Ein Ausnahmetalent: Arthur Dake (* 8. April 1910 – † 28. April 2000)

von Johannes Fischer
08.04.2020 – Arthur Dake war ein außergewöhnliches Schachtalent. Nach heutigen Maßstäben lernte er Schach erst relativ spät, mit 17, aber nur vier Jahre später, mit 21, gewann er mit der Mannschaft der USA bei der Schacholympiade 1931 in Prag die Goldmedaille. Heute, am 8. April 2020, jährt sich Dakes Geburtstag zum 110. Mal. | Foto: Arthur Dake, stehend, Zweiter von links, schaut Alexander Aljechin (links) und Isaac Kashdan beim Blitzen zu. Links neben Dake steht José Araiza, rechts stehen Reuben Fine and Sammy Reshevsky. | Foto: 1859 Oregon's Magazine

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Arthur Dake: Eine Schachkarriere

Dakes Vater stammte aus Polen und arbeitete in Portland als Werftarbeiter, seine Mutter kam aus Norwegen. Die Familie war arm, die Verhältnisse angespannt. Mit 16 verließ Dake sein Elternhaus und heuerte bei der Handelsmarine an, was ihn in den folgenden Jahren nach China, in die Sowjetunion, auf die Philippinen und in andere Länder führte.

Im Spätsommer 1929 kam er nach New York, mit nicht mehr "als einem Seesack über der Schulter, und dem Ehrgeiz, die größten Meister der großartigsten Stadt der Erde kennenzulernen und zu besiegen", wie es sein Freund Arnold Denker formulierte. (Arnold Denker und Larry Parr, "An American Original", in A. Denker und L. Parr: The Bobby Fischer I Knew..., Hypermodern Press 1995, S. 221).

In New York lernte er Kenneth Grover kennen, einen ausgezeichneten Damespieler. Mit Grover zusammen errichtete er einen Schach- und Damestand, um gegen Passanten um geringe Beträge Schach und Dame zu spielen.

Doch die Wirtschaftskrise in den USA machte diesem Unternehmen ein Ende und Dake und Grover versuchten, über die Runden zu kommen, indem sie private Pokerrunden organisierten. Aber eines Tages wurde ihre Pokerrunde von Gangstern überfallen und danach beendeten Dake und Grover auch dieses Geschäft.

Doch Schach hatte Dake auch in Zeiten großer wirtschaftlicher Not immer leidenschaftlich gespielt und nach seiner Ankunft in New York stieg er innerhalb kürzester Zeit einem der besten Spieler der USA auf. So brachte er bei einem Turnier in New York 1931 brachte er sogar Ex-Weltmeister José Raúl Capablanca, der in seiner gesamten Turnierlaufbahn nur 36 Partien verloren hatte, an den Rand einer Niederlage.

 
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1.Nf3 Nf6 2.c4 c6 3.d4 d5 4.Nc3 dxc4 5.a4 Bf5 6.Ne5 Nbd7 7.Nxc4 Qc7 8.g3 e5 9.dxe5 Nxe5 10.Bf4 Nfd7 11.Bg2 f6 12.0-0 Be6 13.Nxe5 fxe5 14.Be3 Bc5 15.Ne4 Bxe3 16.fxe3 0-0-0 17.Ng5 Nf6 18.Qc2 Bg8 19.Rad1 Rxd1 20.Rxd1 h6 21.Nf3 e4 22.Nd2 Bh7 23.Nc4 Rd8 24.Rd4 c5 25.Rxd8+ Kxd8 26.Bh3 g5 27.Qc3 Ke7 28.Qe5+ Qxe5 29.Nxe5 Capablanca galt als großer Endspielspezialist, aber dieses Endspiel ist besser für Schwarz, wie Dake im weiteren Verlauf der Partie demonstriert. Bg8 30.a5 Kd6 31.Ng4 Nxg4 32.Bxg4 Be6 33.Bh5 c4 34.Bg6 Bd5 35.Kf2 Kc5 36.Ke1 Kb4 37.Kd2 c3+ 38.bxc3+ Kxa5 39.c4 Bc6 40.Kc3 Ka4 41.Bf7 Ka3 42.c5 Ka4 43.Kc4 b5+ 44.cxb6 axb6 45.Bg6 Ka3 46.Kd4 Kb3 47.h4 Kc2 48.hxg5 hxg5 49.Bf5 Kd2 50.g4 Kxe2? Nach der Partie verriet Capablanca, dass er bereits kurz davor stand, aufzugeben, aber durch sein schnelles und impulsives Spiel verdirbt Dake die Partie sogar noch zum Verlust. Nach 50...b5 51.Kc5 Ba8 52.Kd4 Oder 52.Kxb5 Kxe2 53.Kc4 Kxe3 und Schwarz gewinnt. 52...Kxe2 steht Schwarz auf Gewinn. 51.Bxe4 Be8 52.Bf5 Kf3 53.e4 Kf4 54.e5 b5 55.e6 Bc6 56.Bg6 b4 57.Kc5 Ba4 58.Kxb4 Bc6 59.Kc5 Ba4 60.Bh5 Ke5 61.e7 1–0
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Capablanca,J-Dake,A-1–01931D17New York International4

