FIDE-Trainerakademie
Berlin - eine Top-Adresse in der Schachwelt
Von Dagobert Kohlmeyer
Es ist gut zwei Jahre her, dass die FIDE-Trainerakademie in
Berlin ihre Tätigkeit aufnahm. Damals wurde von vielen Seiten betont, die
Sportstadt Berlin sei jetzt um eine Attraktion reicher. Der Weltschachbund hatte
dem Vorschlag des DSB schließlich zugestimmt, die Akademie in der deutschen
Hauptstadt einzurichten. Dank der Hilfe des Bundesinnenministeriums und des
Senats von Berlin war es auch gelungen, die materiellen Voraussetzungen dafür zu
schaffen.
Die Räumlichkeiten befinden sich auf dem Gelände des Berliner
Olympiastadions, das bis zur Fußball-WM im Sommer in einen großen Olympiapark
für Sport, Kultur und Freizeit umgestaltet wird.
In direkter Nachbarschaft zur Trainerakademie arbeiten etwa 100
Meter entfernt auch das Generalsekretariat der Europäischen Schachunion, die
Geschäftsstelle des DSB, die Deutsche Schachjugend (DSJ) und die Wirtschafts
GmbH (DSB-Shop). Der Trainer-Einrichtung stehen in der dritten Etage ein
Schulungsraum, Computerkabinett, Büro und eine Bibliothek zur Verfügung.
Zur offiziellen Eröffnung der FIDE-Trainerakademie Ende 2003 war
viel Prominenz aus Politik, Sport und der Welt des Schachs erschienen. Allen
voran der damalige Bundesinnenminister Otto Schily. Er äußerte seine Freude
darüber, dass künftig qualifizierte Schachtrainer in Berlin ausgebildet werden.
Einen Coach habe auch er dringend nötig, fügte der Minister seinerzeit
augenzwinkernd hinzu, wenn er an sein Abschneiden beim alljährlichen
Politiker-Schachturnier denke. Schily nutzte gleich die Gelegenheit und spielte
am Rande der Einweihungsfeier mit FIDE-Repräsentant Zurab Asmaiparaschwili eine
Trainingspartie.

DSB-Präsident Alfred Schlya und der damalige Inneneminister Otto
Schily

Otto Schily beim Blitzen gegen den FIDE-Vizepräsidenten GM Zurab
Asmaiparashvili
In seinem Grußwort hatte der Minister betont: "Wieder einmal
wird Deutschland Standort für eine wichtige Einrichtung eines internationalen
Sportverbandes. Dass der Weltschachbund beschlossen hat, seine Trainerakademie
in Berlin anzusiedeln, ist nicht nur eine große Aufwertung für den
Sport-Standort Berlin, sondern für den Sport-Standort Deutschland insgesamt. Für
die Entscheidung möchte ich dem Präsidium der FIDE und auch dem Deutschen
Schachbund, der sich um die Ansiedlung der Trainerakademie in Berlin sehr bemüht
hat, danken und gleichzeitig gratulieren.“
So weit die anerkennenden Worte des Schach spielenden Ministers.
Nach zwei Jahren interessierten wir uns dafür, wie die Arbeit der Akademie heute
läuft und was die dortigen Hauptakteure über ihre Tätigkeit zu sagen haben. Die
Gelegenheit war günstig, denn es fand gerade ein turnusmäßiger internationaler
Kursus statt.
Wenn man die dritte Etage betritt und links in die Bibliothek
schaut, fällt einem auf, dass deren Regale inzwischen mit Schachbüchern und
-zeitschriften gut gefüllt sind. Auch der PC-Raum schräg gegenüber kann sich
sehen lassen. Nach der Mittagspause stand im Schulungsraum eine Prüfung an,
zuvor aber war noch Zeit zum Interview.


„Wir sind die einzige Schachakademie in Europa“
Gespräch mit Großmeister Uwe Bönsch

