Ein solider Pfeiler für Ihr Schwarzrepertoire gegen 1.d4

von Stefan Liebig
09.05.2024 – Leon Luke Mendonca ist einer der aufstrebenden jungen indischen Großmeister auf dem Weg in die Weltspitze. In seinem Fritztrainer-Kurs offenbart er sein Faible für klassische Eröffnungen und stellt als solide Waffe für Schwarz die stocksolide Damenindische Verteidigung vor - auch schon von Anatoly Karpov heiß geliebt. Stefan Liebig ist ebenfalls begeistert.

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Ein solider Pfeiler für Ihr Schwarzrepertoire gegen 1.d4

Da sage noch einer, die heutige Jugend interessiert sich nicht für die Geschichte! Leon Luke Mendonca spricht mit Begeisterung davon, wie sich schon die Weltmeister vor 100 Jahren erfolgreich für die Damenindische Verteidigung entschieden. Der 18-jährige indische Großmeister wandelt selbst gerne auf diesen längst nicht ausgetretenen Pfaden und vermittelt in seinem neuen, auf allen Endgeräten (PC, Laptop, iPad, Smartphone etc.) abrufbaren Fritz-Trainer „Rock solid with the Queen´s Indian Defence“, wie Amateure und Profis diese etablierte Eröffnung solide und vorteilhaft einsetzen können.

Namhafte Vorkämpfer

Bei seiner schwarzen Lieblingsantwort auf 1.d4 denkt Mendonca natürlich sofort an Anatoly Karpov. Der setzte – zwar nicht vor 100, aber immerhin doch vor etwa 50 Jahren – beispielsweise in seinen Mammutkämpfen gegen seinen erbitterten Widersacher Garry Kasparov auf das schnelle Damenläuferfianchetto. In den Musterpartien findet sich ein neueres Beispiel des Ex-Weltmeisters gegen Boris Gelfand aus dem Jahr 1995.

Karpov ließ sich von Gelfands Neuerung 12.Tc1 nicht überrumpeln und gewann die Partie

Interessanterweise stammen neben den drei Carlsen-Beispielen und den beiden von Mendonca selbst gespielten die meisten von Zoltan Almasi (5) und Sergej Karjakin (8). Viele weitere prominente Musterpartiespieler unterstreichen die Bedeutung dieser Eröffnung nachdrücklich.

Viel eigene Erfahrung

„Ich konzentriere mich auf unkomplizierte, solide Varianten und weniger auf komplexe mit frühem …La6“, erklärt der diesjährige Sieger des Challenger-Turniers beim Tata Steel Chess Tournament seine positionelle Herangehensweise. Mendonca liefert somit ein umfassendes Repertoire, indem er vor allem die Pläne und Bauernstrukturen sowie die damit zusammenhängenden Figurenmanöver analysiert und in ruhiger analytischer Weise vorträgt. Wie viel eigene Erfahrung dabei im Spiel ist, kommt zwischen den Zeilen immer wieder zum Ausdruck. Amüsant und doch überzeugend, wie der gerade 18-Jährige sich dabei auf seine „jahrelange eigene Erfahrung“ bezieht.

Pläne verstehen

Durch den Einsatz des Dameninders gegen andere Großmeister weiß er ganz genau, wann die möglichen hängenden Bauern für Schwarz gut sind und wann für Weiß. Er verrät, wann der schwarze Damenläufer nach a6 und wann er nach b7 gehen sollte und wie Schwarz die weißen Angriffsmöglichkeiten per La3 oder Se5 verhindern kann.

Neben diesen grundsätzlichen Plänen lässt Mendonca aber trotz seiner Jugend auch schon die Reife eines erfahrenen Großmeisters durchblicken, wenn er auf überraschende Springermanöver wie Sb8-d7-b8-a6 und die optimale getimten Läuferzwischenschachs auf b4 eingeht. Bei letzterem geht es primär darum, entweder den Läufer oder einen der Springer nach d2 zu locken und so zu verhindern, dass die Figuren auf a3, c3 oder e5 aktive Posten beziehen.

