Mehr als 60 Staats- und Regierungschefs, rund 200 Parlamentarier aus über 70
Ländern, 2000 Vertreter von Nichtregierungs-Organisationen und mehrere hundert
Kinder unter 18 Jahren nahmen an der Konferenz teil. Dieser "Weltkindergipfel"
hätte schon im September 2001 stattfinden sollen, wurde jedoch wegen der
Terroranschläge (zunächst auf unbestimmte Zeit) verschoben. Die erste
Veranstaltung dieser Art fand 1990 anläßlich der im Vorjahr verabschiedeten
UN-Kinderrechtskonvention statt. Kaum eine andere internationale Konvention wird
- zumindest auf dem Papier - von so vielen Ländern respektiert wie die
Kinderrechtskonvention; nur Somalia und die USA haben sie bisher noch nicht
ratifiziert.
In dem 100-Seiten-Bericht des UN-Generalsekretärs ("We the children"), in dem
Daten aus 150 Ländern verarbeitet wurden, ist nachzulesen, dass es trotz der
Konvention um die Kinder auf der Welt nicht gut bestellt ist. Das Problem der
Unterernährung hat sich in Asien kaum verbessert und auf dem afrikanischen
Kontinent südlich der Sahara verschlimmert. Zwei von fünf Menschen leben ohne
sanitäre Einrichtungen. Einer von sechs Menschen hat keinen Zugang zu
Trinkwasser. Eines von zwölf Kindern wird keine fünf Jahre alt und stirbt an
Krankheiten, die leicht zu behandeln bzw. zu verhindern wären.
Zu den politisch umstrittenen Themen gehört der Zugang von Kindern zu
Gesundheitsdiensten (u.a. die USA sind gegen ein Recht auf Abtreibung).
Problematisch ist auch das Thema "Kinderarbeit": Industrieländer neigen zu einem
Verbot, Entwicklungsländer favorisieren die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
In manchen Bereichen dagegen wurden in den letzten Jahren ermutigende
Fortschritte erzielt. Hierzu gehört die Bekämpfung des Jodmangels.
Jodmangel ist ein weltweites Gesundheitsproblem, das Wachstum und Entwicklung
von Millionen von Kindern beeinflusst. In früher Kindheit wirkt sich ein solcher
Mangel auf die Sprechfähigkeit, das Gehör, die motorische Entwicklung und das
körperliche Wachstum aus. Jodmangel ist die wichtigste Ursache von Hirnschäden
und kann den durchschnittlichen Intelligenzquotienten einer Population um 10 bis
15 Punkte verringern. Dabei gibt es ein sehr einfaches, effektives und
billiges Mittel, den betroffenen Menschen das benötigte Jod zu verschaffen. In
der industrialisierten Welt wird seit Anfang des 20. Jahrhunderts regelmäßig
jodiertes Speisesalz verwendet.
Als man sich 1990 beim ersten Weltkindergipfel vornahm, den Jodmangel bis zum
Jahre 2000 zu beseitigen, wurde nur in 20 Prozent aller Haushalte weltweit
jodiertes Salz verwendet. Seither konnten beträchtliche Fortschritte registriert
werden. Nach UN-Schätzungen wird nun in 70 Prozent der Haushalte in
Entwicklungsländern jodiertes Salz benützt. In den nächsten Jahren sollen die
letzten 30 Prozent geschafft werden.
An der UN-Aktion, die von Anatoli Karpow eröffnet wurde, beteiligen sich UNICEF,
die Micronutrient Initiative, der International Council for Control of Iodine
Deficiency Disorders, Kiwanis International, die Weltgesundheitsorganisation
(WHO), der Verband europäischer Salzproduzenten, das Salt Institute, der Verband
der chinesischen Salzindustrie, die US-Zentren für Krankheitskontrolle und
-prävention und die Emory University School of Public Health. UNICEF-Botschafter Anatoli Karpow interessierte sich besonders
für dieses Thema: "Man braucht kein Weltklasse-Schachspieler zu sein um zu
wissen, dass man für den Sieg ein gesundes und leistungsfähiges Gehirn braucht.
Besonders Schachspieler sind wie kaum eine andere Gruppe von Menschen geeignet,
diese Initiative zu unterstützen." Karpow will sich in dieser Sache an die
Schachklubs seiner Region wenden
Gerald Schendel/ 15.05.2002