Der FIDE-Rat traf sich am 18. Juli während des laufenden FIDE Frauen World Cups zu einem Online Meeting. Neben der Bestätigung einiger Großmeistertitel, darunter für die drei Deutschen Leonard Costa, Julian Kramer und Christopher Noe, verständigten sich die teilnehmenden Ratsmitglieder darauf, dass bei der nächsten Teamweltmeisterschaft der Frauen auch wieder eine Team mit Spielerinnen aus Russland teilnehmen darf. In einem kurzen Beitrag (s.u.) auf der Seite der FIDE steht dies unter dem Titel: "Teilnahme einer neutralen Mannschaft an der Frauen-Mannschaftsweltmeisterschaft".
Das FIDE-Präsidium verweist auf eine FIDE-Resolution vom Januar 2025, demzufolge die Teilnahme von "neutralen" Teams von schutzbedürftigen Gruppen (Jugendliche und Spieler mit Behinderungen) an Mannschaftswettbewerben gestattet sein soll. Daraus leitet das FIDE-Präsidium die Genehmigung der "Teilnahme einer Mannschaft von Athletinnen russischer Staatsangehörigkeit an der Frauen-Mannschaftsweltmeisterschaft 2025 unter der Flagge der FIDE" bei der kommenden Frauen-Teamweltmeisterschaft ab. Inwieweit Frauen schutzbedürftig oder Menschen mit Behinderung sind, wird nicht erklärt. Vor der endgültigen Entscheidung will die FIDE aber noch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des IOC einholen. Die russischen Sportlerinnen sollen dann offenbar als "neutrales Team" unter der Flagge der FIDE starten. Diesen Beschluss sieht der FIDE-Rat im Einklang mit den Leitlinien des IOC.
Nach dem kriegerischen Überfall Russlands auf die Ukraine wurden russische Sportler der Maßgabe des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) folgend in Gänze oder bei Mannschaftswettbewerben von offiziellen internationalen Sportwettbewerben suspendiert. Im Schach sind Teams aus Russland von offiziellen internationalen Schachwettbewerben ausgeschlossen. Russische Sportler sind zu offiziellen internationalen Wettbewerben zugelassen, wenn sie unter der Flagge der FIDE antreten. Viele russischen Spieler und Spielerinnen haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemachr. Viele andere, auch prominente russische Spieler und Spielerinnen haben nach Kriegsbeginn ihr Heimatland verlassen und spielen inzwischen für andere Verbände.
Seit Beginn der Suspendierung kämpfen die russischen Sportverbände auf sportpolitischer Ebene darum, wieder mit ihren Mannschaften an internationalen Wettkämpfen teilnehmen zu können. Besonders im Schachverband haben russische Politiker und Sportpolitiker traditionell einen großen Einfluss.
Die FIDE hat den Beschluss des FIDE-Rates in einer kurzen Meldung am vergangenen Montag auf der Verbandseite veröffentlicht. Heute antwortete die Europäische Schachunion (ECU) mit einer Stellungnahme, die in den sozialen Medien und auf der Webseite des Verbandes veröffentlicht wurde.
Die ECU verweist darauf, dass der Beschluss des FIDE-Rates im Widerspruch zu den Beschlüssen der FIDE-Generalversammlung in Budapest 2024 steht, wo die Delegierten mit großer Mehrheit eine Aufhebung der Sanktionen gegen den Russischen Schachverband abgelehnt hat. Die ECU zeigt sich in ihrer Stellungnahme auch verwundert, dass der Beschluss des FIDE-Rates nicht auf der Tagesordnung stand und erst veröffentlicht wurde, als er schon in russischen Staatsmedien bekannt gemacht wurde.
In ihrer Erklärung stellt sich die ECU gegen den Beschluss des FIDE-Rates und hält an der Position fest, dass "die Sanktionen gegen die Teilnahme russischer Mannschaften so lange aufrechterhalten bleiben sollten, bis die Umstände, die diese Maßnahmen erforderlich gemacht haben, vollständig geklärt sind."
Die russische Nachrichtenagentur TASS zitiert in einer Meldung den Geschäftsführer des Russischen Schachverbandes (RZF), Alexander Tkatchov mit einem Kommentar zur ECU- Stellungnahme: "Das ist die erwartete Reaktion unserer Gegner. Es würde mich überraschen, wenn es anders wäre". Der russische Sportfunktionär fügte eine Botschaft an die Offiziellen der FIDE hinzu: "Auf jeden Fall gibt es Empfehlungen des Internationalen Olympischen Komitees, und die FIDE hat kluge Leute, die wissen, dass sie diese strikt befolgen."
André Schulz
Entscheidung des FIDE-Rates über die Teilnahme der russischen Frauenmannschaft an der Weltmeisterschaft 2025
Die Europäische Schachunion (ECU) hat die Entscheidung des FIDE-Rates vom 18. Juli 2025 über die Teilnahme der russischen Nationalmannschaft an der Weltmeisterschaft 2025 für Frauen überprüft.
