Eurosplitter
Elisabeth und
Arkadij sind zurück im EM-Turnier
Von Dagobert Kohlmeyer
Der zweite Tag der
Europameisterschaften brachte den deutschen Spitzenbrettern die ersten Punkte.
Arkadij Naiditsch und Elisabeth Pähtz gewannen gestern ihre Partien mit Weiß und
meldeten sich damit im Turnier zurück. Der Dortmunder Großmeister bezwang Peter
Sowray (England) in einer Sizilianischen Partie nach 38 Zügen. Auch Elisabeth
Pähtz zeigte sich von ihrer EM-Startniederlage gut erholt und gab Afag
Khudaverdiewa (Aserbaidschan) das Nachsehen.
Elisabeth Pähtz
Die
Großmeisterin vom Damen-Bundesligisten TU Dresden legte ihre Partie strategisch
an, erhöhte ständig den Druck und ließ ihrer Gegnerin aus Baku im weiteren
Spielverlauf keine Chance. Nach dem 34. Zug gab Afag den hoffungslosen Kampf
verloren.
Ihren
zweiten Punkt in Folge errang Deutschlands Nr. 2 bei den Frauen, Ketino Kachiani,
im Duell mit Nationalmannschaftskollegin Jessica Nill. Die Badenerin liegt damit
an der Tabellenspitze. Jessica Nill hatte ihrerseits am Tage zuvor den
Schönheitspreis für ihre Partie gegen Andrea Huppertz gewonnen. Ausgewählt wurde
dieses Spiel von Altmeister Wolfgang Uhlmann. Die Dresdener Schachlegende
ermittelt jeden Tag die schönste EM-Partie bei den Damen, Großmeister Klaus
Bischoff die beste Herrenpartie. Den Schönheitspreis des ersten Spieltages hatte
Artur Jussupow für einen couragierten Angriff mit den schwarzen Steinen in
seiner Parade-Eröffnung Russisch zugesprochen bekommen.
Im
Männerturnier machte die Nr. 1 der Setzliste, Dmitri Jakowenko, zuletzt kurzen
Prozess. Nach nur 24 Zügen gewann der Großmeister aus Moskau als Weißer gegen
den Polen Piotr Bobras in einer Spanischen Partie. Mit 2 Punkten liegt er voll
im Plan.
Prominenter Gast zum Auftakt der zweiten
Runde war der Bundesvorsitzende der Grünen Reinhard Bütikofer.
Er erlernte Schach mit acht Jahren und
spielte früher sogar in einem Verein. Der Politiker überreichte gestern die
Schönheitspreise an Jessica Nill und Artur Jussupow und eröffnete dann das Spiel
am Spitzenbrett des Russen Dmitri Jakovenko.
"Schach hilft auch im politischen Leben,
selbst wenn man dort manchmal Bauern oder gar eine Dame opfern muss. Dass
Dresden nächstes Jahr die Schacholympiade ausrichtet, finde ich großartig“,
sagte Bütikofer.
Emre Can - Artur Jussupow
,
Dresden,
4.4.2007
Russische Verteidigung
1.e4 e5 2.Sf3 Sf6 3.d4 Sxe4 4.Ld3 d5 5.Sxe5 Sd7 6.Sxd7 Lxd7 7.0-0 Ld6 8.Dh5 Sf6
9.Te1+ Kf8 10.De2 Sg4 11.g3 Df6 12.c3 Te8 13.Df1 Txe1 14.Dxe1 Sxh2! 15.Kxh2 h5
16.Kg1 h4 17.Lf1 hxg3 18.fxg3 Dg6 19.Lg2 Dh5 20.De3 Dh2+ 21.Kf2 Th3 0-1
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Jessica Nill – Andrea
Huppertz, Dresden,
4.4.2007
Englische Eröffnung
1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.e3
a6 5.Sc3 b5 6.b3 Lb7 7.Ld3 Sbd7 8.0-0 e6 9.De2 b4 10.Sa4 c5 11.Td1 Dc7 12.dxc5
Sxc5 13.Sxc5 Lxc5 14.Lb2 dxc4 15.Lxc4 Sg4 16.h3 Sf6 17.Tac1 De7 18.Lb5+ Kf8
19.Lxf6 Dxf6 20.Txc5 Lxf3 21.Dxf3 Dxf3 22.gxf3 axb5 23.Txb5 Ke7 24.Tb7+ Kf6
25.Tdd7 Thf8 26.Txb4 Txa2 27.Tbb7 h5 28.h4 Tb2 29.Kg2 g6 30.b4 Tb1 31.f4 Tb2
32.Kf3 Tb1 33.b5 Th1 34.b6 Txh4 35.Txf7+ Txf7 36.Txf7+ Kxf7 37.b7 g5 38.b8D g4+
39.Kg2 Th3 40.Dc7+ Kf6 41.Dd8+ Kf7 42.Dg5 1-0
Zum
Nachspielen...