Partien wie diese und eine Reihe guter Ergebnisse bei Turnieren in den USA führten dazu, dass Dake in die Nationalmannschaft der USA berufen wurde, und bei der Schacholympiade 1931 in Prag mitspielen durfte. Er erzielte am dritten Brett 8,5 Punkte aus 14 Partien.

Nach seiner Rückkehr in die USA verdiente Dake seinen Lebensunterhalt weiter mit Schachspielen und bestritt zahlreiche Turniere und Simultanpartien. Seine bekannteste Partie gelang ihm 1932 bei einem Turnier in Pasadena: er besiegte den amtierenden Weltmeister Alexander Aljechin.

 
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1.e4 c6 2.d4 d5 3.exd5 cxd5 4.c4 Nf6 5.Nc3 Nc6 6.Nf3 Be6 7.c5 g6 8.Bb5 Bg7 9.Ne5 Qc8 10.Qa4 Bd7 11.0-0 0-0 12.Bf4 a6 13.Bxc6 bxc6 14.Rfe1 Nh5 15.Bd2 Ra7 16.Re2 Be8 17.Rae1 f5 18.Nf3 Nf6 19.Rxe7 Rxe7 20.Rxe7 f4 21.Bxf4 Ne4 22.Be5 Bh6 23.Nxe4 dxe4 24.Ng5 Qf5 25.Qb3+ Bf7 26.Nxf7 Rxf7 27.Rxf7 Qxf7 28.Qb8+ Qf8 29.d5 e3 30.f4 Qxb8 31.Bxb8 Kf7 32.dxc6 Ke8 33.b4 g5 34.g3 gxf4 35.gxf4 Kd8 36.a4 Kc8 37.Bd6 Bg7 38.Kf1 1–0
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Dake,A-Alekhine,A-1–01932B13Pasadena

1933 gewann Dake bei der Olympiade in Folkestone zum zweiten Mal Gold mit der Mannschaft der USA und holte dabei am vierten Brett 10 Punkte aus 13 Partien. Die dritte Goldmedaille folgte zwei Jahre später, bei der Schacholympiade in Warschau 1935. Hier gelang Dake sein bestes Olympiaergebnis: er holte am vierten Brett 15,5 Punkte aus 18 Partien.

Die Olympiade in Warschau erwies sich auch noch aus einem anderen Grunde als wichtig für Dake: auf der Rückfahrt in die USA lernte er seine spätere Frau Helen Girard kennen. Später schilderte er diese Begegnung so:

"Ich traf die 26-jährige Helen Gerwatowski in der Pause einer Filmvorführung an Bord. Helen fuhr nach einem Besuch in Polen in die USA zurück, hatte sich umgedreht und mich angelächelt. Das ist alles. Etwa sechs Wochen später, nach einer stürmischen Romanze, heirateten wir am 14. November 1935. ... Ich habe mich auf den ersten Blick in Helen verliebt, aber konnte mir damals kaum vorstellen, dass sie wie eine Blüte, die immer blüht, mit den Jahren immer weiter reifen und sich vervollkommnen würde." (The Bobby Fischer I Knew..., S. 231)

Die stürmisch begonnene Ehe hielt 58 Jahre lang, bis zum Tod von Helen.

