
Alexander Graf kassiert zu viele Niederlagen
Im 2. Viktor-Kortschnoi-Memorial, das Gerhard Köhler als Kortschnoi-Fan und Förderer seiner Kinderschach-Stiftung mit auf den Weg brachte, belegte ein ehemaliger Top-Ten-Spieler Rang zwei: Der Pole Michal Krasenkov wies gleich einen ganzen Zähler Rückstand auf Dragnev auf. Dahinter führt Ermitsch mit Gähwiler das Rudel eines Quartetts mit fünf Punkten an. Eine positive Bilanz erzielten auch der zweite Austro-Meisterspieler Lukas Dotzer und Georg Braun. Während der 31-jährige Bebenhausener damit eine Handvoll Elo hinzugewann, büßte Dotzer mit seinem Resultat knapp vier Elo ein. Enttäuschend schnitt der an Position zwei gesetzte Alexander Graf ab. Die einstige deutsche Nummer eins agierte zwar auch im Geiste Kortschnois gewohnt kampfeslüstern und remisierte lediglich zwei Partien – aber verlor bei drei Siegen gleich vier Begegnungen! Die 4/9 bescherten ihm nur Rang sieben. Letzter wurde der offensichtlich in die Jahre gekommene Zigurds Lanka. Der 65-jährige Lette konnte lediglich die direkt vor ihm liegenden Graf und FM Alfred Nemitz (3,5) bezwingen sowie gegen Großmeisterin Lena Georgescu remisieren. Gegen die sechs Topplatzierten unterlag Lanka durchweg! Die Schweizerin konnte mit drei Punkten immerhin als Neunte die Rote Laterne vermeiden.
Dragnev mehr vom Turnier angetan als von seiner Leistung
Dragnev selbst war zwar vom Turnier selbst sehr angetan: „Es war absolut toll organisiert, wir waren mit den anderen Turnieren zusammen in derselben Halle und die Spielbedingungen waren auf jeden Fall top. Da haben Artur und Nadja und ihr Team wirklich tolle Arbeit geleistet“, reicht der 26-Jährige die Blumen an die Jussupows zurück. „Auch die Unterkunft in der Landessportschule Ruit war sehr schön, die ruhige Lage und guten Zimmer haben es für alle möglich gemacht, sich wohlzufühlen und sich auf das Turnier zu konzentrieren. Auch ein angenehmes Miteinander unter den Teilnehmern war zum Beispiel beim gemeinsamen Abendessen gegeben“, resümiert Dragnev. Weniger überzeugend fand die österreichische Nummer vier seine eigene Darbietung: Aufgrund der verkürzten Zeitkontrolle mit 60 Minuten zu Beginn und weiteren 30 Minuten später (plus 30 Sekunden pro Zug) fand der Bundesligaspieler des FC Bayern München „die Qualität der Partien eher gemischt. Ich habe direkt in der ersten Runde eine klare Gewinnstellung eingestellt, danach aber auch einige Partien gewonnen, in denen ich hätte verlieren können“, räumt Dragnev objektiv ein. Dass es ihm dennoch zu Platz eins reichte, schiebt er auf einen anderen Aspekt: „Das Wichtigste im Turnier war wahrscheinlich eher eine gute Ausdauer zu haben, weil jeden Tag eine Doppelrunde zu spielen, kann schon sehr anstrengend werden.“ Trotz der Selbstkritik traut Jussupow seinem Schützling, den er schon im österreichischen Kader trainierte, zu, dass Dragnev auf über 2600 Elo kommen kann. „Er muss hart arbeiten und an sich glauben!“, gibt der einstige WM-Kandidat dem 26-Jährigen mit auf den Weg.
Endstand
| 1 |
4 |
GM |
Dragnev, Valentin |
AUT |
2547 |
6,5 |
25,8 |
| 2 |
9 |
GM |
Krasenkow, Michal |
POL |
2491 |
5,5 |
23 |
| 3 |
6 |
IM |
Ermitsch, Magnus |
GER |
2409 |
5 |
22 |
| 4 |
7 |
IM |
Gaehwiler, Gabriel |
SUI |
2366 |
5 |
21,8 |
| 5 |
8 |
IM |
Dotzer, Lukas |
AUT |
2472 |
5 |
21 |
| 6 |
10 |
FM |
Braun, Georg Dr. |
GER |
2403 |
5 |
20 |
| 7 |
5 |
GM |
Graf, Alexander |
GER |
2520 |
4 |
17,3 |
| 8 |
3 |
FM |
Nemitz, Alfred |
GER |
2299 |
3,5 |
15,3 |
| 9 |
1 |
WGM |
Georgescu, Lena |
SUI |
2204 |
3 |
14 |
| 10 |
2 |
GM |
Lanka, Zigurds |
LAT |
2334 |
2,5 |
9 |
Partien
Mario Born gewinnt Inklusionsturnier vor Sergej Salov
Im Inklusionsturnier setzte sich ein bekannter Organisator durch: Mario Born.

