07.01.2022 – "Historias de Ajedrez" ist ein kubanischer Schachfilm des Filmemachers Emmanuel Martin Hernandez. Er ist selber Schachspieler und erzählt aus nächster Nähe von den Schicksalen einiger Schachspieler von Santiago de Cuba.
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Der kubanische Filmemachers Emmanuel Martin Hernandez liefert in seinem Film "Historias de Ajedrez" in drei Geschichten einen Blick in das Leben auf Kuba. Eigentlich sind es sogar vier Geschichten. Das Schachspiel ist das verbindende Element der verschiedenen Episoden, die zudem alle auch noch mit der Stadt Santiago de Cuba verbunden sind.
Er war ein Wunderkind und um ihn ranken sich Legenden. In seinen besten Zeiten galt er gar als unbezwingbar und manche betrachten ihn als das größte Schachtalent aller Zeiten: Jose Raul Capablanca, geb. 1888 in Havanna.
Die Hauptperson der ersten Geschichte ist Raul. Er ist Schachlehrer und liebt das Schach über alles.
Raul ist wahrlich spielsüchtig, nicht nur beim Schach. Sein übriges Leben hat er jedoch nicht gut im Griff. Er lebt in den Tag hinein und trifft sich mit seinen Freunden beim Blitzschach. Hier fühlt er sich wohl.
In einem Telefongespräch versucht er seine Gläubiger zu beschwichtigen und der Zuschauer erfährt man von Rauls Spielschulden. Seine Ehe ist längst in die Brüche gegangen und seine Frau lebt mit einem anderen Mann zusammen. Nur selten kann Raul den gemeinsamen Sohn sehen. Schließlich verliert Raul auch noch seine Anstellung als Schachtrainer. Er schläft auf der Straße. Am Ende der Geschichte wird Raul auf der Straße wegen seiner Spielschulden verprügelt.
In der zweiten Geschichte ist eine Frau die Hauptperson. Osdalgia Vidaux, eine gläubige Christin, ist eine starke Schachspielerin, eine Großmeisterin, die bei der Landesmeisterschaft um den Titel mitspielt.
Mit dem Titelgewinn würde sie sich für die Teilnahme an der Schacholympiade qualifizieren. Sie ist aber auch Hausfrau und Mutter kleiner Kinder. Die beiden Schwangerschaften haben ihrer Karriere als Spielerin jedoch geschadet. Darüber hinaus muss sie auch noch ihre kranke Mutter pflegen. Der Gewinn der Meisterschaft ist auch aus ökonomischen Gründen wichtig für Osdalgia und ihre Familie.
Zwischen den Runden der Meisterschaft bereitet sich Osdalgia mit ihrem Notebook und dem ChessBase-Programm auf ihre Gegnerinnen vor.
Da sie wegen der der Doppel- oder Dreifachbelastung aber nicht gut in Form ist, schlägt ihr Trainer Cheating mit dem Houdini-Programm vor, was Osdalgia aber ablehnt. Während Osdalgia um den Turniersieg kämpft, bringt Osdalgias Mann ihre kranke Mutter um. Sie wird von der berühmten kubanischen Schauspielerin Adela Legra gespielt, die durch die Hauptrolle in dem lateinamerikanischen Klassiker "Lucia" bekannt wurde. Jorge Molina ("Juan, the dead", 2011) spielt. Osdalgias Ehemann.
Bei der Beerdigung ihrer Mutter verkündet Osdalgia ihre Erkenntnis, dass ein guter Christ kein erfolgreicher Sportler sein kann. Auch Familie und Leistungssport seien für Frauen unvereinbar.
Die dritte Geschichte beginnt 1966. Havanna ist der Austragungsort der Schacholympiade. Für die noch junge kommunistische Republik ist dieses Sportereignis von großer Bedeutung. Die Partien werden im Fernsehen gezeigt.
Das ganze Land ist im Schachfieber, auch Pedro und Pablo, beide elf Jahre alt, die mit anderen Straßenkindern um ein selbstgemachtes Schachbrett herumsitzen, über die besten Züge debattieren und mit Schachbüchern versuchen, sich Schach selber beizubringen.
Über ihre Liebe zum Schach bleiben Pedro und Pablo ein Leben lang verbunden. 52 Jahre später sind sie beide krank. Pedro ist gehbehindert, Pablo hat Diabetes. Sie treffen sich immer noch regelmäßig zum Schachspiel und tragen dabei T-Shirts mit dem Konterfei von Capablanca oder Postern zum Capablanca Memorial.
Pablos Tochter ist aus Havanna nach Santiago gekommen, um das Haus des Vaters zu verkaufen und ihn mit nach Havanna zu nehmen. Als Pablo erfährt, dass er seinen Schachpartner verlieren soll, bietet er der Tochter Geld, damit sein Freund weiter in Santiago bleiben kann.
Aus dem Off wird nun noch eine vierte Geschichte erzählt, die angeblich im Internet gefunden wurde. 1975 sollen sich demnach Bobby Fischer und Anatoly Karpov auf dem Briefwege darüber verständigt haben, am Weltschachbund und den russischen Behörden vorbei einen Wettkampf zu spielen, als Privatveranstaltung. Ein einziger Zeuge war dabei.
