FIDE World Cup, Runde 4: Keymer schlägt Carlsen!

von Johannes Fischer
09.08.2023 – In Runde 4 des World Cups musste Vincent Keymer gegen Magnus Carlsen spielen und gleich in der ersten Partie sorgte er für eine Überraschung: In einem ausgeglichenen Endspiel profitierte Keymer von einem Fehler Carlsens und gewann zum ersten Mal in seiner Karriere eine Partie mit klassischer Bedenkzeit gegen Carlsen. In der zweiten Partie des Mini-Wettkampfs muss die Nummer 1 der Welt nun gewinnen, um den Tiebreak zu erreichen. | Fotos: Stev Bonhage, Anna Shtourman, Maria Emelianova (FIDE)

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FIDE World Cup 2023, Runde 4

Egal, ob Blitz, Rapid oder klassische Bedenkzeit und egal, ob Turnier oder Wettkampf - wer gegen Magnus Carlsen spielt, ist immer Außenseiter. Seit Juli 2011 ist Carlsen die klare Nummer 1 der Welt und in der Weltrangliste liegt er mit einer Elo-Zahl von 2835 aktuell ganze 48 Punkte vor Hikaru Nakamura, mit einer Zahl von 2787 zur Zeit die Nummer zwei der Welt.

Carlsen hat in der Vergangenheit immer wieder erklärt, dass er lieber Schnell- und Blitzschach spielt als Turniere mit klassischer Bedenkzeit, aber beim World Cup wirkt er sehr konzentriert und entschlossen, dieses Turnier dieses Jahr endlich zu gewinnen.

Magnus Carlsen ist auch beim World Cup Favorit

So war Carlsen auch gegen Keymer Favorit, aber gleich in der ersten Partie des Wettkampfs kam Sand ins Getriebe. In einem ausgeglichenen Endspiel unterlief Carlsen ein Versehen, das ihn einen Bauern kostete, und wenig später war er in einem Springerendspiel mit Minusbauern gelandet, das Keymer souverän zum Sieg führte.

Olaf Steffens hat die Partie auf seinem Blog Vegane Schachkatzen einfühlsam kommentiert:

