Fair Play und Betrug im Schach

von ChessBase
30.06.2004 – Dass Schach kein Glücksspiel ist, ist seit langem bekannt. Manche Turnierspieler sorgen aber außerdem noch dafür, dass über den Ausgang mancher Partie schon vorher keine Unklarheit besteht. Dabei ist die Remisabsprache aus Bequemlichkeit oder Angst noch das geringste Übel. Weit verbreitet sind nämlich gekaufte oder abgesprochene Siege, sei es, um sich eine bessere Preisgeldsumme zu sichern, einen Titel oder eine Norm einzufahren oder einen Qualifikationsplatz zu erreichen. In einem mutigen und informativen Artikel, der in zwei Teilen in den beiden kommenden Ausgaben von Schach erscheint, beschreibt Raj Tischbierek die häufigsten Formen von Betrug und mangelndem Benehmen im Schach und nennt Ross und Reiter. Schach 7/2004 erscheint diesen Freitag. Zu Schach...Mehr...

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Einer der bekanntesten Fälle von Betrug im Schach fand wohl beim Kandidatenturnier in Curacao 1962 statt, als Petrosian, Geller und Keres sich in den Partien gegeneinander schonten und kurzzügige Remis absprachen, um gegen Fischer mit voller Kraft zu spielen. Am Ende war nicht Favorit Fischer Herausforderer von Botvinnik, sondern Petrosian. Fischer machte die Sache öffentlich und meinte, dass die Regierung der UdSSR im Hintergrund für den Betrug verantwortlich war, nicht die Spieler. Man kann einigen Zweifel an dieser Auffassung bekommen, wenn man die Beobachtungen von Bill Goicheberg, dem Organisator der großen Open in den USA liest. Demnach wurden ganze Turnier von Pools russischer Spieler durchgeplant und abgesprochen, um den maximal möglichen finanziellen Gewinn zu erzielen: "Vor einigen Jahren kamen große und starke Gruppen sowjetischer bzw. vormals sowjetischer Großmeister zu den Turnieren. Es war unvermeidlich, einige von ihnen in entscheidenden Runden gegeneinander zu paaren. Hatte dabei ein Spieler einen halben Punkt mehr als der andere, gewann stets der mit dem höheren Score. Wiesen beide Spieler die gleiche Punktzahl auf, endeten die Partien immer mit einer Entscheidung, Remisen gab es nicht. Und trafen zwei punktgleiche Spieler in der vorletzten Runde aufeinander, gewann stets der mit den schwarzen Steinen. Offensichtlich, um dem besser Platzierten in der letzten Runde den Vorteil der weißen Steine zu verschaffen."

Unter den Betrügern finden sich zahlreiche namhafte Großmeister, wie z.B. Florian Gheorghiu, Henrique Mecking, Ciocaltea und viele mehr. Anscheinend kann man abgesprochene Partien nur schlecht nachweisen, oder besser: in juristisch einwandfreier Form beweisen. Doch manchmal sind die Indizien mehr als offensichtlich, wie im folgendem, von Raj Tischbierek recherchiertem Fall:



Bitte beachten Sie, dass Herr Wladimir Georgiew (in englischer Schreibweise Vladimir Georgiev) 2001 auf einen Trick "hereinfiel", der ihm zwei Jahre und vier Jahre zuvor selbst jeweils den ganzen Punkt eingebracht hat. Man kann nun darüber spekulieren, ob nur die letzte Partie verkauft wurde oder nicht auch schon die beiden Partien zuvor. Oder ob Herr Georgiev vielleicht doch von einer speziellen Amnesie befallen ist.

Neben der Partieabsprache, die sogar auf Deutschen Meisterschaften anzutreffen war, ist auch der Erwerb von hohen Ratingzahlen durch abgesprochene oder gar erfundene Turniere ein verbreitetes Phänomen. Der berühmteste Fall ist der von Crisan Alexandru, der sich eine Elozahl von über 2600 erschwindelt hat und sich inzwischen mit Hilfe großer krimineller Energie an die Spitze des rumänischen Verbandes gesetzt hat.

Eine viel wichtigere Aufgabe als nach Schachturnieren Urinproben einzusammeln, wäre es für die FIDE, die überall wuchernden Auswüchse zu bekämpfen und zu bestrafen. In dieser Hinsicht ist der Beitrag von Raj Tischbierek in Schach ein wichtiger erster Schritt zur allgemeinen Bekanntmachung der Phänomene, die sonst nur von Insidern unter der Hand diskutiert werden.

Übrigens ist Betrug nicht nur im Profischach verbreitet. Selbst in Amateurligen gibt es abgesprochene 4:4-Ergebnisse, um der einen Mannschaft vielleicht den Aufstieg zu ermöglichen und bei der anderen den Abstieg zu verhindern.

 

 

 

 

 

 


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