ELG: "Schach für alle, alle für Schach"

von ChessBase
07.09.2022 – Die Emanuel Lasker Gesellschaft (ELG) als Initiator und die Schachstiftung GK gGmbH und die SG Löberitz 1871 e.V. als erste Partner haben ein neues informelles Bündnis zur Förderung des Schachs als Kultur- und Bildungsgut gegründet, das unter dem Namen „Schach für alle, alle für Schach“ vor allem mehr Mädchen und Frauen dazu verhelfen soll, über das Schach Werte wie Chancengerechtigkeit, Toleranz und Zivilcourage zu erfahren und leben zu können.

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Pressemitteilung der Emanuel-Lasker-Gesellschaft

"Schach für alle, alle für Schach"

Die ELG setzt sich seit langem dafür ein, die Vorteile und Werte des Schachs als Kultur- und Bildungsgut geschlechtsunabhängig international und national zu verbreiten. Mit dem neuen Bündnis soll allen Gleichgesinnten eine informelle Plattform mit dem Ziel angeboten werden, dort künftig gemeinsam Projekte zu entwickeln und umzusetzen.

Der Vorstandsvorsitzende der ELG, FM Thomas Weischede, meint dazu:

„Dieses Jahr hat der Schachweltbund FIDE zum Jahr des Frauenschachs erklärt. Schon dieser Begriff zeigt, wie umständlich und überholt teilweise noch das Verständnis des Schachs im Umgang mit den Geschlechtern ist, denn natürlich gibt es weder ein Frauen- noch ein Männerschach, sondern allenfalls männliche und weibliche SpielerInnen, wobei wir auch das Geschlecht divers nicht vergessen sollten. Das Schach spiegelt bei solchen Themen aber gut die allgemeine gesellschaftliche Situation und Debatte wieder, sollte als ein sportliches Spiel, das frei von allen Schranken und Zwängen von jedem praktiziert werden kann, an sich aber den Anspruch haben, diese Entwicklung aktiv vorwegzunehmen. Wie sehr Mädchen und Frauen weltweit benachteiligt werden, ist allgemein bekannt.

Es ist z.B. geradezu beschämend, dass Mädchen in der heutigen Zeit in bestimmten fundamentalistischen Ländern von der schulischen Ausbildung oder sportlichen Betätigungen aus ideologischen Gründen ausgeschlossen werden oder selbst in aufgeklärten europäischen Demokratien für die gleiche Arbeit oft weniger Lohn bekommen oder geringere Start- oder Aufstiegschancen als Männer haben. Insofern zeigt diese längst überfällige Entscheidung der FIDE aus meiner Sicht, dass überall endlich die Erkenntnis reift, dass auch das Schach als Abbild des Lebens in all seinen Facetten dringend weiblicher werden muss. Dies wird auf die gesellschaftlichen Strukturen zurückwirken. Dass dabei die Dame seit dem 15. Jahrhundert die stärkste Figur auf dem Brett ist, mag zugleich Ansporn und Symbol sein. Diese Reform vor über 500 Jahren fällt übrigens nicht ohne Grund in eine Zeit, in der die Weltmächte Spanien (faktisch) und England (tatsächlich) von Frauen regiert wurden. Auch der Erfolg der Netflix-Serie „The Queens Gambit“ zeigt, auf welch fruchtbaren Boden diese Debatte inzwischen fällt. Als Walter Tevis diesen Roman 1982 veröffentlicht hat, war die Zeit dafür noch nicht reif. 40 lange Jahre später sollte dies anders sein.“

Diese Entwicklung muss im Kinderschach beginnen, darf dort aber nicht enden. Genau diesen Ansatz verfolgen seit langem bereits national wie international eine Fülle von Ideen und Projekten, die aber oft mangels Unterstützung und Vernetzung nicht die Aufmerksamkeit und Wirkung erlangen, die sie verdient hätten. Dem soll mit dem neuen Bündnis im Interesse einer nachhaltigen Verbesserung der weiblichen Quote im Schach aktiv entgegengewirkt werden. Das neue Bündnis versteht sich dabei als reines Kommunikationsangebot mit dem Impuls an alle Gleichgesinnten, sich darüber auszutauschen und gemeinsam zu engagieren. Ein frei von rechtlichen Strukturen konzipiertes Forum eröffnet dabei jedem die beste Chance, sich einfach und unkompliziert mit eigenen Erfahrungen, Ideen und Visionen einbringen zu können. Damit sollen Schachinstitutionen wie die FIDE, der Deutsche Schachbund oder die Landesschachverbände nicht ausgegrenzt werden. Vielmehr strebt das Bündnis gerade eine enge Abstimmung mit solchen Strukturen bei der Umsetzung von Projekten an, geht aber davon aus, dass es für alle Beteiligten schlicht einfacher ist, dies informell zu halten. Denn nichts wäre schädlicher, als mit dem Bündnis eine neue juristische Person zu kreieren, die dann für alle Mitstreiter die rechtliche Frage aufwerfen würde, ob und wie sie sich in diesem Rahmen überhaupt engagieren dürfen. Gerade im Verhältnis zum DSB sollte es dabei gelingen, über die Einbeziehung der neuen Frauenbotschafterin des DSB Frau Dr. Anita Stangl auch die organisierten Verbände des Schachsports vom Deutschen Schachbund bis hin zu den Bundesligamannschaften zu erreichen.

