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Von allen Wettkämpfen, die nie gespielt wurden, wären Fischer gegen Karpov oder Fischer gegen Kortschnoj vielleicht die interessantesten gewesen. Was wäre geschehen, wenn sich Bobby Fischer nach seinem Sieg gegen Spassky 1972 nicht vom Schach zurückgezogen hätte? Mit dieser Frage und ihren psychologischen Hintergründen möchte ich mich in diesem Artikel beschäftigen.
Leider spielte Bobby Fischer nach seinem WM-Sieg über Boris Spassky 1972 in Reykjavik 20 Jahre lang kein Turnierschach mehr. Erst 1992 trat er zu einer Revanche gegen Spassky an und siegte mit 10:5 bei 15 Remisen. Es folgten danach aber keine weiteren Turniere oder Wettkämpfe mehr. 2008 starb Fischer in seinem isländischen Exil zwei Monate vor seinem 65. Geburtstag. Welche Auswirkungen hatte dieser Rückzug auf das Spitzenschach?
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Hätte Fischer weitergespielt, so wäre es 1975 zu einem WM-Kampf gegen Anatoli Karpov und 1978 vielleicht sogar zu einem WM-Kampf gegen Viktor Kortschnoj gekommen. Beide Wettkämpfe wären für die Schachwelt zweifellos sehr interessant gewesen und wahrscheinlich sehr aufregend und spannend verlaufen, nicht nur in schachlicher Hinsicht. So aber machten seit 1974 Anatoli Karpov und Viktor Kortschnoj in drei Wettkämpfen den Weltmeistertitel praktisch unter sich aus, ehe 1984 mit dem 21-jährigen Garry Kasparow erstmals ein neuer Anwärter auf den WM-Titel hervortrat.
Warum eigentlich zog sich Bobby Fischer so plötzlich zurück? Wenn wir den wahrscheinlichen Gründen auf die Spur kommen wollen, müssen wir zunächst in das Jahr 1972 zurückgehen.
Über diese Frage ist viel spekuliert worden. Vor dem Wettkampf hatte Bobby noch nie gegen Spassky gewonnen. Die Bilanz lautete 3:0 bei 2 Remisen zugunsten des Russen. In der ersten WM-Partie 1972 in Reykjavik ließ sich Bobby Fischer unnötigerweise einen Läufer einsperren und verlor im Endspiel. Damit stand es im WM-Kampf 1:0 für Spassky und 4:0 in der persönlichen Bilanz zwischen den beiden. Dann kam die zweite Partie. Nach Auseinandersetzungen über die Fernsehkameras, welche den Wettkampf übertragen sollten, erschien der exzentrische Amerikaner nicht zur Partie, und Spassky ging mit 2:0 in Führung.
Nur mit äußerster Mühe konnte Fischer zum Antreten in der dritten Partie überredet werden. Er bestand jedoch darauf, dass die Partie nicht im dafür eigentlich vorgesehenen Spielsaal, sondern in einem Tischtennisraum ohne Zuschauer ausgetragen würde. Der gutmütige Spassky stimmte zu. Doch das reichte Fischer noch immer nicht. Da ihn wiederum die Kamera störte, welche die Partie für die Zuschauer übertragen sollte, weigerte er sich erneut zu spielen. Dabei kam es zu einem lautstarken Streit zwischen Fischer und dem Schiedsrichter Lothar Schmid, der Spassky völlig aus der Fassung brachte. Er stand auf, um den Raum zu verlassen, doch Schmid bedrängte ihn heftig, doch dazubleiben. Was dann geschah, schilderte er mit folgenden Worten: „Ich packte beide und drückte sie an der Schulter auf ihre Plätze und sagte: Spielt jetzt!“ Das war Spasskys Untergang. Von den ermüdenden Streitereien zermürbt verlor er zum ersten Mal in seinem Leben eine Turnierpartie gegen Bobby Fischer und war bis zur 10. Partie nicht mehr wiederzuerkennen: 0:5 bei 3 Remisen lautete die katastrophale Bilanz dieser acht Partien.
