Französische Konter mit Michael Prusikins Fritztrainer

von Stefan Liebig
25.08.2024 – Die Französische Verteidigung ist bei weitem nicht so defensiv, wie es der Name vermuten lässt. Diese These vertritt sicher nicht nur Autor und Schachtrainer Michael Prusikin. Denn nicht umsonst gehör(t)en viele Weltmeister zu den Anhängern des „Franzosen“.

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Der deutsche Großmeister ukrainischer Herkunft Michael Prusikin vermittelt in diesem zweibändigen Videokurs ein vollständiges und zuverlässiges Repertoire für Schwarz gegen 1.e4. Er zeigt, wie man mit der Französischen Verteidigung erfolgreich kontern und die Gegner überraschen kann. Wer die lange Tradition dieser Eröffnung, die seit Generationen Schachspieler begeistert, schätzt, kann mit diesem Kurs ein Gefühl für die Feinheiten der meisterlichen Spielweisen bekommen. 

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Die Französische Verteidigung ist nämlich eine der traditionsreichsten Eröffnungen. Sie genießt seit dem 19. Jahrhundert große Popularität. Sie war und ist fester Bestandteil im Repertoire vieler Weltklassespieler, darunter Alexander Aljechin, Michail Botwinnik, Viktor Kortschnoj, Vasyl Ivanchuk und Magnus Carlsen. Warum haben Spieler mit unterschiedlichsten Spielstilen die Französische Verteidigung in ihr Repertoire aufgenommen? Ganz einfach: Diese Eröffnung bietet eine außergewöhnliche Vielseitigkeit. Sie vereint große Sicherheit mit hervorragenden Konterchancen und ermöglicht es, das Spielgeschehen aktiv zu gestalten.

Teil 1

Vor allem möchte der Schachtrainer und Autor damit aufräumen, dass es sich bei der Französischen Verteidigung um eine passive Eröffnung handelt: „Solide ja, aber keineswegs passiv.“ Den Ruf hat die Eröffnung wegen des Raumvorteils, der Weiß eingeräumt wird, sowie wegen des zunächst eingesperrten Läufers auf c8.

Der Raumvorteil ist laut Studienkomponist Prusikin offensichtlich. Doch dies ist zwangsläufig mit einem Zeitverlust verbunden. Schwarz kann also den langfristigen Raumnachteil durch einen Eröffnungsvorsprung ausgleichen. Diese quasi erzwungene Dynamik widerlegt auch gleich das oben angesprochene Vorurteil der Passivität. 

Auch den Damenläufer ins Spiel zu bringen, gehört in den Bereich der Dynamik. Hier bietet sich oft zum Beispiel die Routen über a6 bzw. e8 an oder ein Bauernopfer zur Öffnung einer aktiven Diagonale für den Läufer.

Auf all dies geht Prusikin direkt in der Beispielpartie, einer Fernschachbegegnung, zwischen Cardelli und Emelyanov in dem 22-minütigen Einleitungsvideo ein. Er zeigt typische Pläne, wie Schwarz sich entwickeln kann und am besten in den Angriff auf die weiße Bauernkette übergeht, bevor der Anziehende seine Entwicklung abschließen kann.


Kostenloses Videobeispiel: Einführung 

Nach diesen allgemeinen Betrachtungen widmet sich der Autor den einzelnen von ihm empfohlenen Varianten, die auf alle weißen Spielmöglichkeiten eingehen. In zwei Haupt- und sechs bzw. vier Nebenkapiteln analysiert er zunächst Nebenvarianten im 5. Zug (nach 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.e5 Sfd7 und dann 5.Sf3, 5. Dg4 oder 5.Sce2). Danach schaut er auf die im Turnierbetrieb regelmäßig anzutreffenden Varianten, wie den Aljechin-Chatard-Angriff, die MacCutcheon-Variante sowie die Stellungen, die nach 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sd2 c5 entstehen können.

Aufgrund der Popularität früher „Harryzüge“ – also Züge des h-Bauern – sei hier noch ein vertiefender Blick auf den Aljechin-Chatard-Angriff geworfen. Der Angriff entsteht nach den Zügen 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Sf6 4.Lg5 Le7 5.e5 Sfd7 6.h4. Mit diesem Gambit reüssierte seinerzeit Weltmeister Alexander Aljechin einige Male. Prusikin erklärt überzeugend, warum er die Annahme des Gambits für die erfolgversprechendste Antwort hält.

Zunächst aber erklärt Prusikin überzeugend, warum Schwarz sich vor der Verteidigung mit 6…f6 und 7…g6 hüten sollte.

In einem 17-minütigen Video demonstriert der Autor somit, warum er das Gambit nicht fürchtet und welche Wege zum Gegenspiel man einschlagen sollte.


Kostenloses Videobeispiel: Nebenvarianten im 5.Zug: 4.e5 Sfd7 5.Sf3/Dg4 


Teil 2

Im zweiten Teil des Videokurses behandelt Prusikin in wiederum zwei Haupt- und diesmal acht Unterkapiteln Themen wie die Hauptvariante mit 3…c5, weitere Nebenvarianten sowie den Königsindischen Angriff, die Abtauschvariante und das Flügelgambit. Für alle hält er Empfehlungen bereit, wie Schwarz zu einem guten Spiel gelangt, ohne unzählige Varianten lernen zu müssen.

