Erinnerungen an Dr. Robert Hübner (1948-2025)

von ChessBase
23.01.2025 – Der viel zu frühe Tod von Robert Hübner hat alle Schachfreunde geschockt. Paul Werner Wagner hat Robert Hübner im Zusammenhang der großen Lasker-Konferenz 2001 erstmals getroffen. "Wir haben mit ihm einen großartigen Schachspieler und einzigartigen Menschen verloren", schreibt er in seinem Nachruf. | Foto: Hübner bei seinem Vortrag 2001 (Foto: André Schulz)

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Erinnerungen an Dr. Robert Hübner (1948-2025)

Der Internationale Großmeister Robert Hübner war mein Jahrgangsgenosse. Als Schachfreund in der DDR verfolgte ich seine Laufbahn über die Grenze hinweg mit wachsendem Interesse und großem Wohlwollen.

Robert Hübners Aufstieg zur Weltspitze begann beim Interzonenturnier in Palma de Mallorca 1970. Er belegte hinter Bobby Fischer den zweiten Platz, wurde WM-Kandidat und jüngster deutscher Großmeister. Bei den Kandidatenturnieren drückte ich ihm die Daumen und litt mit ihm.

1971 gab er in Sevilla das Viertelfinal-Match gegen Ex-Weltmeister Petrosjan wegen des Lärms im Turniersaal entnervt auf. Beim Interzonenturnier 1979 in Buenos Aires 1979 kam er punktgleich auf Platz 1.-3 Platz mit Portisch und Petrosjan. Im Kandidatenturnier 1980 gab er nach Wettkampfsiegen gegen Portisch und Adorjan im Finale in Meran gegen Kortschnoi nach der 10. Runde auf, nachdem er anfangs mit 2:1-Siegen geführt hatte.

Als glühender Verehrer von Emanuel Lasker schien mir damals, dass der Kölner nach Jahrzehnten der erste deutsche Spieler sein könnte, der wieder ein Finale um die Weltmeisterschaft bestreiten könnte. Am Endes hat es Robert nicht geschafft.

Robert Hübner nahm zwischen 1968 und 2000 mit der Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland an 11 Schacholympiaden teil. Seine größten Erfolg waren der Gewinn der Team-Silbermedaille 2000in Istanbul und die beiden Einzel-Goldmedaillen 1972 in Skopje und 1990 in Novi Sad.

Trotz seiner Schacherfolge entschied sich der promovierte Papyrologe nicht für die aussichtsreiche Profikarriere.

Robert habe ich erst 2001 persönlich kennengelernt. Es war während der Vorbereitung der Lasker Konferenz in Potsdam, als ich ihn fragte, ob er als Referent und Simultanspieler teilnehmen könnte. Ich erläuterte ihm mein Konzept und er sagte zu.

Die Internationale Emanuel Lasker Konferenz fand vom 11.-14. Januar 2001 mit über 300 Teilnehmern in Potsdam statt. Robert Hübner hielt einen scharf pointierten und tiefsinnigen Vortrag zum Thema „Laskers ‚psychologische Spielweise‘. Nachzulesen in „Emanuel Lasker. Homo ludens – homo politicus – Beiträge über sein Leben und Werk“ (Verlag für Berlin-Brandenburg 2003).

Robert Hübner, Paul Werner Wagner, Wolfgang Unzicker, 2001

Weiterhin gab er im Rahmenprogramm neben Victor Kortschnoj und Raj Tischbierek eine Simultanvorstellung gegen die Konferenzteilnehmer.

Die intensive Beschäftigung mit Emanuel Lasker durch Robert Hübner wurde ein Glücksfall für die Schachgeschichte. In der 2009 im Exzelsior Verlag erschienen Monografie „Emanuel Lasker- Denker Weltenbürger Schachweltmeister“ verfasste Robert Hübner das Kapitel 18 „Zu den Anfängen von Laskers Schachlaufbahn“. Auf 162 Seiten beleuchtete er akribisch Laskers schachliche Entwicklung mit zahlreichen tiefgründig analysierten Partiebeispielen.

2008 folgte in der Edition Marco „Der Weltmeisterschaftskampf Lasker – Steinitz 1894 und weitere Zweikämpfe Laskers“. Dieses Hübner-Buch enthält neben den aufwendig recherchierten historischen Lebensdaten und Fakten eine meisterhafte Analyse von Lasker-Partien. Wie er mir einmal im Gespräch verriet, hat er erst spät die immense Spielstärke von Lasker erkannt und schätzen gelernt.

Zu seinen weiteren lesenswerten Publikationen, die in der Edition Marco erschienen sind, zählen „Elemente einer Selbstbiographie“ (2015) und „Büsum 1968 – Erinnerungen von Robert Hübner“ (2018)

Hübner war wohl weltweit einer der besten und tiefgründigsten Schachanalytiker. Seine Partiekommentare und Beiträge zur Schachgeschichte waren stets hochkarätig und lesenswert.

Im Museum Leipzig,  am 29.11.2019, von links: Dr. Wilfried Röder, Institut für angewandte Informatik; Dr. Gerhard Köhler; Dr. Robert Hübner; Dr. Almuth Märker, Kustodin der Papyrus- und Ostrakasammlung der Universitätsbibliothek Leipzig; Dr. Sebastian Stieler, Geschäftsführer Kommunikation Sozialwissenschaften | Foto: Schachstiftung GK

Im Laufe der Jahre war er mehrmals bei Veranstaltungen der Emanuel Lasker Gesellschaft in Berlin und Leipzig als Simultanspieler und Gesprächspartner zu Gast. 2018 wurde Robert Hübner mit der Ehrenmitgliedschaft der Emanuel Lasker Gesellschaft ausgezeichnet.

Robert Hübner unterstützte auch die Schachstiftung von Dr. Gerhard Köhler, die sich zum Ziel gesetzt hat, Kindern in Kindergärten und Grundschulen das Schachspiel zu lernen, um damit die frühkindliche Bildung und das Denken zu fördern.

2021 überreichte der Vorstand der Emanuel Lasker Gesellschaft Thomas Weischede in Halle (Saale) den Ehrenpreis Viktor an Robert Hübner für dessen herausragendes Engagement zur Förderung des Schachs als Sport und als Kultur- und Bildungsgut.

Thomas Weischede, Elisabeth Pähtz, Robert Hübner | Foto: Schachstiftung GK, 2021

Wer Hübner näher kennenlernen durfte, konnte sich im Gespräch von seiner universellen Bildung überzeugen.

Der Rheinländer beherrschte mehrere Fremdsprachen und betätigte sich auch als Übersetzer. Bis ins Alter bewegte er sich, dessen Markenzeichen die Selbstironie war, meisterlich auf dem Schachparkett.

Robert Hübner war nach Weltmeister Lasker der zweite deutsche Spieler von Weltrang.

Neben seiner grandiosen Leistungen auf dem Schachbrett hat er sich bleibende Verdienste bei der Pflege und Neubewertung des Erbes von Emanuel Lasker erworben.

Wir haben mit ihm einen großartigen Schachspieler und einzigartigen Menschen verloren.

An Robert Hübner zu erinnern, bleibt eine dauerhafte Aufgabe.

Paul Werner Wagner
Gründer der Emanuel Lasker Gesellschaft und deren Vorsitzender von 2001 bis 2019


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