Spassky-Fischer, 1972
Spassky brauchte lange, um sich von dem psychologischen Schlag zu erholen. Mit Beginn der elften Runde hatte er das Trauma überwunden und konnte in den Partien 11 – 20 das Match ausgeglichen gestalten (1:1 bei 8 Remisen). Die 21. Partie gewann Fischer nach 41 Zügen zum 12,5:8.5-Endstand. Wenn wir von der kampflosen Niederlage Fischers in der 2. Partie und der für Spassky traumatischen Wettkampfphase von der 3. bis 10. Partie einmal absehen, erkennen wir einen ausgeglichenen Wettkampfverlauf (2:2 bei 10 Remisen). Ich glaube daher nicht, dass Spassky 1972 rein schachlich gesehen schwächer spielte als Fischer. Bei normalem Verlauf ohne die aufreibenden Auseinandersetzungen um Fernsehkameras, Spielsaal und die Zuschauer wäre ein hochspannender und sehr ausgeglichener Wettkampf zu erwarten gewesen, den beide hätten gewinnen können.
Spasskys entscheidender Fehler bestand darin, dem auf ihn ausgeübten Druck nachzugeben und sich bereit zu erklären, die dritte Partie unter den oben geschilderten Begleitumständen in einem Tischtennisraum auszutragen. Er musste sich damit dem Willen seines Gegners und des Schiedsrichters Lothar Schmid beugen und verlor sein inneres Gleichgewicht. Das führte zu dem psychologischen Zusammenbruch, den man in den Partien 3 – 10 klar erkennen konnte.
Da wir heute wissen, welche Folgen Bobby Fischers Gewinn des WM-Titels für die Schachwelt hatte, könnte man sich wünschen, dass Spassky an jenem 16. Juli 1972 den Tischtennisraum verlassen und seine Sachen für den Heimflug nach Russland gepackt hätte. So wäre sehr wahrscheinlich Bobby Fischer der Schachwelt erhalten geblieben und hätte zwar vielleicht keinen WM-Kampf mehr bekommen, aber sehr wahrscheinlich doch weiterhin an hochkarätigen Turnieren teilgenommen. So hätte er sehr wahrscheinlich nicht nur mit Karpov, sondern auch noch mit Garry Kasparow die Klingen kreuzen können, was zweifellos für die Schachwelt ein großer Gewinn gewesen wäre.
Schließlich möchte ich auch noch auf Lothar Schmids Rolle als Schiedsrichter der WM 1972 eingehen. So sehr man anerkennen muss, dass er den WM-Kampf retten wollte, so sollte man doch einmal klar sagen, dass er meiner Meinung nach seiner Verantwortung an jenem 16. Juli 1972 nicht gerecht wurde. Die dritte Partie fand unter für Boris Spassky ganz und gar unzumutbaren Bedingungen statt. Wenn ein Spieler im dafür vorgesehenen Spielsaal nicht antreten will, sogar nachdem hinsichtlich der Kameras Zugeständnisse gemacht worden und diese am Spieltisch nachweislich nicht mehr zu hören waren, hätte der Schiedsrichter den Wettkampf abbrechen und Fischer disqualifizieren müssen. Das wird vielen Schachfreunden nicht gefallen, aber stellen wir uns einmal vor, bei einer Leichtathletik-WM würde einer der Finalisten darauf bestehen, dass er den 5000-Meter-Lauf nicht im Stadion, sondern nur auf dem Sportplatz einer nahegelegenen Volksschule ganz ohne Zuschauer und Fernsehkameras auszutragen bereit wäre. Ein solcher WM-Aspirant würde sehr schnell durch einen anderen Teinehmer ersetzt werden, zu Recht! (a)
Nachdem Bobby Fischer 1972 Weltmeister geworden war, hatte er, psychologisch gesehen, nichts mehr zu gewinnen, sondern nur noch alles zu verlieren. Mit dem WM-Titel hatte sich bewahrheitet, wovon er nämlich bereits seit spätestens 1963 überzeugt gewesen war, dass nämlich er und kein anderer der beste Schachspieler der Welt sei. Als 1975 die Titelverteidigung anstand, hätte es für Bobby zum Super-GAU kommen können, nämlich zu einer Niederlage im anstehenden WM-Kampf. Der Nimbus des weltbesten Spielers wäre mit einem Male zerstört, sein Ego schwer angeschlagen worden. Noch dazu hatte er drei Jahre lang kein Turnierschach mehr gespielt. Er wird sich also überlegt haben, wie seine Chancen in einem WM-Kampf gegen seinen Herausforderer standen, und das ließ Schlimmes befürchten. Warum?