Keymer, Vincent26901–0Carlsen, Magnus2835
FIDE World Cup
chess24.com09.08.2023
1.d4 Gegen diesen Zug haben schon einige Weltmeister verloren. Nf6 2.c4 e6 3.Nc3 d5 4.cxd5 exd5 5.Bg5 Bb4 6.e3 h6 7.Bf4 Filigrane Läufermanöver auf beiden Seiten, und Schwarz erreicht eine Karlsbader Struktur mit dem sicheren Ankerbauern auf c6. Bf5 8.Bd3 Bxd3 9.Qxd3 c6 10.Nge2 Nh5 11.Be5 Nd7 Carlsen angelt sich das Läuferpaar? Nein, doch nicht, aber nur, weil Vincent sich auskennt. 12.h3! Nhf6 12...Nxe5 13.dxe5 und der Springer h5 kommt nur mit Mühen zurück in die Partie g6 14.e6 13.Bh2 Safe haven, wie man beim Worldcup so sagt. 0-0 14.a3 Ba5 15.0-0 Re8 16.Rac1 Qe7 17.b4! Ausrufezeichen - der erste wirklich aktive Zug für Weiß. Wenn es geht, wird Vincent hier mit b4-b5 den schwarzen Damenflügel unterbuddeln, bxc6 spielen und sich dann auf den Bauern c6 hängen. Bd8 18.Ng3 Bc7 19.Nf5 Bxh2+ 20.Kxh2 Qe6 21.Ng3 Qd6 22.Kg1 a5 Nach einigen unwirklichen Manövern lockert Carlsen nun selber den Damenflügel auf. Ist der Bauer b4 nun schwach, und wem wird die a-Linie nützen? 23.Qb1 Nb6 23...b5 und dann Sd7-b6-c4! ist hier ein Standard-Anwender-Manöver. Carlsen entschließt sich aber für einen etwas fluffigeren Aufbau. 24.bxa5 Nc4 Das macht schon mal einen dynamischen Eindruck, vor allem in Verbindung mit dem kommenden Zug. Es ist wie immer: man muss rechnen, man muss die Stellung einschätzen, man muss rechnen, man muss die Stellung einschätzen. Schwer genug! 25.Qb4 Rxa5 Theorie? Am Brett gefunden? Auf alle Fälle eine wundervolle Idee, mit der Vincent die etwas fragile schwarze Figurenkonstellation ausnutzt. 26.Nxd5‼ Nxd5 26...cxd5 27.Rxc4 dxc4 28.Qxa5 26...Qxd5 27.Rxc4 Rxa3 28.Rc5 und Weiß kann gegen die Bauern b7 und c6 spielen - oder? Rechnen, einschätzen, rechnen, einschätzen. 27.Qxc4 Rxa3 28.Qc5 Qxc5 29.Rxc5 29.dxc5 legt den Bauern b7 fest - doch wäre der Bauer auf c5 dann ebenso eine Schwäche, die beachtet werden muss. 29...Rea8 Bestandsaufnahme? Schwarz hat die a-Linie und einen Freibauern auf b7. Weiß hat eine schöne Bauernkette und kann beizeiten den Bauern b7 angreifen - sobald der Bauer zieht, fällt c6. Für wen ist das nun alles besser? 30.Nf5 Wohin des Wegs - vielleicht beizeiten mal nach d6. Und b7? h5 31.g4 hxg4 32.hxg4 Ra2 33.Rb1 Und gleich der erste Versuch, den Bauern b7 zu beunruhigen. Carlsen pariert ohne Mühe. Ra1 34.Rxa1 Rxa1+ 35.Kg2 Kf8 36.g5 Sieht unscheinbar aus, mag aber mal helfen, bei Gelegenheit den Bauern f7 anzugreifen. Was genau aber droht Weiß? Für den Verteidiger sind solche Stellungen extrem unschön zu spielen. Carlsen selber hat in ähnlichen Stellungen erfolgreich gepunktet. Nc7? Ein Fragezeichen für den Ex-Weltmeister - denn nun ... 37.Nd6! Guckt nach b7, und guckt nach f7 - der Zug g4-g5 macht sich nun bezahlt! g6 37...Rb1 38.Rf5 Ke7 39.Nxf7 38.Nxb7! Mehrbauer für Vincent - dieser Zug MUSS einfach ein Ausrufezeichen bekommen. Rb1 39.Nd8 Rb5 40.Rxb5 40.Nxc6 Rxc5 41.dxc5 Ne6 kann Schwarz wohl noch halten 40.Rxc6 gibt Schwarz ebenso Gegenchancen Rxg5+ 40...Ne8 41.f4 Rb8 40...cxb5 41.Nc6 Hegt den Freibauern ein - aber kann man das wirklich gewinnen? Vincent spielt weiter und behält die Nerven. Und zeigt bärenstarke Technik! Ke8 42.Nb4 Ke7 43.f4 Kd6 44.Kf3 Weiße Stellung an schwarzen König: Du kommst nicht durch. Ne6 45.Ke2 Ng7 46.e4 Nh5 47.Kf3 Ng7 48.Nd3 Nh5 49.Ke3 Ng3 50.d5 Weiße Stellung an schwarzen König: Du kommst nicht durch! Und den Bauern f7 holen wir uns auch gleich noch. Kc7 51.Kd4 Kb6 52.Ne5 b4 53.Nxf7 Der Springer entfernt sich vom Geschehen - wird nun der Bauer b4 nicht schnell? Und der weiße Bauer e4 anfällig? b3 54.Ne5! Alles gut. Ne2+ 54...b2 55.Nc4+ 55.Ke3 Kb5 56.Nd3 Nc3 Carlsen versucht es noch mit optischem Schach, immerhin sieht die Springer - Freibauern - Kombination gefährlich aus. Doch Vincents nächster Zug macht klar, dass Schwarz konkret nichts mehr hat. 57.d6 Kc6 58.e5 1–0

Nach der Partie sprach Vincent Keymer mit ChessBase India über seinen Sieg gegen Carlsen.

Nach diesem Sieg kann sich Keymer Hoffnungen machen, mit einem Remis in der zweiten Partie des Wettkampfs die fünfte Runde zu erreichen. Außerdem liegt er jetzt mit einer Live-Elo-Zahl von 2720,4 hinter Alireza Firouzja und Gukesh in der Live-Weltrangliste auf Platz 3 der Weltrangliste der Junioren und auf Platz 24 der Weltrangliste aller Spieler.

32 Spieler sind in Runde 4 im Open noch im Rennen und fünf der 16 Partien der vierten Runde endeten mit einer Entscheidung. Außer Keymers Gewinn gegen Carlsen gab es jedoch nur noch vier weitere entschiedene Partien. Wesley So verlor mit Weiß überraschend gegen Alexey Sarana, Nils Grandelius gewann gegen Jaime Latasa Santos und Vidit Gujrathi konnte sich gegen Etienne Bacrot durchsetzen. Außerdem gewann Ferenc Berkes gegen Ruslan Ponomariov. Alle anderen Partien im offenen Wettbewerb endeten Remis.

Ergebnisse und Paarungen...

Nils Grandelius wirkt besonders, gewann aber am Ende trotzdem.

Hikaru Nakamura spielte eine spannende Partie gegen Praggnanandhaa, die am Ende allerdings ebenfalls mit Remis ausging.

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World Cup der Frauen

Im World Cup der Frauen ist bereits die Runde der letzten 16 erreicht, aber in den acht Partien gab es nur einen einzigen Sieg: Humpy Koneru verlor mit Weiß gegen Bella Khotenashvili. Alle anderen Partien endeten mit Remis. Elisabeth Pähtz kam mit Schwarz gegen Frauenweltmeisterin Ju Wenjun zu einem Remis und hat in der zweiten Partie so den Anzugsvorteil auf ihrer Seite.

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Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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