Flügelgambit
Als weißer e4-Spieler und Anhänger des französischen Flügelgambits stürze ich mich sofort auf das Kapitel Nebenvarianten mit 2.Sf3, um zu schauen, ob Prusikin „mein“ Gambit behandelt und falls ja, wie er es beantwortet. Er macht es und bezeichnet es als gefährliche weiße Waffe, wenn Variante Schwarz nicht richtig reagiert.

Natürlich hat er sich mit den Fallen vertraut gemacht und empfiehlt das angenommene Gambit mit dem Zug 5…Da5, den er mit einem Ausrufezeichen versieht. Ich gebe zu, der Zug ist unangenehm für Weiß, allerdings hat sich das (zumindest bei meinen bisherigen Gegnern) noch nicht sehr weiträumig herumgesprochen. 

Abtauschvariante
Eine weitere Variante, die viele Französischfans nicht so gerne mögen, ist die Abtauschvariante. Sie gilt vielen als sehr remisträchtig. Diese Befürchtung des gewinnorientierten Schwarzspielers entkräftet Prusikin zunächst in einem ausführlichen Vortrag. Im Grunde hat Weiß zwar gute Remischancen, doch er muss erst noch gut spielen und gerade dies ist vielleicht sogar ein Vorteil für den eventuell stärkeren Schwarzspieler. „Es ist immer noch leichter aus einer ausgeglichenen Stellung zu gewinnen als aus einer schlechteren“, bringt es der erfahrene Französischspieler auf den Punkt.

Eine typische - zugegebenermaßen nicht allzu aufregende - Stellung in der Abtauschvariante. Prusikin zeigt, warum das Schwarz dennoch nicht vom Franzosen abhalten sollte.

Da es sich um eine eher strategische als taktische Variante handelt, behandelt Prusikin hier in erster Linie Pläne, weniger konkrete und tiefe Varianten. Er betrachtet 4.Ld3 als Hauptvariante, weil am häufigsten gespielt, obwohl er 4.Sf3 für flexibler hält. Alle führen zu einem angenehmen Spiel für Schwarz. Aus der Sicht des Autoren sollte also die Abtauschvariante keineswegs ein Grund für den Schwarzen sein, auf eine andere Eröffnung auszuweichen.

Fazit

Der Videokurs mit jeweils über vier Stunden Laufzeit rüstet den Französisch-Interessierten mit allem aus, was er braucht, um die Eröffnung im Turnierbetrieb einzusetzen. Wer mit Weiß 1.e4 spielt, ist übrigens auch gut beraten, sich den Kurs anzuschauen und sich zu überlegen, wie er mit den vorgeschlagenen Antworten umgehen möchte. Wer weiterführendes Material sucht, dem seinen Powerbook und Powerbase empfohlen. Hier gibt es unzählige kommentierte und unkommentierte Partien und alles aktuellen Trends sind nachzuverfolgen oder man kann sich Lieblingsspieler und ihre typischen Reaktionen herauspicken.

Französisch-Powerbook 2024

Der Großteil des Materials, auf dem das Französisch-Powerbook 2024 basiert, stammt aus dem Maschinenraum von Schach.de: 730.000 Partien. Zu dieser imposanten Menge kommen noch 90.000 Partien aus der Mega und vom Fernschach hinzu.

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French Defence Powerbase 2024 ist eine Datenbank und enthält insgesamt 10846 Partien aus der Mega 2024 bzw. der Correspondence Database 2024, davon sind 707 kommentiert.

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Aber auch das reichhaltige, in Teil 1 und Teil 2 enthaltene Bonusmaterial in Form von Aufgaben, Repertoiretraining (und -speicherung) sowie Stellungen, die gegen die Fritz-App ausgespielt werden können, bietet schon genug Material, um sich auf hohem Niveau vorzubereiten. Wer sich bislang wegen der großen Variantenvielfalt nicht an den Franzosen herangetraut oder sich zum Beispiel vor dem Flügelgambit gefürchtet hat, muss dies nach dem Anschauen des Prusikin-Kurses nicht mehr. Systematisch lassen sich alle Lücken mit diesem Paket schließen. Spannende und erfolgreiche Partien entwickeln sich mit diesem umfangreichen Wissensvorsprung wie von selbst.


Stefan Liebig, geboren 1974, ist Journalist und Mitinhaber einer Marketingagentur. Er lebt heute in Barterode bei Göttingen. Im Alter von fünf Jahren machten ihn seltsame Figuren im Regal der Nachbarn neugierig. Seitdem hat ihn das Schachspiel fest in seinen Bann gezogen. Höhenflüge in die NRW-Jugendliga mit seinem Heimatverein SV Bad Laasphe und einige Einsätze in der Zweitligamannschaft von Tempo Göttingen waren Highlights für den ehemaligen Jugendsüdwestfalenmeister.