Wir stellen fest, dass dieser Beschluss in direktem Widerspruch zu den jüngsten Beschlüssen der FIDE-Generalversammlung in Budapest steht, wo zwei Anträge auf Aufhebung der Sanktionen gegen den Russischen Schachverband von einer großen Mehrheit der FIDE-Mitgliedsländer abgelehnt wurden.
Darüber hinaus stand dieses Thema ursprünglich nicht auf der Tagesordnung des FIDE-Rates und wurde erst bekannt, nachdem es in den russischen Staatsmedien erwähnt worden war.
Die erklärte Politik der FIDE besteht darin, den Leitlinien des IOC zu folgen, und diese Entscheidung des Rates steht nur im Einklang mit einer Politik, die von einer winzigen Minderheit anderer internationaler Sportverbände verfolgt wird. Die ECU hält an ihrer festen Position fest, dass die Sanktionen gegen die Teilnahme russischer Mannschaften so lange aufrechterhalten bleiben sollten, bis die Umstände, die diese Maßnahmen erforderlich gemacht haben, vollständig geklärt sind.
Als Dachverband, der 54 europäische Schachverbände vertritt, hat die ECU die Verantwortung, die Werte Fairplay, Integrität und Solidarität zu wahren, die unseren Sport auszeichnen. Wir sind der Ansicht, dass die Aufhebung dieser Beschränkungen, selbst wenn russischen Mannschaften ein neutraler Status gewährt wird, ein widersprüchliches Signal hinsichtlich des Bekenntnisses der internationalen Schachgemeinschaft zu diesen Grundsätzen sendet.
Die ECU wird diese Situation weiterhin genau beobachten und behält sich das Recht vor, innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass europäische Schachwettbewerbe den höchsten Standards ethischen Verhaltens und internationaler Solidarität entsprechen.
The European Chess Union (ECU) has reviewed the decision made at the Online FIDE Council Meeting held on July 18, 2025, regarding the participation of Russian National Team in the 2025 Women’s World Team Championship and has made the following statement:https://t.co/VsLoGhAjAZ pic.twitter.com/mRcjISSHLb
— European Chess Union (@ECUonline) July 23, 2025
Die zweite FIDE-Ratssitzung des Jahres 2025 fand am 18. Juli parallel zum laufenden FIDE-Frauen Woröd Cup statt. Die Sitzung wurde online abgehalten und befasste sich mit einer Reihe wichtiger Themen, darunter Entwicklungsprojekte, Haushaltsfragen, der FIDE-Kalender, Fairplay-Maßnahmen und die Genehmigung neuer Spielertitel.
Neue Großmeister genehmigt
Einer der Höhepunkte der Sitzung war die Genehmigung von 10 neuen Großmeistern. Unter ihnen ist die 21-jährige Bibisara Assaubayeva aus Kasachstan, die als zweite Kasachin und 43. Spielerin in der Geschichte den prestigeträchtigen GM-Titel errungen hat.
Die vollständige Liste der neu zugelassenen Großmeister:
* Bibisara Assaubayeva (KAZ, 13708694)
* Leonardo Costa (GER, 16213955)
* Julian Kramer (GER, 12921742)
* Edgar Mamedov (KAZ, 13739980)
* Christopher Noe (GER, 24692018)
* Tao Pang (CHN, 8609950)
* L R Srihari (IND, 46617116)
* Milosz Szpar (POL, 1184989)
* Artem Uskov (FID, 34254854)
* Matthew J. Wadsworth (ENG, 415804)
Wichtige Veranstaltungstermine bestätigt
Der Rat bestätigte die Termine für mehrere wichtige bevorstehende Veranstaltungen im FIDE-Kalender:
* FIDE-Weltmeisterschaft 2025 – Oktober–November 2025, Indien
* Frauen-Mannschaftsweltmeisterschaft 2025 – November 2025, Linares, Spanien
* 2. FIDE-Schacholympiade für Menschen mit Behinderung – Oktober 2025, Kasachstan
Teilnahme einer neutralen Mannschaft an der Frauen-Mannschaftsweltmeisterschaft
Im Einklang mit der Politik der FIDE, den Leitlinien des IOC zu folgen, und in Übereinstimmung mit den Praktiken mehrerer internationaler Sportverbände – wie World Aquatics, der International Fencing Federation und der International Gymnastics Federation – genehmigte der Rat die Teilnahme einer Mannschaft von Athletinnen russischer Staatsangehörigkeit an der Frauen-Mannschaftsweltmeisterschaft 2025 unter der Flagge der FIDE, vorbehaltlich der Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das IOC.
Diese Entscheidung baut auf dem Präzedenzfall der FIDE-Resolution vom Januar 2025 auf, die neutralen Teams von schutzbedürftigen Gruppen (Jugendliche und Spieler mit Behinderungen) die Teilnahme an Mannschaftswettbewerben ermöglichte. Alle diese Teilnehmer müssen in voller Übereinstimmung mit der Politik des IOC ohne nationale Symbole antreten.
Eine vollständige Liste der Beschlüsse der FIDE-Ratssitzung wird zu gegebener Zeit veröffentlicht
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