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Erinnerung an Werner Harenberg
* 9. Juni 1929 - † 14. Februar 2014
1979 war ich ein junger Wissenschaftsjournalist und schrieb und produzierte Dokumentationen für das ZDF. Nach vielen interessanten Projekten entdeckte ich, dass Computer (ob Sie es glauben oder nicht) Schach spielen konnten. Wir drehten eine Dokumentation über dieses Thema und in einem Teil dieser Dokumentation spielte IM David Levy in unserem Fernsehstudio in Hamburg gegen das Computerprogramm 4.8. Die Züge führte ein Roboterarm aus, der direkt von einem riesigen Mainframe-Rechner kontrolliert wurde, der in Minneapolis, in den USA, stand.
Das spektakuläre Arrangement und die interessante Partie sorgten für Aufsehen. Das ZDF erhielt damals (in den Zeiten, als es noch kein Internet gab) über 90.000 Leserbriefe mit Kommentaren zur Sendung und dem Wunsch nach der Notation der Partie.
Als wir die Partie im Studio aufzeichneten, war unter den Zuschauern ein Chefredakteur des Spiegel, der das Geschehen aufmerksam verfolgte. Anschließend nahm er Kontakt zu mir auf, um weitere Recherchen anzustellen. Als die Dokumentation ausgestrahlt wurde, veröffentlichte der Spiegel einen fünfseitigen Artikel zum Thema. Wie ich festgestellt habe, kann man diesen Artikel im Spiegel-Archiv immer noch abrufen:
Schach-Computer: Jahrtausende pro Partie und Mit dem 9. Zug schien der Schotte verloren.
Der Mann im Publikum, den ich auf dem obigen Archivfoto entdeckt habe, war Werner Harenberg, der später mein Freund und Mentor wurde (siehe unten).
Bald nach der Levy-Partie organisierte Der Spiegel selbst ein Match, in dem Viktor Kortschnoi gegen Chess 4.8 antrat. Bericht (siehe Foto unten) und Partie findet man im Spiegel-Archiv.
Im Anschluss organisierte Harenberg eine große Diskussionsrunde zum Thema "Künstliche Intelligenz", an der eine Reihe von Experten teilnahm, darunter mein Fernsehchef Hoimar von Ditfurth (der Youtube-Link führt zu einer wunderbaren zweiteiligen Dokumentation, die wir über die ägyptischen Pyramiden gemacht haben).
Schachinteresse
Werner Harenbergs Interesse am Schach wurde immer größer und im November 1981 veröffentlichte er ein Buch über die großen Schachweltmeister. Ich erhielt ein Exemplar mit persönlicher Widmung und ich weiß nicht, wie oft ich in diesem Buch bei Schachrecherchen nachgeschlagen habe. Im Internet gibt es immer noch ein paar gebrauchte Exemplare des Buches und es lohnt, sich eins davon zu sichern, bevor die Sammler zuschlagen.
Ich habe von dem erfahrenen Spiegel-Redakteur Harenberg viele Grundprinzipien des Printjournalismus gelernt. Er hämmerte mir die wichtigsten Grundlagen ein: kompromisslose Ehrlichkeit (eine sine qua non für den Spiegel-Journalisten), gründliche Faktenprüfung, das Finden einer guten Geschichte, wie man schwieriges Material für ein Laienpublikum verständlich aufbereitet - und den Umgang mit dem komplexen Thema journalistischer Freiheit.
Der letzte Punkt war besonders lehrreich und ich möchte Ihnen ein Beispiel geben, wie das praktisch aussieht. 1990 lud Harenberg Kasparov und Karpov, deren Feindschaft damals einen Höhepunkt erreicht hatte, zu einem Streitgespräch im Spiegel ein. Leider waren die beiden nicht in der Lage, eine akzeptable Diskussion von Angesicht zu Angesicht zu führen und das Ergebnis war ziemlich enttäuschend. Im Einzelgespräch waren die Weltmeister jedoch sehr viel entgegenkommender.
Zwei Möglichkeiten boten sich an: der Spiegel konnte eine ziemlich fade Diskussion zwischen den beiden Erzrivalen veröffentlichen oder mit einem redaktionellen Beitrag ergänzen, in dem man hinzufügte, was die beiden im Einzelinterview gesagt hatten.
Lehrjahre: Frederic Friedel mit Werner Harenberg im Spiegel-Büro
Werner Harenberg wählte einen dritten Weg: er schrieb eine neue Version der Diskussion zwischen Karpov und Kasparov, die er mit dem Material ergänzte, das er von den beiden Spielern im Einzelgespräch bekommen hatte. Anschließend legte er diesen Text Kasparov und Karpov vor. Kasparov akzeptierte ihn sofort. Die Autorisierung Karpovs zu bekommen erwies sich jedoch als schwieriger. Bei Harenbergs Beerdigung erinnerte sich Harenbergs Sohn Jens Ulrich, wie sein Vater erst nach Moskau und dann nach Biel gereist war, wo er schließlich Karpovs Einverständnis bekam, den Text zu veröffentlichen. Die Story war eines der Highlights der Spiegel-Berichte über Schach.
Das berühmte Spiegel-"Streitgespräch" vom 1. Oktober 1990 ist immer noch online und steht als PDF zur Verfügung.
Man könnte noch viel mehr über Werner Harenberg und all das, was er für das Schach getan hat, erzählen. So spielte er eine wichtige Rolle in der Karriere Garry Kasparovs und auch bei der Gründung unserer Firma ChessBase. All das lief über den Spiegel und ist sorgfältig archiviert. So ist der vorliegende Artikel der erste Teil meines Nachrufs und wird bald fortgesetzt.
Werner Harenberg starb nach langer Krankheit am 14. Februar 2014 im Alter von 84 Jahren. Die Traueranzeige, die wir erhalten haben, hat meine Gefühle perfekt ausgedrückt, zusätzliche Worte sind nicht notwendig. Auch das ist etwas, was er mir beigebracht hat: Perfektes soll man lassen und nicht durch Kommentare zerstören.
Wir können weinen, weil Du gegangen bist
oder wir können lächeln, weil Du gelebt hast.
Wir können die Augen schließen und hoffen,
dass Du wiederkommst oder wir können
die Augen öffnen und all das sehen, was Du
uns hinterlassen hast.