10.08.2023 – Magnus Carlsen hat es wieder einmal geschafft: An Tag 2 der vierten Runde des World Cups in Baku musste er mit Weiß gegen Vincent Keymer unbedingt gewinnen, um nicht aus dem Turnier auszuscheiden. Das gelang ihm mit einer in weiten Teilen typischen Carlsen-Partie, in der er seinem Gegner in ausgeglichener Stellung immer wieder Probleme bereitete. Dennoch: Kurz nach der Eröffnung hätte Keymer den Wettkampf mit einer taktischen Abwicklung zu seinen Gunsten entscheiden können. | Fotos: Stev Bonhage, Anna Shtourman, Maria Emelianova (FIDE)
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Für Vincent Keymer war die Niederlage gegen Magnus Carlsen besonders bitter, denn er verpasste im 17. Zug eine goldene Möglichkeit, Partie und Wettkampf für sich zu entscheiden und die Runde 5 zu erreichen.
Wie Carlsen in einem Interview nach der Partie einräumte, hatte er die Möglichkeit 17...Sxe4 gesehen, unmittelbar nachdem er 16.a3 gespielt hatte, und sich bereits innerlich vom World Cup verabschiedet. In dem Interview betonte Carlsen auch einmal mehr, wie ungern er klassisches Schach spielt, das er als "anstrengend und langweilig" bezeichnete.
Wie bitter das Gefühl ist, eine solche Möglichkeit zu verpassen, weiß wohl jeder Schachspieler. Doch eine solche Chance im World Cup gegen die Nummer 1 der Welt zu verpassen, macht eine solche Niederlage doppelt bitter. Natürlich hat Keymer auch im Tiebreak noch Chancen, sich gegen Carlsen durchzusetzen, aber die psychologische Initiative liegt eindeutig bei Carlsen, der ohnehin nominell Favorit ist.
Vincent Keymer während seiner Partie gegen Carlsen
Doch Carlsen und Keymer sind nicht die einzigen, die in die Verlängerung müssen. Zehn der insgesamt 16 Wettkämpfe der vierten Runde werden erst im Tiebreak entschieden, sechs Spieler haben sich jedoch bereits für die fünfte Runde qualifiziert.
Fabiano Caruana setzte sich mit Weiß gegen Ray Robson durch und liegt jetzt in der Live-Weltrangliste mit 2785 Punkten wieder auf dem zweiten Platz hinter Carlsen, aber vor Hikaru Nakamura, der nach zwei umkämpften Remispartien gegen Praggnanandhaa morgen in den Tiebreak muss.
Fabiano Caruana
Alexey Sarana kam nach seinem Schwarzsieg gegen Wesley So in der ersten Wettkampfpartie zu einem problemlosen Remis mit Weiß und sicherte sich so den Einzug in die Runde der letzten 16. So, der im Laufe des World Cups immer wieder knapp vor dem Ausscheiden stand, räumte in einem Interview ein, unter Druck schlecht zu spielen.
Und der Druck, so So, würde dadurch entstehen, dass der World Cup für ihn die wahrscheinlich letzte Chance war, sich für das Kandidatenturnier zu qualifizieren, denn beim Grand Swiss wird er nicht dabei sein und auch über die Elo-Zahl wird er es wohl nicht ins Kandidatenturnier schaffen.
Alexey Sarana gilt mit Weiß als ausgesprochen sicherer Spieler
Nils Grandelius reichte ein Remis gegen Jaime Latasa Santos, um eine Runde weiter zu kommen, und auch Vidit Gujrathi reichte ein Remis gegen Etienne Bacrot für das Erreichen der Runde 5. Auch Ferenc Berkes sicherte sich mit einem Remis gegen Ruslan Ponomariov das Weiterkommen.
Energischer ging Arjun Erigaisi zu Werke: Er gewann gegen Javokhir Sindarov und war damit eine Runde weiter.
In den Tiebreak muss hingegen Rasmus Svane, neben Keymer der zweite deutsche Spieler, der im offenen Wettbewerb noch dabei ist. Er machte gegen Wang Hao mit Weiß schnell Remis und hofft jetzt auf seine Chancen im Schnell- und Blitzschach.
Im World Cup der Frauen hatte Elisabeth Pähtz Weiß gegen die amtierende Frauenweltmeisterin Ju Wenjun, aber war zufrieden damit, die Partie in einer bekannten Remisvariante der Berliner Verteidigung in nur wenigen Zügen mit Zugwiederholung Remis zu machen.
Damit sind Pähtz und Ju Wenjun zwei der zehn Spielerinnen, die in den Tiebreak müssen. Drei Spielerinnen sind bereits für die nächste Runde qualifiziert: Aleksandra Goryachkina, die gegen Nino Batsiashvili gewann, Polina Shuvalova, die sich gegen Teodora Injac durchsetzen konnte, und Tan Zhongyi, die gegen ihre Landsfrau Zhu Jiner gewann.
Johannes FischerJohannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".
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