FIDE-Trainerakademie in Berlin

von ChessBase
08.03.2006 – Vor zwei Jahren hat die FIDE auf Vorschlag des deutschen Schachbundes in Berlin seine Trainerakademie eröffnet. Die Anwesenheit des damaligen Innenministers Otto Schily, des Präsidenten des Deutschen Schachbundes Alfred Schlya und des Fide-Vizepräsidenten Zurab Asmaiparashvili bei der Eröffnung unterstrich die Bedeutung, die dieser internationalen Einrichtung mit dem Standort Berlin beigemessen wurde. Seitdem bietet die Akademie unter der Leitung von Ernst Bönsch und Mitwirkung namhafter Trainer drei Kurse pro Jahr für die Titel FIDE Instructor und FIDE Trainer an. Beim kürzlich abgeschlossenen Kurs war der Vorsitzende des FIDE-Trainer Komitees Juri Razuwajew (Foto)anwesend. Dagobert Kohlmeyer berichtet. Zur FIDE-Trainerakademie...Mehr...

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FIDE-Trainerakademie Berlin - eine Top-Adresse in der Schachwelt
Von Dagobert Kohlmeyer

Es ist gut zwei Jahre her, dass die FIDE-Trainerakademie in Berlin ihre Tätigkeit aufnahm. Damals wurde von vielen Seiten betont, die Sportstadt Berlin sei jetzt um eine Attraktion reicher. Der Weltschachbund hatte dem Vorschlag des DSB schließlich zugestimmt, die Akademie in der deutschen Hauptstadt einzurichten. Dank der Hilfe des Bundesinnenministeriums und des Senats von Berlin war es auch gelungen, die materiellen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Die Räumlichkeiten befinden sich auf dem Gelände des Berliner Olympiastadions, das bis zur Fußball-WM im Sommer in einen großen Olympiapark für Sport, Kultur und Freizeit umgestaltet wird.

In direkter Nachbarschaft zur Trainerakademie arbeiten etwa 100 Meter entfernt auch das Generalsekretariat der Europäischen Schachunion, die Geschäftsstelle des DSB, die Deutsche Schachjugend (DSJ) und die Wirtschafts GmbH (DSB-Shop). Der Trainer-Einrichtung stehen in der dritten Etage ein Schulungsraum, Computerkabinett, Büro und eine Bibliothek zur Verfügung.

Zur offiziellen Eröffnung der FIDE-Trainerakademie Ende 2003 war viel Prominenz aus Politik, Sport und der Welt des Schachs erschienen. Allen voran der damalige Bundesinnenminister Otto Schily. Er äußerte seine Freude darüber, dass künftig qualifizierte Schachtrainer in Berlin ausgebildet werden. Einen Coach habe auch er dringend nötig, fügte der Minister seinerzeit augenzwinkernd hinzu, wenn er an sein Abschneiden beim alljährlichen Politiker-Schachturnier denke. Schily nutzte gleich die Gelegenheit und spielte am Rande der Einweihungsfeier mit FIDE-Repräsentant Zurab Asmaiparaschwili eine Trainingspartie.


DSB-Präsident Alfred Schlya und der damalige Inneneminister Otto Schily


Otto Schily beim Blitzen gegen den FIDE-Vizepräsidenten GM Zurab Asmaiparashvili

In seinem Grußwort hatte der Minister betont:  "Wieder einmal wird Deutschland Standort für eine wichtige Einrichtung eines internationalen Sportverbandes. Dass der Weltschachbund beschlossen hat, seine Trainerakademie in Berlin anzusiedeln, ist nicht nur eine große Aufwertung für den Sport-Standort Berlin, sondern für den Sport-Standort Deutschland insgesamt. Für die Entscheidung möchte ich dem Präsidium der FIDE und auch dem Deutschen Schachbund, der sich um die Ansiedlung der Trainerakademie in Berlin sehr bemüht hat, danken und gleichzeitig gratulieren.“    

So weit die anerkennenden Worte des Schach spielenden Ministers. Nach zwei Jahren interessierten wir uns dafür, wie die Arbeit der Akademie heute läuft und was die dortigen Hauptakteure über ihre Tätigkeit zu sagen haben. Die Gelegenheit war günstig, denn es fand gerade ein turnusmäßiger internationaler Kursus statt.

Wenn man die dritte Etage betritt und links in die Bibliothek schaut, fällt einem auf, dass deren Regale inzwischen mit Schachbüchern und -zeitschriften gut gefüllt sind. Auch der PC-Raum schräg gegenüber kann sich sehen lassen. Nach der Mittagspause stand im Schulungsraum eine Prüfung an, zuvor aber war noch Zeit zum Interview.


„Wir sind die einzige Schachakademie in Europa“

Gespräch mit Großmeister Uwe Bönsch


Der Bundestrainer Uwe Bönsch 

Direktor der Trainerakademie ist Schach-Bundestrainer Uwe Bönsch. Der 49.-jährige Großmeister gab uns gern Auskunft über die Einrichtung und den zu Ende gehenden Frühjahrslehrgang.  

Uwe, was ist das besondere an dieser Institution?

Es ist die einzige internationale Akademie für Schachtrainer in Europa. Es gibt nur noch eine weitere in Singapur und eine in New York, also weltweit sind es lediglich drei.

Werden in Berlin in erster Linie Trainer aus Europa geschult?

Wir bilden an unserer Einrichtung Trainer aus allen Kontinenten aus, bislang kamen sie aus Europa, Asien, Afrika und Amerika.

Was können die angehenden Schach-Coachs bei euch lernen?

