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Runde 3: Regel und Gegenregel
Das erste Remis der dritten Runde stand schon nach 20 Minuten fest.
Nisipeanu-Kamsky spielten eine bekannte Variante der Italienischen
Partie, die zu einem Remis durch Zugwiederholung führt.
Bedenkt man Nisipeanus unglücklichen Turnierstart ist sein Wunsch nach einem schnellen Remis absolut nachvollziehbar. Nach der Partie meinte er: “Ich musste den Dingen Einhalt gebieten und will morgen neu ins Turnier starten.“ Mit Schwarz hatte Kamsky ebenfalls nichts gegen ein schnelles Remis einzuwenden.
Aber was ist mit den Turnierregeln, die schnelle Remis verbieten? Nun, zu jeder Regel gibt es eine Gegenregel! Zugwiederholung gilt im Schach immer noch und so können die Spieler jederzeit Remis machen.
In Ivanchuk-Gelfand erwies sich Russisch einmal mehr als betonsolide.
Der Ukrainer wählte eine relativ harmlose Variante, in der er eine Verbesserung im Sinn hatte, aber an der Stellungsbewertung änderte sie nichts. Die Partie war die ganze Zeit ausgeglichen und im 37. Zug einigten sich die Spieler auf Remis, ein Ergebnis, das bereits nach dem 18. Zug mehr oder weniger feststand.
In der Partie Radjabov-Shirov triumphierte die Verteidigung.
Shirov entschied sich für die Grünfeld-Verteidigung, doch nach der Eröffnung hatte Weiß großen Vorteil. “Ich muss irgendetwas verwechselt haben“, meinte Shirov nach der Partie. Während der weiße Vorteil mit jedem Zug größer wurde, verbrauchte Shirov auch fast seine gesamte Bedenkzeit. “Natürlich sollte Weiß eigentlich vollkommen auf Gewinn stehen”, meinte Radjabov anschließend. Shirov: “Ich dachte, es sei aus und hatte innerlich praktisch schon aufgegeben, aber irgendwie enthielt die Stellung immer irgendwelche Verteidigungsressourcen.” Radjabov entschied sich für eine Variante, in der der schwarze Springer keine Felder mehr hatte, aber überraschenderweise reichte das nicht zum Gewinn. Eine dramatische Partie und eine phantastische Rettung für Shirov.
Nisipeanu - Kamsky
Kings' Tournament Bazna (3), 16.06.2009
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lc4 Lc5 4.c3 Sf6 5.d4 exd4 6.cxd4 Lb4+ 7.Ld2 Lxd2+ 8.Sbxd2 d5 9.exd5 Sxd5 10.Db3
10...Sa5 11.Da4+ Sc6 12.Db3 Sa5 13.Da4+ Sc6 14.Db3 Sa5 15.Da4+ Sc6 16.Db3 ½–½
In meiner Datenbank habe ich 75 (!) Partien gefunden, die so verlaufen sind. Etliche Spieler finden die weiße Stellung so attraktiv, dass sie diese Variante in ihrer Karriere wiederholt angewendet haben.
Ivanchuk,Vassily -
Gelfand,Boris
Kings' Tournament Bazna (3), 16.06.2009
1.e4 e5 2.Sf3 Sf6 3.Sxe5 d6 4.Sf3 Sxe4 5.Ld3
Diese Variante steht in dem Ruf, zu ruhigen Stellungen zu führen, und die vorliegende Partie hat an dieser Einschätzung nichts geändert.
5...Sf6 6.0–0 Le7 7.c3 0–0 8.Lc2 Lg4 9.d4 Sbd7 10.Sbd2 Te8
11.Sc4
Ivanchuks Mini-Verbesserung dieser harmlosen Variante. Weiß verzichtet auf h2-h3 und bringt den Springer mit Tempogewinn nach f5. In der Praxis wurde zuvor meistens 11.h3 gespielt.
11...Lh5 12.Se3 Lf8 13.Sf5 c6 14.a4 d5
Der Springer auf f5 ist das Einzige, was Weiß in dieser Stellung vorweisen kann. Da die Bauernstruktur jedoch symmetrisch ist und Schwarz überhaupt keine Schwächen hat, ist die Stellung trotzdem ausgeglichen.
15.Lf4 Se4 16.Sg3
Da der schwarze Springer e4 ebenfalls stark ist, tauscht Ivanchuk ihn ab.