Nachdem er bei der ersten Auflage 2024 in Augsburg „sehr bescheiden auftrat mit Platz acht“ peilte der Macher des Böblinger Opens heuer eine Medaille an. Der starke Senioren-Spieler war einer der wenigen Teilnehmer aus dem Raum Stuttgart, musste doch auch Born 275 Euro an Startgeld bezahlen, obwohl er Heimschläfer war, sprich die dazugehörigen Übernachtungen in der Sportschule Ruit nicht nutzte. Zu sehr grämte sich Born allerdings deswegen nicht, preist er doch die Verpflegung vor Ort an – und „noch besser waren die Grillabende vom gewohnt umtriebigen Bernhard Jehle“.
An dem Inklusionsturnier nahmen 24 Spieler teil, was eine leichte Steigerung zum Vorjahr bedeutet. Den Grundstein zum Sieg legte Born nach drei Auftaktsiegen in der vierten Runde. Den Internationalen Meister und mehrfachen Gehörlosen-Weltmeister Sergej Salov überraschte der Böblinger dank der Vorbereitung seines Mannschaftskameraden David Ortmann. Salov irritierte, dass Born erstmals Sizilianisch wagte. So bot der IM nach elf Zügen Remis an. Born ließ sich nicht lange bitten, hatte er hernach doch „immer noch einen halben Punkt Vorsprung“. Diesen brachte der Oberligaspieler ins Ziel. Mit 6,5/7 landete er vor Salov. Der Lübecker gab bereits in Runde zwei ein weiteres Remis gegen David-Andrei Valean ab. Der Außenseiter vom SK 1933 Bad Neustadt sicherte so mit fünf Punkten Rang drei. Born freute sich über dreierlei: Zum einen über „das gelungene Debüt vom Jochen Braun, dem langjährigen Präsidenten des VfL Sindelfingen, nach überstandener schwerer Operation“. Braun wurde Siebter mit vier Zählern. Zudem holte der zwölfjährige Kieler Rollstuhlfahrer Max Knudsen nicht nur drei Punkte – sondern meldete sich für Borns Leib- und Magenturnier, das 41. Böblinger Open, an, weil das Spielhotel behindertengerecht eingerichtet ist. Zum anderen empfand der Turniersieger „die Atmosphäre bei diesem Inklusionsturnier bemerkenswert. So habe ich das noch nicht erlebt!“ Als „gute Seele“ lobte Born Gert Schulz, „der alles organisierte und im Hintergrund die Fäden zog. Dass er alles so super hinbekommt trotz seines minimalen Sehvermögens ist unfassbar“, nötigt das dem Böblinger „Respekt ab vor diesem tollen Menschen“. Dass ein DSB-Referent ein überschwängliches Lob gezollt bekommt, ist angesichts weit verbreiteter übertriebener Nörgelei selten. Schulz begründet sein Engagement für das Inklusionsturnier: „Das ist für mich und Familie Jussupow ein Herzensprojekt!“
Born nimmt nächstes Jahr glücklicherweise nur als Zuschauer teil
Born hofft, dass die Schachverbände auch künftig „Veranstaltungen wie diese unterstützt“! Und das obwohl er nächstes Jahr glücklicherweise nicht mehr mitspielen darf: Sein Behinderungsgrad läuft ab. „Im nächsten Jahr bin ich daher gerne als Zuschauer dabei“, betont Born abschließend.
Babiy gewinnt deutschen Schnellschach-Titel hauchdünn
Gut besetzt neben dem GM-Turnier waren auch die Frauenturniere in Ruit: Die deutsche Schnellschach-Meisterschaft sicherte sich hauchdünn Olga Babiy. Die Großmeisterin des Bundesligisten Bad Königshofen unterlag zwar in Runde sieben Lara Schulze (Werder Bremen). Doch weil Babiy die beiden anderen Großmeisterinnen im Feld, Carmen Voicu-Jagodzinsky (Hemer) und Kateryna Dolzhykova (Oberursel), schlug kam sie wie Schulze nach neun Runden auf 7,5 Punkte. Die Feinwertung entschied mit 49,5 Buchholz um einen halben Zähler zugunsten von Babiy. Schulze hatte bereits in der zweiten Runde gegen Diana Skibbe (Zeulenroda) den Kürzeren gezogen und ansonsten nur gegen die drittplatzierte Voicu-Jagodzinsky (6,5) remisiert. Mit Rang vier musste sich Dolzhykova vor Skibbe (beide 6) bescheiden.
Souveräner entschied Babiy die internationale offene Deutsche Frauen-Einzelmeisterschaft: Die Bad Königshofenerin startete fulminant mit sechs Siegen. Nach einem Remis gegen Voicu-Jagodzinsky stand ihr Sieg außer Frage. Mit 8/9 deklassierte die 36-jährige gebürtige Ukrainerin den Rest des 18-köpfigen Feldes. Mit 6,5 Punkten folgte ein Quartett, das die Bielefelderin Helena Neumann anführte vor der Polin Elena Krasenkowa, der Karlsruher Turnierüberraschung Mara Haug und Voicu-Jagodzinsky. Das offene württembergische U25-Turnier sicherte sich Yibo Zhang (Stuttgart-Wolfsbusch) mit 7/9.
Laudatio von Gerhard Köhler
Überreichung des Viktor
Meine Name ist Gerhard Köhler. Im Auftrag der Emanuel-Lasker-Gesellschaft überreiche ich im Rahmen des Inklusions-Festivals „Württembergischer Schachsommer“ dem Sieger des 2. Viktor-Kortschnoi-Memorial den Ehrenpreis Viktor.
Zunächst möchte ich Artur und Nadja Jussupow mit ihrem Team für die erfolgreiche Organisation des Turniers danken und für ihre Schachschule alles Gute wünschen.

