Eine alte Regel der sowjetischen Schachschule lautete: "Hast du eine Partie verloren, dann spiele die nächste auf Remis, um dich wieder zu konsolidieren."
Die Titelverteidigerin auf dem Thron der Frauenweltmeisterin im Schach Ju Wenjun hatte gestern in der fünften Partie ihres Matches gegen die Herausforderin Lei Tingjie eine Niederlage kassiert und folgte heute offenbar der alten sowjetischen Turnierregel.
Die sechste Partie der FIDE-Frauenweltmeisterschaft wurde von Zhang Yi, Direktor der Abteilung für Jugendsport und Bildung der Shanghaier Sportverwaltung, und Ma Jiabin, Direktor des Jing'an-Distrikts der Shanghaier Sportverwaltung, mit dem symbolische ersten Zug eröffnet.
Wie die Partien zuvor begann Ju Wenjun mit dem d-Bauern und sah sich nach frühem Tausch auf d5 mit der Tarrasch-Verteidigung konfrontiert. Ihr Zug 6.dxc5 gilt zwar als etwas ehrgeiziger als die Hauptvariant mit 6.g3, aber so wie Ju Wenjun die Variante spielte, zeigte sie keinen Ehrgeiz, heute auf Gewinn zu spielen.
Im 12. Zug wurden die Damen getauscht und danach war in völlig symmetrischer Bauernstellung nicht mehr viel los auf dem Brett. Die Partie dauerte zwar noch bis zum 48. Zug, bot aber wenig Spannung. Zum Schluss standen nur noch die Könige und zwei Springer auf dem Brett.
Wie früher beim Fußball - nur Stehplätze
Lei Tingjies knappe Führung in diesem Wettkampf ist verdient, denn in den meisten Partien hatte die 28-jährige Herausforderin etwas mehr vom Spiel, auch wenn sie erst in der fünften Partie punkten konnte. Vor dem Match nahmen die beiden Spielerinnen die Plätze zwei (Ju Wenjun) und vier (Lei Tingjie) in der Weltrangliste ein. Mit Lei Tingjies Sieg in der fünften Partie haben sich die Verhältnisse etwas geändert. Die tagesfrische Liveliste sieht Lei Tingjie nun auf dem zweiten Platz hinter Hou Yifan mit 2559 Elo, einen Punkt vor Ju Wenjun.
Der Wettkampf wird in den Heimatstädten der beiden chinesischen Spielerinnen ausgetragen. Die erste Hälfte mit sechs Partien wurde in einem Hotel in Shanghai gespielt, der Heimat von Ju Wenjun. Morgen zieht die Weltmeisterschaft in die Heimatstadt von Lei Tingjie um, nach Chongquin. Der Verwaltungsbezirk der Stadt Chongquin, die im Landesinneren am Fluss Jiangtse liegt, ist ungefähr so groß wie Österreich und umfasst etwa 550 Großgemeinden, mit einer Gesamteinwohnerzahl von 32 Mio. Menschen.
Am Freitag folgt noch ein Ruhetag, bevor es am Samstag mit der Frauenweltmeisterschaft weitergeht.
Tabelle
Partien
Turnierseite...