Karpov hatte das Interzonenturier in Leningrad 1973 gemeinsam mit dem punktgleichen Viktor Kortschnoj gewonnen und dabei ein herausragendes Ergebnis von 79.4 % erzielt (13.5 aus 17). Im Kandidatenviertelfinale setzte er sich gegen Großmeister Lew Polugajewsky mit 3:0 bei 5 Remisen durch. Bei der Schacholympiade 1974 in Nizza spielte Karpov bereits auf Brett 1 für die Sowjetunion und erzielte ein sensationelles Ergebnis von 10:0 bei 4 Remisen. Dann kam das Kandidatenhalbfinale gegen Boris Spassky, und Karpov siegte (ganz ohne psychologische Mätzchen) klar mit 4:1 bei 6 Remisen.
Karpov-Kortschnoj, Tilburg 1986 | Foto: Dutch National Archive
Im Finale gegen Viktor Kortschnoj lief es zunächst auch wunderbar: Nach 18 Partien führte Karpov bereits 3:0. In der Schlussphase allerdings brach er ein, verlor noch zwei Partien und rettete sich mit Remisen in den Partien 22 – 24 am Ende in einen knappen 3:2-Erfolg.
Wir können davon ausgehen, dass Fischer, wenn er sich auch aus der Turnierarena zurückgezogen hatte, dennoch Karpovs Werdegang aufmerksam verfolgte. Er konnte also feststellen, dass Karpov in den Jahren 1973 und 1974 von insgesamt 131 Turnier- und Wettkampfpartien nur 4 verloren, aber 52 gewonnen hatte. Damit stellte der 24-jährige Russe eine ernste Gefahr für Fischers WM-Titel dar. Sicher hat er auch Karpovs Partien eingehend studiert und festgestellt, dass diesem Herausforderer wohl nur schwer beizukommen sein würde. Eine Schwäche Karpovs wird Bobby Fischer allerdings sehr wohl erkannt haben, denn zwei dieser vier Niederlagen kamen zustande, nachdem Karpov 18 anstrengende Wettkampfpartien gegen Kortschnoj gespielt hatte und offenkundig mit Konditionsproblemen zu kämpfen hatte. Er musste also, um Karpov sicher schlagen zu können, einen WM-Kampf gegen ihn unbedingt in die Länge ziehen. Je länger er dauerte, desto größer wäre die Chance ihn zu gewinnen.
Vor diesem Hintergrund wird plötzlich nachvollziehbar, warum Fischer gegenüber dem Weltschachbund darauf bestand, den WM-Kampf 1975 auf neun Gewinnpartien anzusetzen. Damit konnte er hoffen, dass er lange genug dauern würde, um Karpov zu ermüden. Als er dann aber auch noch forderte, dass der Wettkampf bei einem 9:9 als unentschieden abgebrochen werden müsste, wobei Fischer den Titel behalten würde, war das Maß voll. Dass die Sowjets solche Forderungen ablehnten, zeigt, dass sie aus dem Debakel von 1972 gelernt hatten. Auch der Weltschachbund wollte nun nicht mehr mitmachen, und so wurde Karpov 1975 kampflos Weltmeister.
Viktor Kortschnoj war 1931 geboren und damit 20 Jahre älter als Anatoli Karpov. Schon lange gehörte er zur absoluten Weltspitze. Im Interzonenturnier Leningrad 1973 hatte er ebenso viele Punkte gemacht wie Karpov und gegen ihn selbst unentschieden gespielt. Im Kandidatenviertelfinale besiegte er den brasilianischen Großmeister Henrique Mecking mit 3:1 bei 9 Remisen, im Halbfinale bezwang er Exweltmeister Tigran Petrosjan mit 3:1 bei einem Remis. Bei der Schacholympiade 1974 in Nizza spielte Kortschnoj auf Brett 2 und erzielte ein Ergebnis von 8:0 bei 7 Remisen. (b) Er hatte damit also nicht ganz, aber immerhin beinahe ebenso gut abgeschnitten wie Karpov, gegen den er, wie schon erwähnt, das Kandidatenfinale über 24 Partien mit 2:3 bei 19 Remisen verlor. Wenn man sich jedoch Kortschnojs Gesamtbilanz der Jahre 1973 und 1974 ansieht, so lässt sich doch ein deutlicher Unterschied feststellen. In der Mega Database von ChessBase fand ich aus diesen beiden Jahren insgesamt 117 Turnier- und Wettkampfartien, von denen Kortschnoj 40 gewann, aber immerhin 18 verlor. Demgegenüber steht Karpovs Bilanz von 52 Siegen bei nur 4 Niederlagen!