Von links: Hans Brugger, Dr. Gerhard Köhler, Valentin Dragnev, Artur Jussupow (Foto Lea Brandl)
Mit dem Turnier haben die beiden jungen Talenten die Chance auf GM- oder IM-Normen verschafft.
Ich durfte Viktor von 2012 bis 2016 als über 80-jährigen persönlich erleben, wie er im Rollator und dann im Rollstuhl sitzend das Schachspiel liebte und bis zum Schluss mit mir unzählige Blitzpartien spielte. Nach dem Blättchenfall spielten wir interessante Stellungen bis zum Schluß weiter.
In den 70er Jahren bewunderte ich als Teennager die Kampfkraft und den Willen von Viktor, um den Sieg zu kämpfen.
In Gedenken an den großen Viktor Kortschnoi überreiche ich dem Sieger des 2. Viktor Kortschnoi Memorials den Ehrenpreis „Viktor“ an GM Valentin Dragnev. und wünsche weiterhin große Erfolge!
Überreichung „Vera“
Im Auftrag der Emanuel-Lasker-Gesellschaft überreiche ich im Rahmen des Inklusions-Festivals „Württembergischer Schachsommer“ der Siegerin den Ehrenpreis Vera.
Der Preis ist nach der ersten Schachweltmeisterin Vera Menchik benannt, die unter tragischen Umständen im Zweiten Weltkrieg Opfer eines deutschen Luftangriffs in London geworden ist. Jennifer Shahade hat dem Frauenschach gerade in dem gelungenen Buch „Chess Queens“ literarisch ein Denkmal gesetzt. Natürlich ist Vera Menchik darin ein eigenes Kapitel gewidmet.
Zunächst möchte ich Artur und Nadja Jussupow mit ihrem Team für die erfolgreiche Organisation des Turniers danken und für ihre Schachschule alles Gute wünschen.

Von links Artur Jussupow, Dr. Gerhard Köhler, Nadja Jussupow, Dan-Peter Poetke (Foto Lea Brandl)
Die Lasker-Gesellschaft unterstützt Schach als Kultur- und Bildungsgut und insbesondere das Frauenschach, deren Anteil im Deutschen Schachbund von derzeit 10% erheblich gesteigert werden sollte. Andere Sportarten haben einen Frauenanteil von 39%.
Ich vertrete auch die Schachstiftung GK, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, den Kindern ab 4 Jahren die Grundzüge des Schachspiels über die Erzieherinnen und Erzieher in Kitas, Horte und Grundschulen zu vermitteln und die altersübergreifende Kommunikation zwischen jung und alt zu fördern.

Siegerehrung Kinderturnier U10 und U12 (Foto Biserka Brender)
Deshalb freue ich mich, dass neben dem Frauenturnier, Turniere für Schachspieler mit Behinderung und Freunde der Inklusion auch das Tigersprung Turnier für Kinder U10 und U12 sowie eine Familienwertung stattgefunden hat.
Dritter Platz Familienwertung: links Dr. Anita Just (Tochter von Dr. Gabriele Just und rechts Joachim Just (87),
Den Ehrenpreis „Vera“ überreiche ich WGM Olga Babiy und wünsche noch viele schachliche Erfolge!

Dr. Gerhard Köhler und Olga Barbiy bei der Überreichung „Vera“ (Foto Lea Brandl)
https://www.schachbund.de/inklusionsfestival-wuerttembergischer-schachsommer.html