Interview mit Fußballtrainer und Schacholympiade-Botschafter Felix Magath
Von Dagobert Kohlmeyer
64 Felder hat ein
Schachbrett - und 64 Tage vor der Olympiade in Dresden informierten die
Organisatoren die Medien und Sponsoren am Montag in der Sächsischen
Landesvertretung in Berlin über den Stand der Vorbereitungen.
Viel Prominenz war da.
Schirmherr Thomas de Maiziere, Chef des Bundeskanzleramtes, warb ebenso für das
Turnier der Nationen wie die neue Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz.
Die Kommunalpolitikerin
vergaß in ihrer Rede nicht darauf hinzuweisen, dass sie in der über 800-jährigen
Geschichte ihrer Stadt die erste Frau ist, die im Rathaus regiert. Die
Sportstadt Dresden freue sich sehr auf die Schacholympiade vom 12.-25. November.
Später wurde Frau Orosz selbst aktiv und spielte eine Partie gegen Philippe
Roitzsch vom Dresdner Sportgymnasium.

Prominente gegen Sportgymnasium Dresden
Dabei wurde sie fachkundig
von Großmeister Jens-Uwe Maiwald beraten.

Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz
Das Spiel endete remis.
Unter den Gästen des Abends
waren auch die Fernschach-Olympiasieger Fritz Baumbach und Matthias Kribben.
Baumbach feierte an diesem Tag seinen 73. Geburtstag.

Fernschachweltmeister Fritz Baumbach, Dr. Matthias Kribbe und Felix Magath
Mit besonderer Freude
begrüßte Helma Orosz den Filmproduzenten Artur Brauner (90) sowie den
Fußballtrainer Felix Magath (55) als neue Botschafter der Schacholympiade.


Dr. Dirk Jordan begrüßt Artur Brauner

Vaile und Artur Brauner
Die beiden trugen eine
Simultanpartie gegen Bundestrainer Uwe Bönsch aus, der als Großmeister das
Handicap auf sich nahm, mit verbunden Augen zu spielen. Bönsch besiegte beide
Schachamateure ohne große Mühe (siehe Partien). Olympiade-Chairman Dirk Jordan
kommentierte die filigranen Züge von Brauner und Magath. Die fairen Verlierer
hatten dennoch ihren Spaß. Sie wollen nun nach besten Kräften für die in zwei
Monaten beginnende Schacholympiade zu trommeln.

Blindsimultan mit Uwe Bönsch

Dagobert Kohlmeyer nutzte die Gelegenheit und
sprach mit Felix Magath über sein liebstes Hobby.

Welche Erkenntnisse ziehen Sie aus der gerade vergeigten Partie?
Ich sollte wieder häufiger
spielen. Als Sportdirektor und Trainer beim VfL Wolfsburg habe ich zu wenig
Zeit, meinem Hobby nachzugehen. Deshalb musste ich eine Schachpause einlegen.
Mir fehlt ganz einfach die Übung. Dennoch war es eine Freude, mal wieder am
Brett zu sitzen und die Figuren zu bewegen. Vor der Leistung des Blindspielers
habe ich großen Respekt.
Sehen
Sie Parallelen zwischen Schach und Fußball?
Es gibt sie ganz
selbstverständlich. Ich glaube sowieso, dass es sinnvoll ist, wenn ein Fußballer
auch Schach spielt. Von dieser Beschäftigung habe ich viel für die Theorie im
Fußball gelernt. Deswegen kann ich nur jedem empfehlen, sich vom Schachspiel
inspirieren zu lassen und das auf den Fußball zu übertragen.
Der
sowjetische Eishockeycoach hat seinen Spielern früher ebenfalls Schach
verordnet.
Eine kluge Maßnahme, weil
Sportler Strategie und Taktik beherrschen müssen, um Spitzenleistungen zu
vollbringen. Schach ist die Mutter aller Strategiespiele. Jede Sportart kann
davon lernen.
Um
blitzschnelle Angriffe auf dem Eis zu starten oder einen tödlicher Pass auf dem
Rasen zu spielen?

Sicher. Aber es geht nicht
allein darum, dass man voraus denkt. In dem Punkt unterscheidet sich Schach
nicht von anderen Sportarten. Was viele jedoch nicht begreifen oder nicht sehen,
habe ich gerade bei diesem Spiel gelernt: In jeder Situation muss man versuchen,
nicht irgendeinen Zug zu machen, sondern den besten. Genauso
sollte ein Fußballer, wenn er spielt, nach der besten Lösung suchen. Wenn er das
beherzigt, wird er schon besser sein als vorher.
Warum
ist Schach für Sie neben Fußball der schönste Sport?