16...Lg6 17.Te1 Ld6 18.Lxd6 Sxd6 19.Txe8+ Dxe8 20.h4 f6 21.Lxg6 hxg6 22.a5 Sf8 23.Dc2 Dd7 24.Sf1 Te8 25.Se3 a6 26.g3 Dh3 27.Te1 Te4 28.Dd3 Sf5 29.Sg2 Txe1+ 30.Sfxe1 Dg4 31.Sc2 Sd6 32.Sce3 Df3 33.Dc2 Kf7 34.Sf4 Se4 35.Sf1 Sd6 36.Db3 Se6 37.Sd2
Nach 37...Dg4 38.Sxe6 Kxe6 39.Kf1 f5 ist es Schwarz, der über eine leichte Initiative verfügt. ½–½
Radjabov,Teimour -
Shirov,Alexei
Kings' Tournament Bazna (3), 16.06.2009
1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 d5 4.Lg5 Se4 5.Lh4 c5 6.cxd5 Sxc3 7.bxc3 Dxd5 8.e3 Lg7 9.Sf3 Sc6 10.Le2 cxd4 11.cxd4 e5 12.dxe5 Da5+ 13.Dd2 Dxd2+ 14.Kxd2 Sxe5 15.Tab1 0–0 16.Sd4
16...Sd7
Ein neuer Zug. Nach der Partie erklärte Alexey, dies sei der einzige Zug, mit dem Schwarz kämpfen könne, und dass Schwarz in allen anderen Varianten klar schlechter steht. Seiner Meinung nach führt der hier am häufigsten gespielte Zug 16...Sc6 nach 17.Sxc6 bxc6 zu einer "für Schwarz strategisch verlorenen Stellung". Tatsächlich steht der weiße Vorteil hier außer Frage, auch wenn es nicht so einfach ist, ihn in einen ganzen Punkt zu verwandeln.
17.Thc1 Lxd4
Shirov verwarf 17...Sb6 wegen 18.Tb4, mit der Idee a4-a5 mit starkem Druck.
18.exd4 Sb6 19.Lf3 Le6 20.a4
20.Lxb7 Tab8 21.Lc6 war eine gute Alternative.
20...Sc4+ 21.Kd1 Sa5 22.Tb5 Sb3 23.d5 Sxc1 24.dxe6 Tac8
Die kritische Stellung. Weiß verfügt über Reihe attraktiver Möglichkeiten.
25.Lxb7
Die Alternative 25.e7 Tfe8 26.Txb7 Kg7 (26...a5 27.Td7 Sb3 28.Td8 Kg7 29.Txe8 Txe8 30.Lc6 mit Gewinn) 27.a5 mit der Idee 27...a6 28.Tb6 führt ebenfalls zu einer fast gewonnenen Stellung.
25...Tc4 26.Le7 fxe6 27.Lxf8 Kxf8 28.Lf3 Tc7 29.Kd2 Sa2
30.Tb3
Schneidet den Springer ab und sieht logisch aus, aber Weiß kann den Springer nicht fangen. Shirov fürchtete 30.Tb2 und tatsächlich steht Schwarz nach 30...Sc3 31.Tc2 Black vor einer sehr unangenehmen Wahl. Zum Beispiel: 31...Sd5 32.Lxd5 Td7 (32...Txc2+ 33.Kxc2 exd5 34.Kd3 Ke7 35.Kd4 Kd6 36.f4 a5 37.g4 ist einfach gewonnen für Weiß) 33.Ke3 exd5 34.Kd4 mit einem sehr schwierigen Turmendspiel.
Vielleicht ist 31...Sb1+ das Beste, obwohl Schwarz nach 32.Kd3 Td7+ 33.Ke3 auch dann am Rande einer Niederlage steht, denn der Springer steht auf b1 schlechter als auf a2 wie in der Partie.
30...Ke7 31.a5
31.Le4 a5 32.Lb1 Sb4=
31...Kd6
Shirov hatte für die noch verbleibenden neun Züge weniger als zwei Minuten (es gab keinen Zeitaufschlag), aber jetzt kann Schwarz die Stellung halten und Shirov gelang das auch.
32.a6 Kc5 33.Tb7 Kd6 34.Tb3 Kc5 35.Tb7 Kd6 36.Lg4 e5 37.Le6
Hier einigten sich die Spieler auf Remis. Nach 37... Sb4 38.Txb4 Kxe6 ist die Stellung vollkommen ausgeglichen. ½–½