Loek van Wely, einer der Favoriten
Zurab Asmaiparshvili ist immer für eine Überraschung gut
"Die Schacholympiade wird
Dresdens Meisterstück“
Interview mit FIDE-Präsident Kirsan Ilyumzhinov
Von Dagobert Kohlmeyer
Prominentester Gast zur Beginn der Europameisterschaft im Kongresszentrum von
Dresden war der Präsident des Weltschachbundes (FIDE) Kirsan Ilyumzhinov. Der
Staatsmann aus Kalmückien in Südrussland lobte in einer Ansprache das große
Engagement der Organisatoren und äußerte die Gewissheit, dass Dresden eine
glanzvolle Europameisterschaft ausrichten wird. Unser Mitarbeiter Dagobert
Kohlmeyer sprach anschließend im Maritim Hotel mit dem 44-jährigen Millionär
Ilyumzhinov.
Kirsan Ilyumzhinov
Willkommen in Dresden, Herr Präsident! Wie sind Ihre Eindrücke
von der Stadt vor den ersten Zügen?
Mir gefällt
Dresden sehr, nicht nur weil es eine Stadt mit großer Schachtradition ist. Die
prachtvollen Bauten zeugen von einer grandiosen Geschichte, das schöne Elbufer
ist ein magischer Anziehungspunkt. Dresden hat ein unglaubliches kulturelles
Angebot, es gehört für mich zu den schönsten Städten der Welt.
Lenkt so eine attraktive Metropole nicht vom Schachspielen ab?
Nein, ich
denke sie beflügelt die Aktiven. Am Brett sind die Schachspieler in der Regel
sehr konzentriert. Aber wenn die Geistesarbeit getan ist, können sie dann in
ihrer Freizeit in die Stadt gehen, die Museen besichtigen, die Semper Oper
besuchen oder Ausflüge ins Umland unternehmen.
Also ist Dresden Ihrer Meinung nach der rechte Platz für
schachliche Großereignisse?
Sicher. Ich
beglückwünsche ganz Deutschland und besonders Sachsen zu dieser
Europameisterschaft mit Rekordbeteiligung. Es ist ein Event des Weltsports, das
auch durch die Politik und Wirtschaft sehr gefördert wird. Ich möchte an dieser
Stelle besonders den Sponsoren ausdrücklich danken. Wer das Schach in dieser
Weise unterstützt, der investiert in die Zukunft.
Der Siegerpokal, noch in den Händen von Dr.Dirk Jordan und
Winfried Lehmann
Dresdens Schachorganisatoren sind versierte Leute, aber die EM
und die Olympiade bedeuten auch für sie neue Herausforderungen.
Solche
Ereignisse zu organisieren, bedeutet immer einen großen Kraftakt. Aber ich
denke, man kann den Veranstaltern schon jetzt ein Kompliment machen. In der
Eröffnungsshow wurden phantastische Ideen umgesetzt. Das war etwas für Auge und
Ohr. Ich bin sicher, die gesamte EM wird eine großartige Werbung für das Schach
und verleiht den Organisatoren den erforderlichen Schwung, den sie für ihre
letzte Strecke auf dem Weg zur Schacholympiade 2008 noch brauchen. Zum Turnier
der Nationen im Herbst nächsten Jahres werden sie dann ihre Meisterprüfung
ablegen.
