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Aerosvit: Die Partien der ersten 9
Runden...
Impressionen aus Foros
Von André Schulz
Fotos: Anatoly Javorsky
Das Aerosvit-Turnier wird in diesem Jahre zum zweiten Mal ausgetragen. Im letzten Jahr gewann hier Sergei Rublevsky, der ebenso wie Alexei Shirov diesmal gleich von den Kandidatenwettkämpfen aus Elista hierher anreisen konnte und im Gepäck auch Kirsan Ilyumshinov mitbrachte. Der FIDE-Präsident verlieh der Eröffnung des Turniers zusätzliche Würde.
Würdenträger...
...und ihr Publikum
Der Präsident gibt ein Interview
Der Präsident gibt ein Autogramm
Titelsponsor ist die ukrainische Fluggesellschaft Aerosvit, die hier also wie
ihr russisches Pendant Aeroflot in Moskau in Schach investiert. Aerosvit ist
eine relativ junge Fluggesellschaft und braucht als solche kein russisches
Altmetall mehr durch die Luft zu befördern. Die Flotte mit 14 Flugzeugen
besteht durchweg aus neueren Maschinen des US-Herstellers Boeing. Neben
Flugverbindungen innerhalb der Ukraine gibt es knapp 30 Verbindungen zu
internationalen Flughäfen, darunter mit Hamburg auch eine Verbindung nach
Deutschland. Zu etwa einem Drittel befindet sich die Aerosvit AG übrigens im
Besitz einer niederländischen Investorengruppe, so dass sich die Teilnahme von
Loek van Wely beim Turnier geradezu aufdrängt. Als weitere internationale
Teilnehmer außerhalb ehemaliger UdSSR-Staaten sind Krishnan Sasikiran
(Indien), Alexander Onischuk (USA), Liviu-Dieter Nisipeanu, Alexei Shirov
(Spanien) und Lenier Dominguez (Kuba) am Start. Auch ohne es nachgeprüft zu
haben, kann man vermuten, dass Aerosvit Flugverbindungen in diese Länder
unterhält. Alexander Onischuk, der nun in den USA lebt und die
US-Staatsbürgerschaft angenommen hat, wurde dabei sogar auf der Krim geboren.
Im Pressezentrum, rechts: Mikhail Golubev
Übertragung der Partien
Ein TV-Team bereitet ein Interview vor
Kuzubov und Efimenko
Die Krimhalbinsel kam erst 1954 in einem Tauschgeschäft von
Russland an die Ukraine. Nach wechselvoller Geschichte mit vielen
verschiedenen Kulturen, die hier siedelten und ihre Spuren hinterließen, war
die Krim 1783 von Russland annektiert worden Zuvor hatte sie lange Zeit zum
Osmanischen Reich gehört, nachdem die Halbinsel im 15. Jahrhundert von den
Krimtataren erobert und besiedelt worden war. Zu den antiken Völkern, deren
Anwesenheit hier auch nachgewiesen worden ist, gehören neben Kimmeriern und
Taurern oder griechischen Kolonisten auch die germanischen Goten.
Ein Zweig siedelte als Krimgoten am Schwarzen Meer und während die anderen
gotischen Gruppen als West- oder Ostgoten Westeuropa durchstreiften,
Konstantinopel bedrängten, die Herrschaft über das Weströmische Reich
übernahmen, die Araber nach Spanien ließen und sich auf den Katalaunischen
Feldern in unterschiedlichen Gruppierungen gegenseitig auf die Köpfe schlugen,
blieben die Krimgoten nach ihrer Einsiedelung im 3. Jh. hier vom Schicksal der
Stammeskollegen völlig unberührt. Ihre Sprache, das
Krimgotische,
klingt in seinen überlieferten Worten sehr nach Deutsch oder Plattdeutsch. So
heißt Apfel "Apel" und Haus "hus". Regen ist "reghen", Stuhl heißt "stul" usw.
Noch bis ins 18. Jh. soll das Krimgotische hier mit einigen Sprechern
nachweisbar gewesen sein. Inzwischen ist es jedoch völlig ausgestorben, so
dass sich Rheinländer keine Hoffnung machen können, wenigstens hier mit ihrer
Sprache verstanden zu werden. Nazideutschland hatte übrigens für die Zeit nach
dem gewonnenen - so die Idee - Krieg gegen Russland eine Annektion der Krim
("Gotengau") mit dem Hinweis auf "urgermanisches" Siedungsgebiet geplant, was
dann aber aus den bekannten historischen Gründen nicht realisiert wurde.