Der Bundestrainer Uwe Bönsch
Direktor der Trainerakademie ist Schach-Bundestrainer Uwe Bönsch.
Der 49.-jährige Großmeister gab uns gern Auskunft über die Einrichtung und den
zu Ende gehenden Frühjahrslehrgang.
Uwe, was ist
das besondere an dieser Institution?
Es ist die einzige internationale Akademie für Schachtrainer in
Europa. Es gibt nur noch eine weitere in Singapur und eine in New York, also
weltweit sind es lediglich drei.
Werden in
Berlin in erster Linie Trainer aus Europa geschult?
Wir bilden an unserer Einrichtung Trainer aus allen Kontinenten
aus, bislang kamen sie aus Europa, Asien, Afrika und Amerika.
Was können die
angehenden Schach-Coachs bei euch lernen?
Bei
uns gibt es die Möglichkeit, drei Titel zu erwerben: FIDE Instructor, FIDE
Trainer und FIDE Senior Trainer. Das sind die drei internationalen Stufen.
Derzeit bieten wir vor allem Lehrgänge für FIDE Instructor und FIDE Trainer an.
Welche
Aufgaben hat ein FIDE Instructor?
Das ist jemand, der in die Schulen geht und den Kindern Schach
beibringt. In den meisten Ländern findet keine eigene Ausbildung von
Schachtrainern statt. Es gibt dort zum Beispiel nicht A-, B- oder
C-Lizenztrainer wie in Deutschland. Das heißt also, wir übernehmen die
Ausbildung oder die fortbildende Qualifizierung für die Vertreter der meisten
Länder und bieten zu diesem Zweck unsere Lehrgänge an.
Wie oft werden
diese Kurse veranstaltet?
Zurzeit sind es drei Lehrgänge im Jahr. 2006 wird der nächste im
Sommer, in der letzten Julidekade vom 21. - 27. Juli stattfinden, und dann
bieten wir noch einen Kurs im Herbst an, und zwar vom 20. - 26. Oktober.
Wie viele
Teilnehmer begrüßt ihr im Schnitt?
Bei diesem Lehrgang waren es neun Teilnehmer. Leider mussten zwei
Interessenten aus Iran, ein Bewerber
aus Uganda und Indien
absagen, da sie nicht rechtzeitig ein Visum bekommen hatten. Das kann mit der
dortigen politischen Situation zusammenhängen. Sonst hätten wir 13 Gäste gehabt.
Meist sind es um die zehn Hörer, die an den Schulungen teilnehmen. Der Lehrgang
davor im November 2005 war mit 13 Teilnehmern sehr gut besucht. Im Prinzip
erreichen wir mit 6 - 12 Teilnehmern eine Gruppensituation, in der ein optimales
Lehr-Feedback möglich ist und jeder einzelne Teilnehmer individuell am meisten
profitiert.
Woher kamen
die Kursteilnehmer diesmal?
Diese neun Schachfreunde kamen aus sieben Ländern: Drei aus der
Türkei, und je einer aus Frankreich, Israel, Italien, Schweiz, Österreich und
Portugal.
Welche
internationalen Koryphäen unterrichten bei euch?
Juri Rasuwajew ist der Vorsitzende des Trainerkomitees der FIDE
und unser Hauptlektor. Der Moskauer Großmeister bestritt sehr viele Teile des
jetzigen Lehrgangs. Wir haben auch noch andere Lehrer, aber Juri war in diesem
Kursus der Hauptlektor. Häufig unterrichtet bei uns auch Großmeister Adrian
Michaltschischin. Er ist ein sehr erfahrener Schachcoach und stellvertretender
Vorsitzender des FIDE-Trainerkomitees.

Juri Razuwajev

Razuwajew beim Unterzeichnen der Zertifikate
Das Ausbildungsteam zeigte sich mit der Resonanz auf das
Unterrichtsangebot der Trainerakademie sehr zufrieden und verwies auf die
erfolgreiche Arbeit in den zurückliegenden Jahren. Zu Beginn mussten sich die
Initiatoren und Macher der Trainer-Akademie allerdings zum Teil gegen den
Widerstand einiger FIDE-Funktionäre durchsetzen, die den Wert der Einrichtung
vielleicht nicht gleich erkannten. Heute ist das längst kein Thema mehr.
Die Arbeit einer solchen wissenschaftlichen Institution von
internationalem Rang erfordert natürlich eine exakte Planung. Koordinator der
FIDE-Trainerakademie ist von Beginn an Dr. Ernst Bönsch aus Berlin. Der
langjährige engagierte Schachcoach erläutert die Schwerpunkte des Unterrichts:
„Im Frühjahr 2004 begannen wir unsere Tätigkeit, in deren Mittelpunkt didaktisch
aufbereitete schachrelevante Lektionen stehen. Sie werden ergänzt durch Themen
wie internationale Schachentwicklung, Titelbestimmungen der FIDE,
Rating-Bestimmungen, Neuerungen im Regelwerk sowie Organisationsstrukturen des
Weltschachbundes. Ein besonderer Ausbildungsblock beschäftigt sich mit modernen
Lehr- und Lernmethoden. Hierzu zählen sozialpsychologische Rollenspiele, in
denen kritische Situationen der Unterrichts- und Trainingspraxis vorausschauend
durchgespielt, videografiert, multi-medial analysiert und praktikable Lösungen
vorbereitet werden. Das Motto „Train the trainer“ motiviert die Teilnehmer, über
ihre schachliche Spielstärke hinaus, pädagogische Kompetenzen zu profilieren.
Innovative Lehr- und Lernweisen erfolgen computerbasiert unterstützt durch
aktuelle ChessBase-Programme unter Nutzung des schnellen DSL-Internet-Zugangs.
Schau dir unser schönes Computerkabinett an. Die Rechner sind immer besetzt!“

Der Computerraum ist stets gut gefüllt

Die Prüfungsvorbereitung von
Dominique Weismann
Der Schachreporter hatte während seiner Visite auch Gelegenheit,
bei einer Prüfung zu kiebitzen. So erläuterte der junge türkische Trainer Baris
Akyildiz u.a., wie er seinen Schülern die Grundzüge der Bauernstruktur im
Eröffnungstraining (am Beispiel der Sweschnikow-Variante) beibringen würde. Der
Schweizer Dominique Weismann aus der Schachhochburg Biel referierte über das
Schachtraining mit dem PC, wobei er mit dem nebenstehenden ausgeklügelten Schema
glänzte.

Barias Akyildiz erklärt die Sweshnikow-Bauernstruktur

Am Schluss gibt es das begehrte Zertifikat, hier für Giovanni
Viganato

In den Pausen kann geblitzt werden

Das berühmte Berliner Olympiastadion ist gleich nebenan.