Emmanuel Martine stimmungsvoller Film "Historias de Ajedrez" endet schließlich in einem melancholischen Schlussbild.
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Der Autor, Regisseur und Produzent des Filmes Emmanuel Martin kennt sich im Schach bestens aus. Die Figuren seines Filmes hat er ohne Zweifel dem Leben entnommen. In einem Gespräch während der kubanischen Landesmeisterschaft der Frauen zwischen Großmeisterin Osdalgia Vidaux und einem Schachfreund kommt ein Erfolg bei der Schacholympiade 2008 in Deutschland zur Sprache, wo die Filmgroßmeisterin Osdalgia Vidaux eine wichtige Partie und damit die individuelle Silbermedaille gewonnen haben soll. Tatsächlich holte die kubanische Großmeisterin Oleiny Linares Neapel, damals noch WIM, 2008 in Dresden mit acht Siegen und zwei Remis in zehn Partien an Brett vier die Silbermedaille in der Einzelwertung. Sie wurde 1983 in Santiago de Cuba geboren. Ist sie das Vorbild für die Filmfigur? Oleiny Linares Neapel ist als Schachspielerin noch sehr aktiv und erfolgreich.
Raul, der traurige Held in der ersten Geschichte, ein typischer Loser, wie es sie viele überall in der Welt gibt. Regisseur Emmanuel Martin ist selber Schachspieler, hat guten Kontakt zur Schachszene in Santiago de Cuba und kennt auch solche Spieler wie Raul sicher persönlich. In der Leidenschaft am Spiel haben sie vergessen erwachsen zu werden. Das Spiel bietet seinen Anhängern Kurzweil und Geselligkeit, verwischt aber den Blick auf die Wirklichkeit. Sie sind Künstler.
Die Großmeisterin Osdalgia Vidaux hat alles, was Raul nicht hat, findet aber trotzdem kein Glück. Sie ist eine erfolgreiche Spielerin und hat eine intakte Familie. Beides lässt sich aber für eine Frau nicht miteinander vereinbaren. Dass sie nicht weiß, wie ihre Mutter zu Tode gekommen ist, verleiht der Figur besondere Tragik.
Die dritte Geschichte ist versöhnlicher Natur. Sie schlägt einen Bogen von 1966 bis 2018 und erzählt von einer großen und langen Freundschaft, vermittelt durch das gemeinsame Interesse am Schach. Und auch die Bonusgeschichte eines vermeintlichen geheimen Wettkampfes zwischen Fischer und Karpov hat etwas Verbindendes. Über alle Grenzen und Widerstände hinweg, mitten im Kalten Krieg, treffen sich der beste Amerikaner und der beste Russe zu einem freundschaftlichen Schachwettkampf.
Emmanuel Martin ist in seinem Film noch ein seltenes Kunststück gelungen. In jeder der drei Geschichten spielen Frauen eine wichtige Rolle und in der Begegnung von Mann und Frau ergeben sich einige sinnliche Momente - in Filmen, die das Schachspiel thematisieren, kommt das sonst eher nicht vor.
Emmanuel Martins "Historias de Ajedrez" (Schachgeschichten) entstand 2019. Der Film und seine Mitwirkenden hatten das Pech, wegen der weltweiten Corona-Pandemie nicht das Publikum zu finden, das der Film verdient hätte. Der Film wurde bisher aus verschiedenen Festivals gezeigt, zum Beispiel dem Callela Filmfestival 2020 in Spanien, und gewann bisher sieben Preise.
Ab 2022 ist er möglicherweise auf Abruf auf dem Videoportal Vimeo zu sehen.
Trailer
Emmanuel Martin Hernandez
Der Regisseur mit seinen Schauspielern
Emmanuel Martin Hernandez lernte als Kind Schach spielen und nahm einer Reihe von kubanischen Jugendmeisterschaften. Später hat er zu verschiedenen Zeiten, im Alter von 24-25 Jahren und später von 31-35 Jahren, insgesamt acht Jahr lang als Schachlehrer gearbeitet.
Er veröffentlichte einige Artikel über Großmeister und Internationale Meister aus Santiago de Cuba.
Eine Zeitlang arbeitete Emmanuel Martin als freier Journalist. Er kennt viele Schachspieler, Hobbyspieler und Clubspieler, in seiner Heimatstadt Santiago de Cuba persönlich und ist mit ihnen befreundet.
Historias de Ajedrez, 2019, 79 Minuten
Buch und Regie: Emmanuel Martín Hernandez
Produzent: Emmanuel Martín Hernandez
Besetzung: Adela Legra, Jorge Molina, Neisy Alpizar, Raúl Gomez, Barbara Rodriguez, Laura Ferrer, Yara Gonzalez, Jose Emigdio Pini, Mateos Pazos, Alberto Juantorena, Manuel Enríquez. Die meisten Darsteller sind Schauspieler verschiedener Theatergruppen von Santiago de Cuba.
In spanischer Sprache (mit englischen Untertiteln.)
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