Zwischen 1941 und 1944 hielt die Deutsche Wehrmacht die Krim besetzt. Nach der Vertreibung der Deutsche Truppen wurden im März 1944 180.000 Krimtataren der Kollaboration mit den Deutschen beschuldigt und von Stalin in Viehwaggons nach Sibirien verfrachtet. Ein Drittel, nach anderen Schätzung knapp die Hälfte dieser Menschen soll schon den Transport nicht überlebt haben. Nach der offiziellen Rehabilitierung 1967 (!) durften die Krimtataren 1989 (!) wieder in ihre Heimat zurückkehren. Heute ist etwa 10% der Bevölkerung von insgesamt 2 Mio. Einwohnern auf der Krim tatarisch gegenüber knapp 60% Russen und 25% Ukrainern. Die Deportation und kulturelle Entwurzelung ganzer Völker war zu Zeiten des Stalinismus in der Sowjetunion leider gang und gäbe.
Die Krim ist heute eine autonome Republik
der Ukraine: Bestrebungen lokaler Politiker, sich wieder an Russland
anzunähren, führen gelegentlich zu Spannungen mit der ukrainischen Regierung.
Während die Namen der von Jalta oder Sewastopol in verschiedenen
geschichtlichen Ereignissen Erwähnung fanden, ist der Turnierort Foros
zumindest in historischen Zusammenhängen wenig bekannt. Foros ist ein
ausgesprochen reizvoller Kurort im Süden der Krim, mit einigen langen
Stränden. Der Name geht angeblich auf eine Genueser Kolonie namens "Foria"
zurück.
Das Landschaftsbild durch zwei Felsgipfel nahe der Siedlung bestimmt. An einer der Felswände in 427 Meter Höhe steht die strahlend weiße Foros-Kirche, eigentlich Auferstehungskirche.
Während des Ruhetages unternahm eine Gruppe von Schachspielern eine Expedition
zur Kirche, um von hier die unglaubliche Aussicht auf das Schwarze Meer zu
genießen.
Die Auferstehungskirche
Die Auferstehungskirche wurde 1892 von einem wohlhabenden Teehändler namens Kuznesov erbaut. Dieser hatte die Siedlung Foros im Jahr 1865 erworben. Er dankte mit dem Bau Gott dafür, dass die Zarenfamilie 1888 einem Attentat entkommen war. Nach der russischen Revolution wurde die Inneneinrichtung von den Kommunisten geraubt. Das Gebäude nutzte man von nun an als Scheune oder Imbisslokal. 1992 wurde die Kirche der orthodoxen Gemeinde zurückgegeben,
Liviu-Dieter Nisipeanu schaut ins Land
Peter Svidler und Sergei Rublevsky
Krishnan Sasikiran. Der kleine schwarze Strich im Meer ist ein großer Frachter
Cheese...
Normalerweise ist Foros eine Oase der Ruhe, doch während des Moskauer Putschversuchs von 1991 kam er in die Schlagzeilen, als hier vom 18.-21. August der letzte sowjetische Staatschef Gorbatschow vorübergehend festgehalten wurde.
Die Fahnen der Teilnehmer bzw. deren Heimatländer
Eine der schönsten Parkanlagen der Ukraine ist der Park von Foros mit einer Größe von 30 ha. Hier findet man u.a. einen Wald aus 100-jährigen Zypressen. Zentrum des Parks sind mehrere künstlich angelegte Teiche.
Herakles erwürgt die Schlange?
In der Datscha Tesseli im Park wohnte 1933-36 der Schriftsteller Maxim Gorkij.
Bogdanov und Lenin spielen Schach, Gorki schaut zu (Capri 1908)
Zum Schluss unseres Berichts laden wir alle Schachfreunde noch zu einem
kleinen Quiz ein. Raten Sie einmal anhand der kyrillischen Namenschilder,
welcher Spieler wohl gemeint ist. (Lösung: Klick auf das Namensschild)