Strukturierung

Wie allgemein üblich geht Mendonca zunächst auf die Nebenvarianten ein. Dies sind die vor allem die Züge 4.Sc3, 4.e3, 4.Lg5 und das dem Londoner System ähnelnde 4.Lf4. Spannend, wie der Autor hier und auch bei den Hauptvarianten immer wieder Übergänge und Ähnlichkeiten mit anderen Eröffnungen wie Nimzoindisch oder Semi-Tarrasch erklärt und die Unterschiede und Gemeinsamkeit herausstellt. Wie oben beschrieben, fokussiert sich der Damenindisch-Experte vor allem auf eine strategische Eröffnungsbehandlung. Wo es aber nötig oder ratsam ist, geht er auch gerne in den taktischen Bereich über, wie etwa an der Variante 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 b6 4.Sc3 Lb7 5.Lg5 h6 6.Lh4 Lb4 7.Sd2 e5!? zu sehen ist.

Hier wird´s ausnahmsweise taktisch.

Was für ein Zug: 13…Sb8!! – Ein Schock beim ersten Mal! Aber wenn man ihn mal gesehen hat …

Nach dem Sidelines-Kapitel folgen die beiden Kapitel zu den Hauptvarianten. Im Kapitel zu 4.a3 empfiehlt Mendonca, nach 4…Lb7 5.Sc3, sich nach 5…d5 sowohl auf die aus dem sofortigen Schlagen auf d5 entstehenden Varianten vorzubereiten, als auch, auf die Nebenvarianten ohne sofortige Klärung im Zentrum gefasst zu sein.

Das Bauernopfer auf b5 – das taucht auch im Dameninder gelegentlich auf und garantiert Gegenspiel.

Im zweiten Hauptvarianten-Kapitel 4.g3 erläutert er, warum er nur in diesem Falle zum Läuferausfall 4…La6 rät und wie mit den vielen darauf möglichen Antworten (Db3, Sbd2, Da4, Dc2 und b3) umzugehen ist.

… und der Läufer landet schließlich doch auf a6.

Theorie und Praxis

13 Kapitel und Unterkapitel liefern somit einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Theorie im Bereich Damenindisch. Dank der nun folgenden zehn Aufgaben, dem speziellen Repertoiretraining und den elf Übungspositionen sowie der Möglichkeit, diese gegen Fritz auszuspielen, hat es nun jeder angehende Damenindischexperte selbst in der Hand, wie weit er sich in die Trainingsarbeit vertiefen will. Schließlich ist da auch noch die umfassende, oben erwähnte Datenbank mit einer Menge Musterpartien und der Möglichkeit, alle interessanten Varianten in die eigenen Datenbanken zu übernehmen.

Repertoiretraining mit dem Fritz-Trainer zur Festigung der Lernfortschritte.

Fazit

Leon Luke Mendonca ist nicht nur ein starker Großmeister, sondern auch ein vielversprechender Jungtrainer. Er analysiert streng strukturiert und sachlich, was zwei Vorteile zur Folge hat: Zunächst ist der Lernerfolg schnell festzustellen und zudem findet man sich zur Analyse eigener Partien schnell in dem gelieferten, sehr umfangreichen Material zurecht, um akut auftauchende Lücken schnell auszumerzen. Am Ende der ausführlichen, teils fast halbstündigen Videos liefert Mendonca jeweils eine Zusammenfassung. Hier erklärt er präzise, an welche Muster und Pläne – in Ausnahmefällen auch konkrete Varianten – man sich wirklich erinnern muss, um die Eröffnung erfolgreich am Brett einzusetzen. Das Besondere daran bringt er selbst auf den Punkt: „Bei dieser Eröffnung gibt es nicht viel zu lernen, wenn man die Grundprinzipien versteht.“ Da er diese hervorragend herausarbeitet, ist dies der perfekte Fritz-Trainer für alle Spieler, die einen soliden Pfeiler in ihr Schwarzrepertoire gegen 1.d4 integrieren möchten.


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat in das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.
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