Firouzja wieder auf Kurs

Beim letzten Kandidatenturnier im letzten Jahr in Madrid war Alireza Firouzja mindestens der Geheimfavorit und Magnus Carlsen hätte den jungen Franzosen gerne als Herausforderer und Gegner in einem Weltmeisterschaftskampf gesehen, um sich noch einmal im Wettkampf gegen einen Vertreter der jüngeren Generation zu behaupten. Daraus wurde nichts, denn der weltbeste Nachwuchsspieler betritt das Turnier auf merkwürdige Weise ohne Fortune und kam mit 6 Punkten nu als Drittletzter ins Ziel. Carlsen reiste zum Ende des Turniers nach Madrid um den dort anwesenden FIDE-Vertretern zu vermitteln, dass er seinen Titel nicht mehr verteidigen will. Bei einem Sieg von Firouzja wäre es vielleicht anders gekommen. So spielten der Sieger gegen den Zweiten, Ian Nepomniachtchi und Ding Liren, um den Titel und der Zweite des Kandidatenturniers gewann den WM-Kampf.

Firouzja war raketenartig in die Weltspitze vorgestoßen, mit 2804 Elo bis auf Platz zwei in der FIDE-Eloliste im Dezember 2021 und den folgenden Monaten, machte sich dann aber rar. Bei seinen nun eher seltenen Turnierteilnahmen war er nicht mehr so erfolgreich wie zuvor und rutschte in der Eloliste nach und nach etwas ab. Von den Qualifikationsmöglichkeiten zum Kandidatenturnier nutzte er keine und es schien auch, als interessiere er sich sich nicht besonders für die Teilnahme. Zwischendurch hatte der junge Supergroßmeister auch schon mal verlauten lassen, er wolle lieber Modedesigner werden und seine Schachkarriere an den Nagel hängen. In Saint Louis trat er einmal mit teuren Designer-Sneakern auf. Kürzlich zeigte er sich mit einer sehr teuren Versace-Jacke (trés chic, aber 1500 Euro, haben Schachfreunde herausgefunden)

Jetzt spielt Firouzja gerade in einer noch teureren Prada-Jacke (2500 Euro) beim Open in Rouen. Da sage noch einer, Schachspieler hätten keinen Sinn für Mode.

Firouzja in Prada-Jacke

Offenbar hat Firouzja aber doch noch der Ehrgeiz gepackt und er bemüht sich derzeit, im letzten Moment noch das Ticket für das Kandidatenturnier in Toronto lösen.

Die FIDE hatte seinerzeit den Modus für die Teilnahme am Kandidatenturnier neu gefasst und vergibt einen Platz dem Elobesten der Januarliste, sofern dieser nicht schon auf anderem Wege qualifiziert ist und überhaupt mitspielen will (Carlsen will wohl nicht) . Die Idee, einen einzigen Wert aus einer bestimmten Liste zugrunde zu legen, anstelle beispielsweise eines Durchschnittswerts über einen größeren Zeitraum wie in früheren Jahren, erwies sich als wenig schlau, denn nun entwickelte sich zwischen einigen Spielern ein etwas befremdliches Elowettrennen um den letzten Kandidatenplatz.

In Madras wurde recht kurzfristig ein Superturnier für die jungen indischen Spieler organisiert. Hier ging es aber mehr noch um den Qualifikationsweg über den FIDE-Circuit - eine Turnierserie über das ganze Jahr, bei der die Spieler für ihre Erfolge Punkte bekommen. Am Ende ergatterte Gukesh diesen Platz.

Leinier Dominguez war einer der Spieler im Rennen um den Qualifikationsplatz per Elo, aber er erfüllte dafür nicht die Voraussetzung, mindestens vier Turniere in vier verschiedenen Ländern gespielt zu haben.

Vor dem letzten Kandidatenturnier in Madrid 2022 hatte Ding Liren, der sich dafür ebenfalls über seine Elozahl qualifiziert hatte, noch schnell vier Turniere oder Wettkämpfe spielen müssen. Er erfüllte diese Bedingung, allerdings nur mit Wettbewerben in China. Dagegen hatten einige Spitzenspieler mit einem Brief an die FIDE protestiert und die FIDE hatte die Voraussetzung für den neuen Zyklus geändert, indem sie Turniere in mehreren Ländern vorschrieb. Dominguez reiste nach Sitges, Spanien, und nahm am Sunway Open teil. Nach fünf Runden brach er jedoch ab, weil ihn die Teilnahme trotz hoher Erfolgsquote Elopunkte kostete, statt welche zu bringen.

Die Schachfreunde von Chartres gingen einen anderen Weg, um den von ihnen unterstützten Firouzja noch ins Kandidatenturnier zu hieven. Sie organisierten drei Wettkämpfe mit je zwei Partien und deutlich schwächeren Gegnern für ihren Mann. Wenn er alle sechs Partien gewonnen hätte, hätte Firouzja Wesley So in der Eloliste überholt und sich für das Kandidatenturnier qualifiziert. Angesichts der offenkundigen Absicht, hier ohne sportlichen Nutzen nur zwecks Elogewinn zu spielen, maulte die FIDE, wurde aber in den sozialen Medien vor allem für ihre undurchdachten Qualifikationsregeln kritisiert.

Firouzja gewann fünf Partien, überholte für einen Tag Wesley So in der Eloliste, spielte die letzte Partie aber nur Remis und fiel wieder hinter den Amerikaner zurück.

Für den Franzosen gibt es aber noch eine zweite Chance. Er meldete sich für das oben erwähnte Open in Rouen an, das auch ohne ihn stattgefunden hätte. Dagegen konnte auch die FIDE nichts einwenden. Unter normalen Umständen hätte Firouzja dort wohl nicht gespielt, aber wenn man dringend noch ein paar Elopünktchen braucht... Nachdem er einige Amateure besiegt hatte, durfte Firouzja dann auch gegen Gegner spielen, die für die Eloauswertung relevant war. 

In Runde sechs besiegte Firouzja gestern Gata Kamsky und ist nun in der Eloliste wieder an Wesley So vorbeigezogen. Man fragte sich, ob der Tabellenführer heute überhaupt noch zur siebten Runde antreten wird, da er dort nichts gewinnen kann.

Nicht nur das Qualifikationssystem der FIDE für die Weltmeisterschaft, auch das ganze Elosystem wurde in den Sozialen Medien inzwischen diskutiert und in Frage gestellt.

Partien von Firouzja

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