Weil es aufgrund der vielen
Steine eigentlich auch ein Mannschaftssport ist. Das Schachspiel wird ja erst
dann richtig schön, wenn die Figuren gut zusammenarbeiten und nicht, wenn eine
von ihnen ganz allein über das Brett spaziert.
Der
Hamburger Schachklub ist Ihnen heute noch dankbar für eine nette Hilfsaktion.
Ja, das war die Sache mit
den Ataris. Der HSV unterstützte den zu ihm gehörenden Schachklub, als dieser es
in den 80er Jahren schwer hatte. Als Manager habe ich der Schachabteilung
damals zu 19 Computern verholfen. Das war ein Startschuss für die Schachspieler,
über den Rechner ihre Spielstärke zu verbessern. Die Entwicklung führte dann bis
zu der heute so erfolgreichen Firma ChessBase. Ich habe natürlich auch ihr
Programm „Fritz“ zu Hause.
Wie
werden Sie den Dresdnern als Botschafter der Schacholympiade helfen?
Indem ich bei vielen
Gelegenheiten deutlich mache, was für ein Riesen-Event das ist. Nach fast 40
Jahren haben wir endlich wieder ein solches Turnier der Denksportler in
Deutschland. Da geht es den Freunden des Schachs doch ähnlich wie den
Fußballfans bei der tollen WM 2006. Ein derartiges Top-Ereignis sollte mehr
Aufmerksamkeit bekommen. Auch von denjenigen, die vielleicht mehr am Fußball
hängen.
Danke
für das Gespräch!
Und hier die beiden
„Kunstwerke“ der Olympiade-Botschafter. Wir danken Raymund Stolze, der die Züge
mitnotiert hat, während der Berichterstatter auf den Auslöser seiner Kamera
drückte.
Blindsimultan
A. Brauner – U. Bönsch
Sizilianische Verteidigung [B50]
1.e4
c5 2.Sf3 d6 3.h3 Sf6 4.Sc3 g6 5.d3 Lg7 6.a3 0–0 7.b4 cxb4 8.axb4 Sc6
[8...Sxe4! 9.dxe4 Lxc3+ 10.Ld2 Lxa1 11.Dxa1] 9.b5 Se5 10.Sxe5
dxe5 11.La3 Le6 12.Lc5 Sd7 13.Lxa7? b6? [13...Dc7! 14.Ta3 Txa7 15.Txa7 Dxc3+
16.Dd2 Dc5] 14.Ta6? [14.Ta3 Dc7 15.Da1 Tfc8 16.Le2 Lf6 17.0–0]
14...Dc7 15.Da1 Db7? [15...Tfc8 16.Ta3 Db7 17.Le2 Tc7] 16.Sa4??
[16.Le2 Sc5 17.Ta3] 16...Txa7 17.Sxb6 Txa6 18.bxa6 Dxb6 19.a7 Ta8
und Weiß gab auf.
U. Bönsch – F. Magath
Damengambit [D38]
1.d4 d5 2.c4 Sf6 3.Sc3 e6 4.Lg5 Lb4?
[4...Le7] 5.e3? [5.Sf3] 5...h6 6.Lxf6 Dxf6 7.cxd5 exd5 8.Sf3 0–0 9.Ld3
Te8 10.0–0 c6 11.Lc2 Lg4 12.h3 Lxf3 13.Dxf3 Dxf3 14.gxf3 Sd7 15.Tac1 Sf6 16.Tfd1
Te7 17.a3 Ld6 18.Ld3 Tae8 19.Sa4 Txe3?? [19...Sd7] 20.fxe3 Txe3 21.Sc5
Txf3 22.Sxb7 Lf4 23.Tc3 Txh3?? 24.Lh7+ Kxh7 25.Txh3 g5 26.Sd8 Kg6 27.Sxc6 h5
28.Se5+ Kg7 29.Tc3 Se4 30.Tc7 Lxe5 31.dxe5 g4 32.e6 Kf8 33.Txf7+ Ke8 34.Tc1 Sd6
35.Th7 , und Matt in maximal sechs Zügen. Schwarz gab auf.