Die schwedische "Tidskrift för Schack" berichtete in ihrer Februarausgabe über eine ganz besondere Schachbegegnung, eine "Jahrhundertpartie". Jahrhundertpartie deshalb, weil die beiden beteiligten Spieler in ihrem Alter ein Jahrhundert auseinander lagen, sogar etwas mehr.
Anna Blauhaut (10 Jahre) traf sich zum Schach mit Carl Mattsson (Kein Künstlername für einen Schachspieler, er heißt wirklich so), der kürzlich seinen 111. Geburtstag feierte und in Schweden lebt. Carl wurde 1908 geboren, also ein Jahr, nachdem König Gustav V. (1858-1950) den Thron in Schweden bestiegen hatte. 1908 war auch das Geburtsjahr des großen schwedischen Schachspielers Gideon Stahlberg (gestorben 1967).
In einem Portrait in einer schwedischen Zeitung über den wohl ältesten lebenden Schweden wurde erwähnt, dass Mattsson gerne Schach spielte und so wurde der schwedische Schachcklub Tanums SS auf ihn aufmerksam. Einer der Schachfreunde hatte dann die Idee, eine Begegnung mit der über 100 Jahre jüngere Schachspielerin des Vereins Anna Blauhut zu organisieren. Anna lebt in Norwegen und spielt für Fredriksstad SS, spielt in Schweden aber auch für Tanums SS. Anna hat auch bereits in beiden Ländern Turniere gewonnen. 2018 gewann sie die Østfoldmeisterschaft in ihrer Altersklasse in Norwegen. Einen Tag vor der denkwürdigen Begegnung gewann sie in ihrer Altersklasse ein Kinderturnier in Ski (Norwegen). Frederikstad in Norwegen und Tanum in Schweden liegen nicht weit auseinander.
Carl Mattsson war schon 20 Jahre alt, als er intensiver mit dem Schach begann. Er hatte ein Lebensmittelgeschäft auf Hisingen und wenn keine Kunden im Geschäft waren, spielte er mit einem gleichaltrigen Freund im Hinterzimmer Schachpartien. Später war er Vorarbeiter auf der Werft in Götaverken und hatte sich im Schach schon so verbessert, dass er am 1. Brett für den Götaverkens Schackklubb antreten konnte.
Als die Werft aufhörte zu existieren, ließ Carl sich in Nordbohuslän nieder und baute dort Reihen- und Einfamilienhäuser, spielte aber nicht mehr viel Schach. 1973 ging er in Rente und beschäftigt sich bis heute wieder mehr mit dem Schach, um sein Gehirn fit zu halten.
Die Organisation der Jahrhundertpartie entwickelte sich recht spontan und die Einladung kam für Carl Mattsson etwas plötzlich. Er ahnte auch nicht, wie stark seine junge Gegnerin war. Auch Anna wurde von der Idee überrascht, war noch müde vom Turnier am Vortag und kam gerade von ihrer Chorstunde. Die Schachfreunde des Tanums SS hatte sie zwar auf die Begegnung vorbereitet und ein paar Tage zuvor nach Schweden eingeladen, doch eigentlich sollte es zunächst nur ein gemeinsames Foto werden. Doch als für das Foto noch ein Schachbrett rausgeholt wurde, wollte Carl unbedingt auch spielen.
Anna Blauhut und Carl Mattsson
Und los geht's
Er verlor die erste Partie, auch die zweite und meinte dann zu Anna "Du bist zu stark für mich!". Er spielte aber noch ein 3. Partie und wollte eigentlich überhaupt nicht aufhören. Anna und Carl verabredeten eine Revanche in ein paar Monaten. In der Zwischenzeit will Carl sein Training etwas intensivieren, um mit der jungen starken Gegnerin besser mithalten zu könne.
Da Carl Schwede ist und Anna in Norwegen lebt, hatte die Begegnung sogar eine internationale Komponente. Zwischen den beiden skandinavischen Ländern gibt es bei aller Freundschaft auch etwas Rivalität.
Nach den Partien wurde noch etwas erzählt. Carls schönste Schacherinnerung stammte aus seiner Zeit in Götaverken, als seine Mannschaft gegen Atlas Copco spielte. Er hatte eine Hängepartie, die am nächsten Tag fortgesetzt wurde und insgesamt elf Stunden dauerte. "Da gewann ich dies hier". Carl zeigte auf einen schönen Kerzenständer in seiner Vitrine. Die meisten Preise in der Vitrine stammten vom Schießen, einige auch vom Golf. Carl meint dass Golf für den Körper genauso gut ist, wie Schach für den Geist.
Carl und Anna stellten dann fest, dass sie das gleiche Idol haben: Pia Cramling. Carl hatte einmal in seiner aktiven Zeit gegen Pia Cramling beim Simultan mitgespielt. An 8 Brettern gewann Pia +6 =2, Carl spielte remis. Annas Vater (der Autor dieses Berichts) hatte kürzlich auch die Ehre, gegen Pia beim Simultan spielen zu dürfen, verlor aber.
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