Dreev gewinnt größtes Open in Italien

von ChessBase
20.08.2018 – Mit über 300 Teilnehmern gehörte das Open von Spilimbergo im Friaul quantitativ zu den größten Schachturnieren in Italien. Zuletzt gab es 2009 eine so hohe Teilnehmerzahl bei Turnier. Aber auch qualitativ war das Open gut besetzt Alexey Dreev gewann mit 7,5 aus 9. Ein Bericht von Gerhard Bertagnolli. | Fotos: Gerhard Bertagnolli

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GM Aleksey Dreev gewinnt Turnier von Spilimbergo

304 Teilnehmer bei einem Turnier sind für deutsche Verhältnisse nichts ungewöhnliches, in Italien musste man allerdings seit dem Jahr 2009 warten, bis wieder eine so hohe Teilnehmerzahl erreicht werden konnte. Geschehen ist dies beim 16.  Schachfestival von Spilimbergo im Friaul. Doch nicht nur quantitativ konnte das Turnier überzeugen, auch qualitativ war es eine Augenweide. GM Aleksey Dreev (Russland) konnte am Ende der 9 Runden als einziger 7,5 Punkte erreichen und gewann verdient. 

Spilimbergo – wo ist das?

Bekannte Städte sind sicherlich andere. Wird ein Turnier in Spilimbergo angekündigt, so fragt sich wohl der Großteil der Leser, in welchem Land dies wohl liegt. Die italienische Kleinstadt Spilimbergo (knapp 12.000 Einwohner) liegt in der Region Friaul-Julisch-Venetien (im Nordosten Italiens). Bekannt ist die Stadt vor allem für ihren gotischen Dom und die Mosaik-Schule. Das Institut stellt Mosaiken her, die Flughäfen, Universitäten, königliche Paläste und Kathedralen dekorieren.

Die Mosaikschule | Google Streetview

Organisation des 16. Schachfestivals

Ein rühriger Schachklub trägt seit 16 Jahren ein Schachfestival aus, das Jahr für Jahr wächst: stets um „Ferragosto“ (= italienische Bezeichnung des Feiertags, der auf den 15. August fällt) organisiert der Klub ein Turnier für Teilnehmer aus Nah und Fern. Dem Team um den rührigen Präsidenten, Andrea Bisaro, gelang es dieses Jahr neben dem zahlreichen „normalen“ Schachvolk, nicht weniger als 13 Großmeister, 20 Internationale und 16 FIDE-Meister anzulocken, welche um den eher bescheidenen Preisfond von 5.000 Euro kämpften. Neben dem „Master“-Open (9 Runden und somit mit Möglichkeiten auf internationale Normen) mit 94 Teilnehmern gab es auch noch die Turniere A, B und C mit jeweils 7 Runden, welche in Summe weitere 210 Teilnehmer anzogen. Insgesamt 19 Nationen umfasste das Turnier. Mit 86% der Teilnehmer waren die Italiener naturgemäß zahlenmäßig am meisten präsent. Die weibliche Präsenz hielt sich mit 11% im Rahmen der Erwartungen.

Der top gesetzten Spieler: GM Etienne Bacrot (Frankreich), Elo 2699

Elo 2657 schwer: GM Liviu-Dieter Nisipeanu (Deutschland) – Nummer 2 der Setzliste

Für das Master-Turnier standen 9 Runden in 6 Tagen auf dem Programm, somit bedeutete dies 3 Doppelrunden für die Teilnehmer dieses Turniers.

Aufgrund der Doppelrunden war die Bedenkzeit mit 90 Minuten plus 30 Sekunden pro Zug die kürzest mögliche. Die ersten 16 Bretter des Master-Turniers wurden live übertragen.

Der Turnierverlauf des Master-Turniers

In der ersten Runde während der üblichen Begegnungen von David gegen Goliath gab es auf den ersten 9 Brettern jeweils Favoriten-Siege. Dahinter gab es einige  überraschende Unentschieden.

In Runde 2 musste einer der Favoriten, GM Marin Bosiocic (Kroatien) auch in ein Unentschieden gegen FM Alessandro Santagati (Italien) einwilligen.

Nach der dritten Runde lagen drei GM mit jeweils 3 Punkten vorne: Baadur Jobava (Georgien, Startrang 3), Aleksey Dreev (Russland, 4) und Jure Borisek (Slowenien, 6). Erwartete man sich auf Brett 1 im Kampf Dreev-Jobava ein schnelles Figurenschieben und entsprechendes Unentschieden, so wurden die Zuschauer eines Besseren belehrt: Es kam zu einem tollen Spiel, wobei es gegen den 40. Zug wieder zu verflachen drohte und ein Remis als ehest mögliches Resultat schien (Dreev zwar mit Mehrbauer, aber in haltbarer Stellung)… bis Jobava überraschend die Zeit kurz danach überschritt. Er meinte zunächst, dass nach Ablauf der Grundbedenkzeit und Erreichen des 40. Zuges eine Zeitgutschrift von 30 Minuten erfolgt, was allerdings in diesem Turnier nicht vorgesehen war! Das kuriose daran: er war es selbst, der vor dem Beginn der 1. Runde bei den Schiedsrichtern vorsprach und die hier verwendete „kurze Bedenkzeit“ lobte!

Spitzenkampf Runde 3: GM Baadur Jobava (links) gegen GM Aleksey Dreev

Nach der vierten Runde führte nur noch Dreev mit der vollen Punktezahl vor GM Jure Borisek, GM Sabino Brunello (Italien) und IM Venkataraman Karthik (Indien).

