Einer der bekanntesten Fälle von Betrug im Schach fand wohl
beim Kandidatenturnier in Curacao 1962 statt, als Petrosian, Geller und Keres
sich in den Partien gegeneinander schonten und kurzzügige Remis absprachen, um
gegen Fischer mit voller Kraft zu spielen. Am Ende war nicht Favorit Fischer
Herausforderer von Botvinnik, sondern Petrosian. Fischer machte die Sache
öffentlich und meinte, dass die Regierung der UdSSR im Hintergrund für den
Betrug verantwortlich war, nicht die Spieler. Man kann einigen Zweifel an dieser
Auffassung bekommen, wenn man die Beobachtungen von Bill Goicheberg, dem
Organisator der großen Open in den USA liest. Demnach wurden ganze Turnier von
Pools russischer Spieler durchgeplant und abgesprochen, um den maximal möglichen
finanziellen Gewinn zu erzielen: "Vor einigen Jahren kamen große und starke
Gruppen sowjetischer bzw. vormals sowjetischer Großmeister zu den Turnieren. Es
war unvermeidlich, einige von ihnen in entscheidenden Runden gegeneinander zu
paaren. Hatte dabei ein Spieler einen halben Punkt mehr als der andere, gewann
stets der mit dem höheren Score. Wiesen beide Spieler die gleiche Punktzahl auf,
endeten die Partien immer mit einer Entscheidung, Remisen gab es nicht. Und
trafen zwei punktgleiche Spieler in der vorletzten Runde aufeinander, gewann
stets der mit den schwarzen Steinen. Offensichtlich, um dem besser Platzierten
in der letzten Runde den Vorteil der weißen Steine zu verschaffen."
Unter den Betrügern finden sich zahlreiche namhafte Großmeister, wie z.B.
Florian Gheorghiu, Henrique Mecking, Ciocaltea und viele mehr. Anscheinend kann
man abgesprochene Partien nur schlecht nachweisen, oder besser: in juristisch
einwandfreier Form beweisen. Doch manchmal sind die Indizien mehr als
offensichtlich, wie im folgendem, von Raj Tischbierek recherchiertem Fall:
Bitte beachten Sie, dass Herr Wladimir Georgiew (in englischer Schreibweise
Vladimir Georgiev) 2001 auf einen Trick "hereinfiel", der ihm zwei Jahre und
vier Jahre zuvor selbst jeweils den ganzen Punkt eingebracht hat. Man kann nun
darüber spekulieren, ob nur die letzte Partie verkauft wurde oder nicht auch
schon die beiden Partien zuvor. Oder ob Herr Georgiev vielleicht doch von einer
speziellen Amnesie befallen ist.
Neben der Partieabsprache, die sogar auf Deutschen
Meisterschaften anzutreffen war, ist auch der Erwerb von hohen Ratingzahlen
durch abgesprochene oder gar erfundene Turniere ein verbreitetes Phänomen. Der
berühmteste Fall ist der von Crisan Alexandru, der sich eine Elozahl von über
2600 erschwindelt hat und sich inzwischen mit Hilfe großer krimineller Energie
an die Spitze des rumänischen Verbandes gesetzt hat.
Eine viel wichtigere Aufgabe als nach Schachturnieren
Urinproben einzusammeln, wäre es für die FIDE, die überall wuchernden Auswüchse
zu bekämpfen und zu bestrafen. In dieser Hinsicht ist der Beitrag von Raj
Tischbierek in Schach ein wichtiger erster Schritt zur allgemeinen
Bekanntmachung der Phänomene, die sonst nur von Insidern unter der Hand
diskutiert werden.
Übrigens ist Betrug nicht nur im Profischach verbreitet. Selbst in Amateurligen
gibt es abgesprochene 4:4-Ergebnisse, um der einen Mannschaft vielleicht den
Aufstieg zu ermöglichen und bei der anderen den Abstieg zu verhindern.