Herr Ilyumzhinov, Sie sind für überraschende Züge im Weltschach
und spektakuläre Aktionen bekannt. Vor elf Jahren wollten Sie eine Schach-WM bei
Saddam Hussein in Irak durchführen. Was können wir in naher Zukunft von Ihnen
erwarten?
Damals
wollte ich die Öffentlichkeit schocken und auf Schach aufmerksam machen.
Inzwischen hat sich die Situation im Weltschach beruhigt und ist viel klarer
geworden. Wir haben nur einen einzigen Champion, das ist Wladimir Kramnik aus
Russland. Im Herbst folgt das WM-Turnier in Mexiko, danach der Weltcup in
Sibirien. Der Sieger dieses Wettbewerbs spielt 2008 gegen den Weltmeister um die
Schachkrone.
Die FIDE-WM als Knockout-Turnier hat sich nicht bewährt. Kehren
Sie jetzt ganz zur klassischen Linie der Ermittlung des Schachkönigs zurück?
Ja, das ist
die historische Tradition, die mit Steinitz, Lasker und Capablanca begann. Wir
können uns dem nicht verschließen. Lange haben wir experimentiert und jetzt
festgelegt: In den ungeraden Jahren wird der Weltcup durchgeführt, in den
geraden Jahren gibt es die WM-Matches zwischen Titelverteidiger und
Weltcupsieger.
Konkret gefragt: Wer spielt nächstes Jahr um den Weltmeistertitel
im Schach?
Wladimir
Kramnik und der Sieger des Weltcups 2007.
Und wenn Kramnik im WM-Turnier von acht Großmeistern in Mexiko,
an dem er im September teilnimmt, nicht erfolgreich ist?
Dann spielt
er erst einmal gegen den Sieger von Mexiko. Der Gewinner dieses Matchs ermittelt
anschließend im Duell mit dem Weltcupsieger den neuen Schachweltmeister.
Ist das nicht ein zu großer Bonus für Wladimir Kramnik, während
Weselin Topalow, der Unterlegene des letzten WM-Matchs von Elista 2006, leer
ausgeht?
Wir haben es
im März im Weltverband so festgelegt. Es ist eine Übergangslösung, die später in
dieser Form nicht mehr existiert. Topalow muss jetzt leider in den sauren Apfel
beißen und beim nächsten Weltcup wieder um die WM-Qualifikation kämpfen.
Was meinen Sie, wird der Bulgare bei diesem Turnier in Sibirien
spielen?
Ich hoffe
es. Alle Top-Spieler sollten dort antreten. Der Weltcup ist dabei, sich als
zweitwichtigster Einzelwettbewerb des Schachs zu etablieren. Die Frauen werden
künftig auch einen Weltcup bekommen. Bei ihnen gibt es ebenfalls eine
Übergangslösung wie bei den Männern. Wichtig ist es jetzt für alle, bei der EM
in Dresden gut abzuschneiden, weil sich die Besten hier für den Weltcup
qualifizieren können.
Als FIDE-Präsident haben Sie stets auch den Nachwuchs im Auge.
Wer hat Ihrer Meinung nach am ehesten das Zeug zum künftigen Weltmeister?
In jüngster
Zeit haben sich etliche junge Großmeister hervorgetan. Teimur Radjabow aus
Aserbaidschan, Sergej Karjakin aus der Ukraine, der hier bei der Euro in Dresden
mitspielt und Magnus Carlsen aus Norwegen. Von der Spielanlage gefällt mir
Carlsen am besten. Er hat eine große Zukunft. Sein aggressiver, geradliniger
Stil erinnert mich an den jungen Bobby Fischer. Magnus hat kein Hinterland wie
die russische Schachschule und ist dennoch schon so erfolgreich. Einfach ein
Riesentalent.
Ein Mann wie Sie, Exzellenz, ist ständig unterwegs und hat kaum
Freizeit. Welche Pläne haben Sie in den nächsten Tagen?
Ostern werde
ich nach Jerusalem fliegen, wo ich schon im vergangenen Jahr war. Ich feiere
dort meinen 45. Geburtstag.