Fischer hätte also klar erkennen können, dass ein Herausforderer Kortschnoj verhältnismäßig leichter zu schlagen gewesen wäre. Ebenso wäre ihm wohl klar geworden, dass Kortschnoj umso stärker spielte, je länger ein Wettkampf dauerte. Also können wir davon ausgehen, dass Fischer, wenn Kortschnoj 1975 sein Herausforderer gewesen wäre, wahrscheinlich nicht auf neun Gewinnpartien bestanden hätte, sondern mit einem kürzeren Format einverstanden gewesen wäre.
Ein weiterer Grund für meine Vermutung, dass sich Fischer viel eher auf einen WM-Kampf gegen Viktor Kortschnoj eingelassen hätte, besteht darin, dass er ihn aus früheren Begegnungen kannte. Von 1960 bis 1970 hatten sie insgesamt acht Turnierpartien gegeneinander gespielt, von denen jeder zwei gewann, während vier unentschieden ausgegangen waren. Außerdem spielten Kortschnoj und Fischer bei einem Blitzturnier in Herceg Novi 1970 zweimal gegeneinander. Die erste Blitzpartie gewann Kortschnoj, verlor aber die zweite. Gegen Karpov allerdings hatte Fischer noch nie auch nur eine einzige Partie gespielt, so dass dieser Gegner für ihn viel schwieriger einzuschätzen gewesen wäre.
Sehen wir uns die zwei interessantesten Partien zwischen Fischer und Kortschnoj an:
Meine Prognose: Ein offener Kampf mit leichten Vorteilen für Fischer
Wer die zehn Kortschnoj-Fischer-Partien genauer betrachtet, stellt fest, dass Kortschnoj eine leichte Inititative hatte, wenn auch das Endergebnis insgesamt ausgeglichen war. Hier ist aber zu bedenken, dass Fischer zum Zeitpunkt der ersten Partie gegen Kortschnoj erst 17 und während der fünf 1962 gespielten Partien gerade mal 19 Jahre alt war. Für den zwölf Jahre älteren Viktor Kortschnoj bedeutete dies zweifellos einen Vorteil, da er über wesentlich mehr Erfahrung verfügte als sein jugendlicher Gegner. Wären Kortschnoj und Fischer 1975 oder 1978 in einem WM-Kampf aufeiandergetroffen, hätte sich dies umgekehrt, denn in dem Falle wäre ein 32- oder 35-jähriger Fischer einem 44 oder 47 Jahre alten Herausforderer gegenübergestanden, was mit großer Wahrscheinlichkeit den jüngeren Fischer begünstigt hätte.
Wenn also 1975 oder 1978 tatsächlich ein WM-Kampf Fischer gegen Kortschnoj stattgefunden hätte, glaube ich, dass ungeachtet der Wettkampflänge ein sehr spannendes und offenes Rennen zu erwarten gewesen wäre. Entscheidend in diesem Zusammenhang wäre die Frage, wie Fischer die mehrjährige Spielpause weggesteckt hätte. Aber selbst wenn Kortschnoj zu Beginn eines solchen Wettkampfes mit zwei Punkten in Führung gegangen wäre, hätte Fischer meiner Meinung nach gute Chancen gehabt, am Ende doch die Nase vorn zu haben. Wenn es allerdings Kortschnoj gelungen wäre, Fischer in der „Aufwärmphase“ empfindlich zu treffen (drei oder mehr Punkte Vorsprung), so hätte Kortschnoj gegen Fischer durchaus gewinnen können.