 Bei uns gibt es die Möglichkeit, drei Titel zu erwerben: FIDE Instructor, FIDE Trainer und FIDE Senior Trainer. Das sind die drei internationalen Stufen. Derzeit bieten wir vor allem Lehrgänge für FIDE Instructor und FIDE Trainer an.

Welche Aufgaben hat ein FIDE Instructor?

Das ist jemand, der in die Schulen geht und den Kindern Schach beibringt. In den meisten Ländern findet keine eigene Ausbildung von Schachtrainern statt. Es gibt dort zum Beispiel nicht A-, B- oder C-Lizenztrainer wie in Deutschland. Das heißt also, wir übernehmen die Ausbildung oder die fortbildende Qualifizierung für die Vertreter der meisten Länder und bieten zu diesem Zweck unsere Lehrgänge an.

Wie oft werden diese Kurse veranstaltet?

Zurzeit sind es drei Lehrgänge im Jahr. 2006 wird der nächste im Sommer, in der letzten Julidekade vom 21. - 27. Juli stattfinden, und dann bieten wir noch einen Kurs im Herbst an, und zwar vom 20. - 26. Oktober.

Wie viele Teilnehmer begrüßt ihr im Schnitt?

Bei diesem Lehrgang waren es neun Teilnehmer. Leider mussten zwei Interessenten aus Iran, ein Bewerber aus Uganda und Indien absagen, da sie nicht rechtzeitig ein Visum bekommen hatten. Das kann mit der dortigen politischen Situation zusammenhängen. Sonst hätten wir 13 Gäste gehabt. Meist sind es um die zehn Hörer, die an den Schulungen teilnehmen. Der Lehrgang davor im November 2005 war mit 13 Teilnehmern sehr gut besucht. Im Prinzip erreichen wir mit 6 - 12 Teilnehmern eine Gruppensituation, in der ein optimales Lehr-Feedback möglich ist und jeder einzelne Teilnehmer individuell am meisten profitiert.

Woher kamen die Kursteilnehmer diesmal?

Diese neun Schachfreunde kamen aus sieben Ländern: Drei aus der Türkei, und je einer aus Frankreich, Israel, Italien, Schweiz, Österreich und Portugal.

Welche internationalen Koryphäen unterrichten bei euch?

Juri Rasuwajew ist der Vorsitzende des Trainerkomitees der FIDE und unser Hauptlektor. Der Moskauer Großmeister bestritt sehr viele Teile des jetzigen Lehrgangs. Wir haben auch noch andere Lehrer, aber Juri war in diesem Kursus der Hauptlektor. Häufig unterrichtet bei uns auch Großmeister Adrian Michaltschischin. Er ist ein sehr erfahrener Schachcoach und stellvertretender Vorsitzender des FIDE-Trainerkomitees.


Juri Razuwajev


Razuwajew beim Unterzeichnen der Zertifikate

Das Ausbildungsteam zeigte sich mit der Resonanz auf das Unterrichtsangebot der Trainerakademie sehr zufrieden und verwies auf die erfolgreiche Arbeit in den zurückliegenden Jahren. Zu Beginn mussten sich die Initiatoren und Macher der Trainer-Akademie allerdings zum Teil gegen den Widerstand einiger FIDE-Funktionäre durchsetzen, die den Wert der Einrichtung vielleicht nicht gleich erkannten. Heute ist das längst kein Thema mehr.

Die Arbeit einer solchen wissenschaftlichen Institution von internationalem Rang erfordert natürlich eine exakte Planung. Koordinator der FIDE-Trainerakademie ist von Beginn an Dr. Ernst Bönsch aus Berlin. Der langjährige engagierte Schachcoach erläutert die Schwerpunkte des Unterrichts: „Im Frühjahr 2004 begannen wir unsere Tätigkeit, in deren Mittelpunkt didaktisch aufbereitete schachrelevante Lektionen stehen. Sie werden ergänzt durch Themen wie internationale Schachentwicklung, Titelbestimmungen der FIDE, Rating-Bestimmungen, Neuerungen im Regelwerk sowie Organisationsstrukturen des Weltschachbundes. Ein besonderer Ausbildungsblock beschäftigt sich mit modernen Lehr- und Lernmethoden. Hierzu zählen sozialpsychologische Rollenspiele, in denen kritische Situationen der Unterrichts- und Trainingspraxis vorausschauend durchgespielt, videografiert, multi-medial analysiert und praktikable Lösungen vorbereitet werden. Das Motto „Train the trainer“ motiviert die Teilnehmer, über ihre schachliche Spielstärke hinaus, pädagogische Kompetenzen zu profilieren. Innovative Lehr- und Lernweisen erfolgen computerbasiert unterstützt durch aktuelle ChessBase-Programme unter Nutzung des schnellen DSL-Internet-Zugangs. Schau dir unser schönes Computerkabinett an. Die Rechner sind immer besetzt!“


Der Computerraum ist stets gut gefüllt


Die Prüfungsvorbereitung von Dominique Weismann

Der Schachreporter hatte während seiner Visite auch Gelegenheit, bei einer Prüfung zu kiebitzen. So erläuterte der junge türkische Trainer Baris Akyildiz u.a., wie er seinen Schülern die Grundzüge der Bauernstruktur im Eröffnungstraining (am Beispiel der Sweschnikow-Variante) beibringen würde. Der Schweizer Dominique Weismann aus der Schachhochburg Biel referierte über das Schachtraining mit dem PC, wobei er mit dem nebenstehenden ausgeklügelten Schema glänzte.


Barias Akyildiz erklärt die Sweshnikow-Bauernstruktur


Am Schluss gibt es das begehrte Zertifikat, hier für Giovanni Viganato


In den Pausen kann geblitzt werden


Das berühmte Berliner Olympiastadion ist gleich nebenan.

 

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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