Patrick Schönbach: Musiker,
Programmierer und Schachspieler
Patrick Schönbach leidet seit seiner Geburt an
Zerebralparese (engl. cerebral palsy). Im ursprünglichen Sinne
bedeutet dies "Hirnlähmung", was diese Behinderung aber nicht richtig
beschreibt. Heute übersetzt man den medizinischen Begriff meist mit "Zerebraler
Bewegungsstörung": Das Gehirn ist nicht in der Lage, die Muskeln des
Bewegungsapparat zu kontrollieren. Doch es wäre ganz falsch, aus dieser
Unterfunktion des Gehirns bei den betroffenen Personen automatisch auch auf
weiter Defekte zu schließen, wie Patricks Fall deutlich zeigt.
Als Patrick Schönborns Eltern ihn im Alter von vier Jahren wegen der Behinderung
untersuchen ließen, wurde auch ein IQ-Test durchgeführt und ein Wert von 170
festgestellt. Dies war nicht das einzige, was die untersuchenden Ärzte
verblüffte. Patricks Bruder, der 18 Jahre älter ist, studierte zu jener Zeit
Medizin und lernte gerade die lateinischen Fachbegriffe der Anatomie, wobei der
kleine Patrick ihm öfters über die Schulter geschaut hatte. Und während der
Untersuchung benannte der Vierjährige die Körperteile, die gerade untersucht
wurden - mit ihren lateinischen Begriffen.
Bei sehr schweren Zerebralen Bewegungsstörungen, so wie Patrick sie hat, kommt
es allerdings nur sehr selten vor, dass nicht auch der mentale Bereich in
Mitleidenschaft gezogen hat. Bei allem Unglück hat Patrick Schönbach noch Glück
gehabt. Heute ist Patrick Schönbach 33 Jahre alt und hat gelernt, seine
Lebenssituation zu bewältigen: "Darf ich mich über die Ungerechtigkeit meines
Lebens beklagen? In der Tat ist mein Leben heute nicht leicht und ist es auch
zuvor nie gewesen. Aber hat jemand schon einmal jemanden getroffen, dessen Leben
wirklich immer einfach ist? Ich nicht", ist seine Auffassung.

Der junge Patrick entdeckt seine Begabung
Mit sechs Jahren lernte Patrick das Schachspiel und spielte gelegentlich
Partien. Allerdings wurde er nie Mitglied in einem Schachclub, obwohl ihn das
Spiel faszinierte. Wenn er Zeit hatte, versuchte er mit Hilfe von Büchern sein
Spiel zu verbessern. Natürlich kennt er auch Fritz und weitere der "wundervollen
ChessBase-Produkte." Patrick ging auf ein normales Gymnasium und entdeckte dort
sein größtes Talent: die Musik. Schon in jungen Jahren begann er auf dem
Keyboard zu musizieren, hatte wegen seiner eingeschränkten
Bewegungsmöglichkeiten nur wenig Übung.

Patrick mit Mitschülern in der 11.Klasse
Als Patrick 12 Jahre alt war, erschienen die ersten Musik-Computer. Der Anwender
kann auf diesen die Noten eingeben und der Rechner gibt die entsprechenden Töne
an einem Syntheziser aus. Nun war Patrick in der Lage, Musikstücke zu schreiben
(einen Stift konnte er zuvor nicht zum Schreiben nicht führen) und auch in
gewissem Maß zu spielen. Nach einigen Versuchen mit Pop-Musik ("ziemlich
albern") entdeckte er die klassische Musik. Diese fand er bald so interessant,
dass er begann, sie ernsthaft zu studieren. Er unterrichtete sich selbst mit
Hilfe von Büchern im Komponieren und damit verwandten Themen wie Harmonielehre,
Kontrapunkt, Orchestrierung, Musikformen usw. "Ich frage mich heute, wie all
diese teils recht komplexen Bücher als Teenager verdauten konnte", meint
Schönbach. "Ich glaube, Johann Sebastian Bach war irgendwie mein erster
Kompositionslehrer."