Dr. Anita Stangl (Foto: privat)

„Da die aktuelle Geschäftsführerin der FIDE, Dana Reizniece-Ozola, seit vielen Jahren im Frauenteam der SG Löberitz spielt, sollte auch eine informelle Abstimmung mit der FIDE unkompliziert möglich sein. Dana hat die ELG auch in 2021 mit einem Viktor für ihr schachsportliches Engagement geehrt.“

Dana Reizniece-Ozola mit dem Viktor (Foto: Bernhard Riess)

„Die Idee eines solchen runden Tisches der Schachkultur treibt mich schon länger um. Die in diesem Jahr auch dank des Netflix-Medienerfolges von „The Queens Gambit“ im weltweiten Fokus stehende Förderung von Mädchen und Frauen im Schach ist ein willkommener Anlass, diese Idee endlich umzusetzen und dafür Kräfte zu bündeln und über eine jährliche Tagung Impulse zu setzen und Synergien zu schaffen. Mich persönlich ärgert dabei am meisten, dass selbst die ELG es trotz zahlreicher Bemühungen immer noch nicht geschafft hat, Frauen für ein Engagement in ihrem Vorstand zu gewinnen. Dies bedarf einer dringenden Änderung. Ich bin insofern überaus optimistisch, dass sich dies im nächsten Jahr auch grundlegend ändern wird und wir dann auf der Ebene der Schachfunktionäre erstmals in der Schachwelt einen Vorstand stellen, der zur einen Hälfte aus Frauen und zur anderen Hälfte aus Männern besteht. Selbst wenn uns dies im nächsten Jahr noch nicht vollständig gelingt, muss dies unser Anspruch sein. Mit diesem Anspruch haben wir schon im August 2021 bei unserem Event im Haus der Familienunternehmen am Brandenburger Tor geworben und deswegen u.a. über Dagmar Jenner auch das zur Nachahmung zu empfehlende Projekt „Frau Schach“ in Wien vorgestellt. Der Erfolg dieser Initiative gründet gerade auf seinem informellen Charakter.“

Dagmar Jenner
(Foto: https://www.frau-schach.at/)

„Das neue Bündnis soll dabei offen für alle sein und mindestens einmal jährlich tagen. Einzige Bedingung ist eine gemeinnützige Ausrichtung. Mit der Schachstiftung GK und der SG Löberitz ist es dabei gelungen, gleich zwei Partner zu finden, die ähnliche Engagements über andere Ansätze schon lange verfolgen. Die Schachstiftung GK fördert seit Gründung genau solche Projekte und setzt in Kürze mit den hochkarätigen Aktivitäten in Plochingen anlässlich der Deutschen Einheit ein weiteres Highlight:

Die SG Löberitz verfolgt das gleiche Ziel als einer der ältesten und aktivsten deutschen Schachvereine, der nicht nur im weiblichen Schachsport überaus erfolgreich ist, sondern auch ein eigenes Schachmuseum betreibt und sich alljährlich durch vielseitige schachkulturelle Projekte auszeichnet. Beide Partner sind dafür bereits in 2018 und 2021 mit einem „Lasker“ gewürdigt worden.“

 

„Das Bündnis ist eine tolle Idee und wird vom gesamten Frauenteam der SG Löberitz vollumfänglich unterstützt“, meint die langjährige Mannschaftsführerin Rebekka Schuster und ergänzt „Ich denke, wir können hier viel voneinander lernen und daher umso mehr gemeinsam bewirken. Die Kombination aus Tradition und neuen Wegen wird in unserem Verein und vor allem unserer Frauenmannschaft aktiv gelebt. Also zeitgleich Traditionen zu wahren, zu stärken und zu ehren und dabei auch neue Impulse zu setzen, um neue, junge Spieler zu begeistern, festgefahrene Wege zu lockern und scheinbare Gegensätze (alt vs. jung, traditionell vs. modern, männlich vs. weiblich) mit einem „und“ zu verbinden, sehen wir als eine unserer Hauptaufgaben und Herausforderungen. Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit und besonders darüber, dass wir mit diesem Bündnis gerade Frauen eine starke Stimme geben wollen“.

Rebekka Schuster mit ihren Töchtern Clara und Isabel (Foto: Rebekka Schuster)

Ähnlich urteilt Dr. Gerhard Köhler, Gründer und Vorstand der Schachstiftung GK. „Mit dem Projekt Kinderschach in Deutschland fördert die Schachstiftung GK auch junge Mädchen ab vier Jahren, die dadurch im späteren Leben profitieren können.“

Dr. Gerhard Köhler
(Foto: https://schachstiftung-gk.de/)

Alle die an dem neuen Bündnis mitwirken möchten, mögen sich per E-Mail bei der ELG melden. Die erste Tagung soll beim nächsten Schachfestival der ELG im Frühsommer 2023 stattfinden. Das genaue Datum, der Veranstaltungsort und die Inhalte der Tagung sollen spätestens Ende Februar 2023 bekannt gegeben werden.

Berlin, im September 2022

 

 

 

 

Meldung auf der ELG-Seite...


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