Zwei Remis an den vordersten Brettern hätte den Verfolgern die Möglichkeit gegeben, wieder Boden gut zu machen. Der Setzlisten-Erste GM Etienne Bacrot (Frankreich) kam allerdings nicht über ein Remis hinaus gegen IM Pier Luigi Basso (Italien) und dem unglücklichen Verlierer von Runde 3, GM Jobava, erging es noch schlechter: zunächst wich er einem Dauerschach gegen IM Francesco Sonis (Italien) aus, um danach sogar eine Doppel-Null an diesem Tag anschreiben zu lassen. Für einen der Turnierfavoriten sicherlich eine herbe Enttäuschung, welche er entsprechend zur Kenntnis brachte.

Nach der sechsten Runde konnte zwar immer noch Dreev mit 5 Punkten die Führung behalten, allerdings jetzt mit gleicher Punktezahl wie Borisek. Dahinter lagen gleich 7 Spieler mit 4,5 Punkten in Lauerstellung.

In der 7. Runde konnte Dreev die alleinige Führung wieder an sich reißen, welche er in der 8. Runde durch einen weiteren Sieg weiter festigen konnte.

GM Aleksey Dreev (Russland)

Top-Favorit Bacrot verabschiedete sich mit einer Niederlage gegen IM Nichita Morozov (Moldawien) – Zeitüberschreitung in allerdings schon schwieriger, aber vielleicht haltbarer Stellung – endgültig von den Spitzenplätzen.

Vor der letzten Runde führte Dreev (7 Punkte) vor Bosiocic (6,5) und weiteren 3 Spielern mit 6 Punkten: Nisipeanu, Morozov und Basso.

In der letzten Runde führte Basso gegen Bosiocic eine schnelle Verflachung des Spieles herbei, was ihm zum Remis und somit zum Erreichen seiner dritten und somit letzten GM-Norm brachte. Daraufhin bot Dreev an Brett 1 auch Remis an. Morozov hätte zwar mit einem Sieg auch eine GM-Norm geschafft, aber er sah es ein, dass kein Sieg möglich war, stimmte der Punkteteilung zu und somit war der Turniersieg von GM Dreev klar.

Auf Brett 3 kam Nisipeanu zu einem Schwarz-Sieg gegen Jobava, was ihm noch Rang 2 vor Bosiocic (Dritter) und Basso (Vierter) einbrachte.

Für die Favoriten Bacrot und Jobava sicherlich ein enttäuschendes Turnier, doch Kampfgeist kann man ihnen nicht abschlagen.

Neben IM Basso konnte auch der Inder Karthik seine letzte GM-Norm erzielen. Zudem erspielte sich FM Desiree De Benedetto (Italien) ihre erste WGM-Norm.

Auch weitere zwei Spieler hatten bis zuletzt die Chance auf die GM-Norm, verfehlten dieses Ziel aber durch fehlende Siege in der letzten Runde.

IM Pier Luigi Basso, ein neuer GM für Italien

Auch Indien mit einem neuen Großmeister: IM Venkataraman Karthik

 

Endstand

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Dreev Aleksey 7,5 46,5
2 Nisipeanu Liviu-Dieter 7,0 46,5
3 Bosiocic Marin 7,0 46,0
4 Morozov Nichita 6,5 44,0
5 Basso Pier Luigi 6,5 43,5
6 Lodici Lorenzo 6,5 42,0
7 Mesaros Florian 6,5 42,0
8 Brunello Sabino 6,0 45,5
9 Karthik Venkataraman 6,0 45,0
10 Krysa Leandro 6,0 43,0
11 Korpa Bence 6,0 40,5
12 Borisek Jure 5,5 50,0
13 Jobava Baadur 5,5 48,0
14 Bacrot Etienne 5,5 45,5
15 Krishna C R G 5,5 45,0
16 Sonis Francesco 5,5 44,0
17 Godena Michele 5,5 43,5
18 Skoberne Jure 5,5 43,5
19 Altini Nicola 5,5 42,0
20 Tarun V Kanth 5,5 40,5
21 Rahul Srivatshav P 5,5 40,0
22 Borgo Giulio 5,5 40,0
23 Gallana Marco 5,5 36,5
24 Aghayev Miragha 5,0 45,5
25 Rombaldoni Denis 5,0 45,0
26 Alonso Garcia Rene Marcial 5,0 45,0
27 Solomon Kenny 5,0 43,0
28 Di Benedetto Desiree 5,0 43,0
29 Vezzosi Paolo 5,0 42,0
30 Collutiis Duilio 5,0 40,5

Partien

 

 

Erzielten Normen: GM-Norm für Basso, WGM-Norm für Desiree De Benedetto, GM-Norm für Karthik

IM Francesco Sonis (Italien) verlor in Runde 9 und verpasste somit die GM-Norm

IM Zivojin Ljubisavljevic (Serbien), Sieger des A-Turniers

Der Organisator Andrea Bisaro lies es sich nicht nehmen, selbst am Brett Platz zu nehmen.

Die 17. Auflage wird 2019 wiederum um „Ferragosto“ über die Bühne gehen. Sicherlich auch eine gute Möglichkeit für weitere Spieler aus Deutschland, diese für Deutsche eher unbekannte Gegend kennenzulernen und mit einem Schachturnier zu kombinieren.

Turnierseite...

Flyer (Ausschreibung)...

Ergebnisse bei Chess-results...


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