Patrick Schönbach (re.), heute, mit einem Freund |
Nach dem Abitur studierte Patrick Schönbach Musikwissenschaften und
Musiktheorie. Das war eigentlich gar nicht möglich, denn vom Studenten wird
erwartet, dass er mindestens zwei Instrumente spielt. Nach einem Jahr
"bürokratischen Ping-Pongs" mit dem bayrischen Kultusministerium durfte er
schließlich studieren. Er begann sein Studium 1992 und schloss es nach einigen
Rückschlägen und Mühsalen 1999 ab.
Da Patrick sowieso viel mit dem Computer gearbeitet hatte ("mein Füller, nur
etwas größer") begann er schließlich auch zu programmieren. Er lernte diese
Fähigkeit wieder im Selbststudium und konnte schließlich als freier
Programmierer in den Sprachen
Eiffel, C, C++, Ruby, Perl, Java, Visual Basic, Smalltalk, Pascal, Basic and
x86 Assembler arbeiten, meist für Firmen im Ausland, wobei die Suche nach
geeigneten Projekten nicht immer einfach war und ist und manchmal einige
Hartnäckigkeit erfordert.
Natürlich spielt Patrick immer noch Schach, meist Fernschach oder aber online
auf dem Fritz-Server. Und wenn er Zeit hat, komponiert er auch noch gerne. Und
das spielt in der folgenden Geschichte eine Rolle (Hatten wir erwähnt, dass
Patrick fließen Englisch und Französisch spricht?)...
Frederic Friedel
Ein Geburtstagslied für Martica
Von Patrick
Schönbach
2.Mai 2004. Heute beginnt das ACP Blitzturnier
für Frauen. Da ich ein begeisterter Hobbyschachspieler bin, entschloss ich mich,
ein wenig zuzuschauen, ohne zu wissen, dass ich an diesem Tage einen neune
Freund gewinnen und darüber ein Musikstück komponieren würde. Die Teilnehmer
trudelten nach und nach ein. Neugierig, wie sie reagieren würden, schickte ich
einigen kleine Botschaften und wünschte Glück. Natürlich hatten die meisten
keine Zeit und waren wohl auch zu nervös, kurz vor dem Turnier noch Nettigkeiten
auszutauschen und dann auch noch mit so einem Patzer wie mir. Das hatte ich auch
nicht erwartet und es störte mich nicht. Dann erschien Martha Fierro, eine WGM
aus Equador, die in New York lebt. Ich hatte von ihr noch nie gehört, schickte
ihr aber auch einen Gruß. Sie antwortete sofort sehr nett und wir hatten eine
kurze Konversation, die sich zwischen den einzelnen Runden noch fortsetzte. Und
als das Turnier zu Ende war, vereinbarten wir, in Kontakt zu bleiben.

WGM Martha ("Martica") Fierro from Equador
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Mai bis September 2004: Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten haben
wir in dieser Zeit fast täglich miteinander online kommuniziert, manchmal
länger, manchmal nur ganz kurz. Martha ist meist ziemlich beschäftigt. Da ich ja
Komponist bin, kam ich eines Tages auf die Idee, einen ganz besonderen
Geburtstagsgruß zu komponieren. Ich habe ihr dann schließlich scherzhafterweise
"angedroht", ihr zu ihrem Geburtstag, den 6. September, etwas Besonderes zu
schenken. Wahrscheinlich hat sie mir das nicht geglaubt, doch normalerweise
halte ich meine Versprechen. Anfang Juni fing ich mit einem Entwurf an. Da ich
noch andere Dinge zu tun hatte, ging das Projekt zunächst nur stockend vorwärts.
Aber ich wollte mein Versprechen unbedingt einhalten. Inzwischen wurden Martha
und ich wirklich gute Freunde und ab August investierte ich mehr Energie in das
Geschenk. Anfang September war das Lied endlich fertig. Doch eines fehlte noch:
Der Text. Und wie bekommt man einen witzigen, warmherzigen und rhythmischen Text
in einer fremden Sprache?
3.-6.September 2004, früh morgens in Deutschland: Da ich selber nicht die
Möglichkeiten zu einer guten Aufnahme habe, fragte ich einen Freund in London,
eine rein akustische Version meines Liedes als MP3 zu erstellen, was dieser
freundlicherweise gerne tat. Da ich kein professioneller Texter bin, war es
wirklich nicht einfach für mich, einen einigermaßen gescheiten Text zu
schreiben, doch so nach und nach bekam ich es hin. Und am Morgen von Marthas
Geburtstag war das ganze Werk fertig. ich war müde und sehr glücklich.

6. September 2004: Martahs Geburtstag. Ich war sehr neugierig, was Martha
sagen würde, wenn sie ihr Lied hörte. Ich schickte es ihr per Mail und sie war
sehr angetan und berührt. Und ich war auch sehr zufrieden. Aber was ist ein
Lied, dessen Text nicht richtig gesungen wird? Nur eine künstliche Stimme, die
"du, du, du" macht. Das kann einen Komponisten nicht richtig glücklich machen.
Ich dachte über Möglichkeiten nach, wie man das Lied singen lassen könnte. Auch
den Leuten von ChessBase habe ich davon erzählt, denn dort interessieren sich
viel für Musik und außerdem hätte ich Martha ohne den Fritzserver auch gar nicht
kennen gelernt. Sie mchten das Lied und fragten, ob sie es auf der Webseite
veröffentlichen dürfen.
7.September 2004: Um das wohl Unmögliche doch möglich zu machen, fragte ich
meinen Freund
Lev Zhurbin, einen Geigenspieler und Komponisten aus New York um Hilfe. Ich
hatte ihn 1995 auf dem
Schleswig-Holstein Musik Festival kennen gelernt. Er empfahl
David W. Solomons, einen
Countertenor (eine männliche Stimme, die sehr hoch singen kann), der in
England lebt. Dieser mochte das Stück sofort und wollte es probieren.

8.September
2004: Am Abend erhielt ich Davids Aufnahme und war sehr erfreut. Angesichts des
spontanen Charakter des Projekts war die Aufnahme wirklich gut. Ich schickte sie
sofort an Martha, die sehr überrascht war, so schnell auch noch eine gesungene
Version zu bekommen.
September 9, 2004, am frühen Morgen: Ich sitze hier und habe gerade meinen
kleinen Artikel geschrieben. Ich hoffe, Ihnen gefällt mein Artikel. Natürlich
hat er etwas mit Schach zu tun. Für alle Anregungen, Kommentare, Vorschläge,
Krtitik etc. Bin ich dankbar. Schreiben Sie mir: pschoenb(at)gmx.de.
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