Anders sehe ich die Lage bei einem WM-Kampf Fischer – Karpov über neun Gewinnpartien. Trotz seiner ungeheuren Spielstärke glaube ich nicht, dass Karpov einem langen Wettkampf mit Fischer über 30 oder mehr Partien gewachsen gewesen wäre. Sowohl im Kandidatenfinale gegen Kortschnoj 1974, als auch bei der WM 1978 und sogar noch 1984/85 im ersten WM-Kampf gegen Kasparow hatte Karpov ernste Probleme, sobald der Wettkampf anfing, sich in die Länge zu ziehen.
Leider kann ich unseren Lesern keine authentischen Partien zu dem Thema vorstellen, aber immerhin einen kleinen Vorgeschmack geben auf das, was möglicherweise bei einem Wettkampf Fischer gegen Karpov passiert wäre. Vor ein paar Jahren machte ich mir nämlich den Spaß, eine Computersimulation des WM-Kampfes 1975 durchzuführen mit Hilfe der Fischer- und Karpov-Persönlichkeiten des Schachprogramms Rebel 13 von Ed Schröder. Diese ergab beim Spiel auf sechs Gewinnpartien einen 6:4-Sieg für Bobby Fischer, beim Spiel auf zehn Gewinnpartien allerdings ein deutliches 10:4 zugunsten von Fischer. Dieses Experiment darf man natürlich nicht allzu ernst nehmen, aber es kamen doch einige hübsche Partien zustande. Sehen wir uns zwei davon an:
Erstaunlicherweise gewann die Karpov-Persönlichkeit von Rebel 13 nach ihrem vierten Sieg keine einzige Partie mehr. Das hätte allerdings auch in einem tatsächlichen WM-Kampf Karpov gegen Fischer so kommen können (oder auch nicht!?). Wenn der Bobby Fischer-Express nach dreijähriger Spielpause erst einmal Fahrt aufgenommen hat, ist er eben nur schwer zu stoppen! Das klingt doch eigentlich ganz plausibel. (c)
Die besten Chancen gegen Fischer hätte Karpov meiner Meinung nach bei einer WM 1981 gehabt. Zu dem Zeitpunkt wäre Karpov nämlich 30 Jahre alt, Fischer dagegen bereits 38 gewesen. Den 50-jährigen Kortschnoj jedenfalls besiegte Karpov in Meran 1981 zum ersten mal deutlich mit 6:2 bei 10 Remisen, während er die beiden anderen Wettkämpfe 1974 und 1978 nur mit jeweils einem einzigen Punkt Vorsprung knapp gewonnen hatte.
Die Gedanken sind frei, so heißt es in einem alten Lied. Daher wäre es schön, wenn die schachhistorisch interessierten ChessBase-Leser ihre Einschätzung mitteilen würden. Wie wäre Ihrer Meinung ein WM-Kampf Bobby Fischer gegen Anatoli Karpov oder Viktor Kortschnoj ausgegangen? Ich bin gespannt!
Anmerkungen:
(a) Eine gute Schilderung der Vorkommnisse rund um die schicksalhafte dritte Partie bietet der folgende auf ChessBase erschienene Artikel von Frederic Friedel:
https://de.chessbase.com/post/vor-45-jahren-bobby-fischer-in-island-4
(b) Einige Partien spielte Kortschnoj auch auf Brett 1, wenn Karpov pausierte oder nicht mit Schwarz spielen wollte, so z. B. gegen Torre und Timman (vgl. Kortschnoj, Ein Leben für das Schach, Düsseldorf 1978, S. 110).
(c) https://en.chessbase.com/post/fischer-beats-karpov-10-4-a-simulation
Die niedrige Remisquote in der WM-Simulation könnte damit zusammenhängen, dass ich die Eröffnungsbücher für die Karpov- und Fischer-Persönlichkeiten von Rebel 13 ausschließlich aus Gewinnpartien von Fischer bzw. Karpov erstellt hatte. Andererseits zeigen die 6:0-Ergebnisse Fischers in seinen Kandidatenwettkämpfen gegen die damaligen Spitzen-Großmeister Bent Larsen und Mark Taimanow im Jahre 1971, dass Bobby Fischer selbst gegen so starke Gegner zwölf Partien hintereinander gewinnen kann, ohne auch nur ein einziges Remis abzugeben.