Eröffnungstrends beim Aeroflot Open

von Thorsten Cmiel
18.03.2019 – Das Moskauer Aeroflot Open war und ist immer noch eines der best besetzten Open im Turnierkalender mit vielen starken Großmeistern und vielen jungen Talenten. Wer wissen will, was in den Eröffnungen demnächst "en vogue" ist, muss hier nachschauen. Thorsten Cmiel hat vorsortiert.

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Eröffnung-Trends: Nachlese aus Moskau

Bei den drei Aeroflot-Turnieren in Moskau spielten 280 Teilnehmer mit: 87 Großmeister und 53 Internationale Meister waren dabei die Topspieler. Die absolute Weltelite war diesmal nicht am Start („nur“ sechs Spieler hatten über 2700); das mag auch an dem straffen Zeitplan liegen.

Die heißesten Jungtalente der Welt nehmen traditionsgemäß am Aeroflot-Turnier teil und haben hier bereits ihre Weihen empfangen: Alireza Firouzja (2003), Nihal Sarin (2004), Praggnanandhaa (2005) und Gukesh (2006) waren unter den Teilnehmern, sind jetzt aber bereits etabliert und haben den GM-Titel inzwischen beisammen. Die Rangliste wurde angeführt von dem hierzulande noch wenig beachteten, „ewig talentierten“ Chinesen Wei Yi (2733), der in diesem Jahr 20 Jahre alt wird.

Der Königsbauer dominiert weiter

In Moskau setzte sich in der A-Gruppe (500 Partien) der Trend fort: Der Zug des Königsbauern ist bei den Profis wieder angesagt (in über 40 Prozent der Partien). Als häufigste Antwort stellte sich diesmal Schwarz mit seinem Königsbauern im Doppelschritt dagegen. Der häufigste offene Sizilianer war die Najdorf-Spielweise, die den Schwarzspielern diesmal sogar ein leichtes Plus einbrachte. Andere Sizilianer fanden fast gar nicht statt. Beim B-Turnier (2550 bis 2300) war 1.d4 der Hauptzug, zumindest in den ersten vier Runden (252 Partien) – der Rest der Partien wurde zumindest laut Angaben bei „Chess-Results“ leider nicht erfasst.

Die Farbspezialisten und Co-Sieger

Das Turnier gewann der Este Kaido Kulaots (Jahrgang 1976) als Nummer 62 der Setzliste bei 100 Teilnehmern mit einer Performance von 2873. Auffällig war sein Ergebnis mit den schwarzen Steinen: vier Siege gegen die Youngster Parham Magsoodloo, Alireza Firouzja, Daniil Dubov und Wei Yi und ein Remis gegen den Drittplatzierten Krishnan Sasikiran.

Kaido Kulaots spielt mit Schwarz den Najdorf-Sizilianer und hatte bei der Gegnerschaft einige kritische Momente zu überstehen, zeigte sich aber kampfstark und zeigte extrem gute Konterqualitäten auf den schwarzen Feldern.

 

 

Sein Co-Sieger ist der 18jährige Armenier Haik Martirosjan, der mit Weiß ebenfalls 4,5 aus 5 erzielte und meistens bestens vorbereitet mit dem Damenbauernzug loslegte. Sein wichtigster Sieg gelang dem Armenier gegen Krishnan Sasikiran, dessen Lauf er stoppen konnte in einer Variante im Königsinder, die der Youngster offenbar besser vorbereitet hatte und im 20. Zug verbesserte.

 

Einige Ideen

Im Chessbase Magazin (CBM) 188 beschäftigte sich Lawrence Trent für Chessbase mit einer aggressiven Spielweise für Weiß im klassischen System im Najdorf-Sizilianer mit 6.Le2 e5 7.Sf3 und späterem h4.

ChessBase Magazin 188

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Diese junge Idee stammt aus einer Partie in Batumi. In Moskau griffen zwei Weißspieler diese Idee in Kombination mit dem anderen Springerrückzug (7.Sb3) auf und erzielten zwei Siege jeweils in ihrem eigenen Stil.

 

Für Freunde eines gepflegten beschleunigten Drachen spielte Daniil Dubov eine interessante Partie, die er nach einigen Wirrungen und Fehlern etwas überraschend gewinnen konnte.

 

Robert Ris beschäftigt sich im CBM 188 mit einer soliden schwarzen Spielweise gegen Katalanisch. In Moskau kamen jetzt zwei interessante Partien hinzu, wobei die jeweiligen Schwarzspieler nicht auf der Höhe der Diskussion zu sein schienen.

 

Im „Carlsen-Gashimov-System“, das vor allem gegen Najdorf-Sizilianer konzipiert ist, gab es in Moskau ebenfalls zwei spannende Ergänzungen und Schwarz bleibt offenbar weiter in der Bringschuld.

 

Bei den Schwarzsystemen gegen den Damenbauern können im Nimzoinder weiterhin interessante Spielweisen beobachtet werden und zwar für beide Seiten. Die Partie des Italieners Luca Moroni gegen den Spanier Anton Guijarro David ist ein Beispiel für die Dramatik, die aus dieser positionellen Spielweise entstehen kann. Letztlich gewinnt allerdings der „falsche“ Spieler nach einem groben Zeitnotfehler.

 

Eine ältere Idee des meist originell spielenden Letten Alvis Vitolinsh (1946 – 1997) kam im B-Turnier gegen einen jungen russischen Spieler zum Einsatz. Auch das Recycling von alten Ideen könnte ein gutes Rezept für Spieler auch außerhalb des Profilevels sein.

 

Exoten wie Anton Korobov spielen weiterhin das hochtheoretische Semi-Slawisch. Diesmal kam ausgerechnet in Moskau das Anti-Moskau-System bei ihm auf den Tisch. Der Ukrainer gewann diesen Kampf.

 

 

 

 


Thorsten Cmiel ist Fide-Meister lebt in Köln und Milano und arbeitet als freier Finanzjournalist.

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