Ein neuer Weg gegen Bogo-Indisch

von ChessBase
07.07.2021 – Klassischerweise baut sich Weiß gegen das vor allem auf Vereinsebene beliebte Bogo-Indisch mit 5.g3 auf. Ein rein praktischer Nachteil dieses Zuges ist, dass Schwarz meist bestens mit den nachfolgenden Varianten vertraut ist. Lars Schandorff ist dank des Vorbildes von Sam Shankland auf die neue Idee 5.e3 gestoßen, "die schnell zu weit weniger erforschten Stellungen voller neuer Möglichkeiten für beide Seiten führt". In seinem Artikel für das neue ChessBase Magazin untersucht der dänische GM, wie sich das Spiel in Abhängigkeit vom schwarzen Aufbau – entweder mit ...b6 oder mit ...d6 – entwickeln sollte. Schauen Sie rein!

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Ein neuer Weg gegen Bogo-Indisch

Lars Schandorff betrachtet 4.Ld2 De7 5.e3!?

Bogo-Indisch 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 Lb4+ 4.Ld2 De7 bleibt eine populäre Eröffnung für Schwarz, zumindest auf Vereinsebene - wahrscheinlich aufgrund der Tatsache, dass sie leicht zu lernen, ziemlich solide und dennoch strategisch gesehen recht tiefsinnig ist. In fast allen Partien reagiert Weiß beinahe automatisch mit 5.g3. Dies ist ein guter Zug, versteht sich, und Weiß hat ordentliche Chancen, aus der Eröffnung mit einem kleinen Plus hervorzugehen, aber 5.g3 ist auch der Zug, den Schwarz erwartet und auf den er vorbereitet ist. Weiß hat eine interessante Alternative, die schnell zu weit weniger erforschten Stellungen voller neuer Möglichkeiten für beide Seiten führt. Ich rede von dem Zug 5.e3!?, empfohlen von dem amerikanischen Großmeister Sam Shankland.

Weiß plant, den Läufer nach d3 zu stellen und dann zu rochieren. Schwarz kann unter zwei Bogo-Indisch-Standardaufstellungen wählen: ...b6 und ...Lb7 oder ...d6 und ...e5. Andere Züge wie frühes d7-d5 führen zu einer bekannten Bauernstruktur, aus dem Abgelehnten Damengambit, die generell angenehmer für Weiß ist, wenngleich Schwarz natürlich sehr solide steht. Dennoch, in dieser Übersicht konzentriere ich mich auf die zwei Hauptpläne.

1) Schwarz spielt ...b6

Wenn Schwarz ...b6 und ...Lb7 spielen will, kann er auch gleich mit 5...b6 beginnen. Darauf komme ich sofort zurück, werfen wir aber zunächst einen Blick auf die geläufigste Zugfolge: 5...0-0 6.Ld3 b6 7.Sc3 Lb7 8.0-0.

Diese Stellung kann auch aus dem Nimzoinder entstehen. Sie veranschaulicht gut, was Weiß anstrebt: Er will Schwarz zum Schlagen auf c3 zwingen und dann sein Läuferpaar genießen. Nach viel sieht es zwar nicht aus, weil Schwarz danach eine gute Kontrolle über das wichtige e4-Feld hat, doch Weiß wird langsam, aber sicher expandieren und versuchen, die Stellung für seine Läufer zu öffnen. Ein Verständnis dieser Mittelspiele ist wichtig, wenn man ein erfolgreicher 1.d4-Spieler sein will - und wer tut das nicht! Das Spiel kann in verschiedene Richtungen gehen, hier sind drei Beispiele:

8...d6 Flexibel und am natürlichsten. 9.De2 Lxc3 10.Lxc3 Se4 11.Le1! Weiß behält die Läufer und hat einen kleinen, aber stabilen Vorteil, Rychagov,A - Postny,E 1-0.

8...a5 Ein typischer Bogo-Indisch-Zug. 9.a3 Lxc3 10.Lxc3 Se4 11.Le1! Wieder diese wichtige Ressource, welche die besseren Chancen sichert, Shankland,S - Saric,I 1-0.

8...d5 Dies wird wahrscheinlich eher vom Nimzoinder kommen, wie es unsere Musterpartie in der Tat der Fall tut. Bogo-Indisch-Spieler wählen in der Regel flexiblere Aufstellungen, aber theoretisch ist dieser d5-Zug natürlich wichtig. Weiß antwortet 9.cxd5 exd5 10.Se5, womit wir durch Zugumstellung in Sadler,M - Lau,R 1-0 gelandet sind.

Wie erwähnt, könnte Schwarz auch 5...b6 erwägen. Nach 6.Ld3 Lb7 7.0-0 Lxd2! 8.Sbxd2

hat Schwarz das Problem mit seinem Läufer auf b4 gelöst und steht sehr solide. Trotzdem, Weiß hat die angenehmere Stellung, vor allem aufgrund seines Extraraums. Typischerweise wird er im Zentrum expandieren, mit e4 und vielleicht d5, siehe Shalimov,V - Kovalchuk,V 1-0.

2) Schwarz spielt ...d6

Ein beliebter Plan für Schwarz ist, mit ...d6 und ...e5 direktes Gegenspiel im Zentrum anzustreben. Ein Weg dazu wäre etwa 5...0-0 6.Ld3 Lxd2+ 7.Dxd2 d6 8.Sc3 e5.

Dies ist die Grundstellung. Natürlich waren zwischendurch andere Züge möglich, zum Beispiel hätte Weiß wie im obigen Beispiel auf d2 mit seinem Springer nehmen können. Ich bevorzuge das Schlagen mit der Dame, da der Springer auf c3 viel stärker sein wird als auf dem passiven Feld d2. Ein weiterer Vorteil davon, die Dame auf d2 zu haben, ist, dass Weiß auf die lange Rochade spekulieren kann. Der Schlüsselzug, der die Variante am Leben hält, ist 9.Lc2! Er wurde nur in ein paar Partien gespielt, und Schwarz hat die Mehrzahl davon gewonnen! Aber wenn man ein bisschen genauer hinsieht, erkennt man eine Menge Potential in der weißen Stellung.

9...e4? Dies war genau die Drohung, die 9.Lc2! verhindern sollte! Nach 10.Sg5! ist Schwarz in Schwierigkeiten, weil 10...Lf5 mit 11.f3! begegnet wird.

9...Lg4 Gesunde und aktive Entwicklung. Doch Weiß kann die Tatsache nutzen, dass er noch nicht rochiert hat, und den schwarzen Läufer sofort befragen: 10.h3! Lxf3 11.gxf3 planend 0-0-0, siehe Kecic,S - Krumpacnik,D 0-1.

9...Sc6 Am solidesten, aber Weiß verdient offenbar leicht den Vorzug, siehe Leukhin,A - Abramov,I 0-1.

Fazit: Der Zug 5.e3 ist eine gute Alternative zu dem geläufigeren 5.g3. Es fällt schwer zu glauben, dass er besser ist, aber ich hoffe, diese Übersicht hat gezeigt, dass Weiß gute Chancen hat, um Vorteil oder zumindest eine leicht angenehmere Stellung zu kämpfen. Das Tolle an 5.e3 ist natürlich, dass es zu originelleren Stellungen führt, in denen ein wenig Vorbereitung kombiniert mit gutem Spiel an den Gegner von Anfang schwer unter Druck setzen könnte. Ich meine, einen Versuch ist es auf jeden Fall wert!

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