Schon bald nach der Heirat, 17. April 1938, kam Helens und Arthurs Tochter Marjorie zur Welt und Dake suchte nach einem geregelteren Einkommen. Er spielte nur noch sporadisch Schach und arbeitete unter anderem als Tankwart, Versicherungsvertreter, Militärpolizist und Fahrprüfer. Doch auch wenn Dake nur noch selten Schach spielte, so nahm er 1946 doch an dem Wettkampf USA gegen UdSSR in Moskau teil. 1954 verlieh ihm die FIDE den Titel eines Internationalen Meisters und 1986 wurde er wegen seiner Erfolge vor dem Krieg zum Großmeister ehrenhalber ernannt. 1991 wurde er in die U.S. Chess Hall of Fame aufgenommen.

Doch nach seinem Sieg beim Oregon Open 1959 zog sich Dake völlig vom Turnierspiel zurück und kehrte erst nach seiner Pensionierung 1973 beim Open in Lone Pine in die Turnierarena zurück. Sein letztes Turnier war das American Open 1989 in Los Angeles. Er holte 5 Punkte aus 9 Partien.

Arthur Dake starb am 28. April 2000 im Alter von 90 Jahren in Reno, Nevada.

Dake war lange Jahre einer der stärksten Spieler der USA, aber ganz an die Spitze kam er trotz seines enormen Talents nie. Ein Grund dafür war seine schnelle und impulsive Spielweise. Denker beschreibt ihn so:

"Wie der junge Viswanathan Anand ... brauchten Dake und Fischer für manche Turnierpartien nur wenige Minuten Bedenkzeit. Das ist die gute Seite von Arthurs Spiel. Die schlechte Seite ist, dass dieses natürliche Genie ... die Aufmerksamkeitsspanne eines Kolibris besaß, ein häufiger Mangel bei brillanten Geistern, die nicht durch formelles geistiges Training geschult wurden. Arthur hat sich nie diszipliniert mit dem Schach beschäftigt, hat sich nie Zeit genommen, um Analysen für die Zukunft aufzuschreiben (es gab immer irgendwo eine andere Partie und bei der musste Arthur dabei sein!) und nie irgendeine Form von Turnierdisziplin eingehalten." (The Bobby Fischer I Knew... S. 226)

Auch das ist jedoch ein Zeichen von Dakes außerordentlichem Talent. Das zeigte sich auch in seiner Paradedisziplin: dem Blitzschach. Als Aljechin Anfang 1934 beim Manhatten Chess Club in New York zu Gast war, spielte er etliche Blitzpartien gegen Dake und verlor einmal zu seinem großen Verdruss sechs Partien in Folge.

Auch die folgende brillante Verteidigungsleistung zeigt Dake gutes taktisches Auge und sein Talent.

Port
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1.Nf3 Nf6 2.g3 b6 3.b3 Bb7 4.Bb2 g6 5.Bg2 Bg7 6.0-0 0-0 7.c4 c5 8.Na3 Nc6 9.Nc2 d5 10.cxd5 Qxd5 11.Ne3 Qd7 12.Rc1 Rfd8 13.d3 Rac8 14.Nc4 Qc7 15.Qc2 Qb8 16.Qb1 Qa8 17.Bh3 Rc7 18.Nce5 Ne8 19.Nxf7!? Das sieht wie der Auftakt zu einer vielversprechenden Kombination aus. Kxf7 20.Ng5+ Kf8 21.Ne6+ Kf7 22.Bxg7 Weiß spielt auf Gewinn. Nach 22.Ng5+ Kf8 23.Ne6+ endet die Partie mit Remis durch Dauerschach. 22...Nxg7 23.Nxc7 Nd4! Mit der Drohung 24...Sxe2#. 24.Bg4? Weiß übersieht den schwarzen Konter. Besser war 24.e4 und dann hat Schwarz nach Qb8 zwar Kompensation für den Bauern, aber mehr auch nicht. 24...Qc8! 25.Ne6 Ngxe6 Jetzt hat Schwarz zwei Leichtfiguren für den Turm und steht wegen seines aktiven Spiels klar besser. 26.e4 h5 27.Bd1 Qd7 28.f4 a5 29.Qb2 Ng7 30.Qg2 Ngf5 31.Qf2 Ng7 32.Qg2 Ndf5 33.Rf3 Qd4+ 34.Kh1 Ne3 35.Qe2 Nxd1 36.Rxd1 Bxe4 0–1
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Simonson,A-Dake,A-0–11935A30American CF-02 (Western op-36) Prelim-C7

Porträt von Arthur Dake in der U.S. Chess Hall of Fame

 


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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