Frauenweltmeisterschaft: Remis in der 1. Partie

von André Schulz
05.07.2023 – Heute hat in Shanghai die Frauenweltmeisterschaft zwischen Titelverteidigerin Ju Wenjun und Herausforderin Lei Tinjie begonnen. Die Herausforderin führte die weißen Steine und erhielt nach einem Bauernopfer eine aussichtsreiche Stellung zum Sieg reichte es jedoch nicht. Remis. | Foto: Eröffnung der 1. Partie (Fotos: David Llada, FIDE)

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Derzeit sind zwei Chinesen die Weltmeister im Schach, grammatikalisch genauer: ein Chinese und eine Chinesin. China ist eine Macht im Schach! Während man sich an einen chinesischen Schachweltmeister in der absoluten Domäne erst noch gewöhnen muss, dominieren die Chinesinnen das Frauenschach schon seit über 30 Jahren. Im Jahr 1991 war Xie Jun die erste Spielerin aus dem Reich der Mitte, die den Weltmeistertitel im Schach bei den Frauen gewann. 1996 verlor sie den Titel an Zsuzsa Polgar, gewann ihn aber 1999 zurück, als Polgar wegen ihrer Mutterschaft nicht zur Titelverteidigung nicht antrat.

Es folgte eine Zeit der Experimente bei den Formaten für die Frauenweltmeisterschaften. Wie beim absoluten Titel führte der Weltschachbund die Weltmeisterschaften als K.o.-Turniere durch, dann im Wechsel von K.o.-Turnieren und Wettkämpfen. 2001 gewann Zhu Chen den Weltmeister im K.o.-Format und wurde die zweite chinesische Weltmeisterin. Das K.o.-Turnier 2004 gewann mit Antonata Stefanova eine Bulgarin. Sie wurde nach dem K.o.-Turnier 2006 von Xu Yuhua abgelöst, die damit die dritte chinesische Weltmeisterin wurde. 2008 gewann die Russin Alexandra Kosteniuk den Titel im K.o.-Turnier. Kosteniuk spielt inzwischen für die Schweiz.

Im K.o.-Turnier von 2010 holte Yifan Hou den Titel nach China zurück, konnte ihn aber im K.o.-Turnier von 2012 nicht verteidigen. Anna Ushenina wurde Weltmeisterin. Nun führte die FIDE den verwirrenden Wechsel von K.o.-Turnieren und Wettkämpfen ein. Yifan Hou gewann 2013 als Herausforderin den Wettkampf gegen Anna Ushenina klar und wurde ein zweites Mal Weltmeisterin. 2015 wurde die Frauenweltmeisterschaft wieder im K.o.-Format durchgeführt und Marija Muzychuk gewann das Turnier und wurde als zweite Ukrainerin die Weltmeisterin. Titelverteidigerin Yifan Hou hatte nicht teilgenommen. Sie qualifizierte sich aber erneut als Herausforderin, gewann den Titelkampf 2016 und wurde ein drittes Mal Weltmeisterin.

Tan Zhongyi gewann bei der K.o.-Weltmeisterschaft 2017 den Titel als fünfte Chinesin. 2016 unterlag sie jedoch ihrer Herausforderin Ju Wenjun, die damit die sechste chinesische Weltmeisterin wurde.

Ju Wenjun verteidigte ihren Titel noch im Jahr 2018 erfolgreich durch einen Sieg bei der letzten K.o.-Weltmeisterschaft 2018. Dann änderte die FIDE das Format für die Frauen-Weltmeisterschaften und glich es dem Format der absoluten Weltmeisterschaften an. Nun werden nur noch die klassischen Wettkämpfe gespielt. 2020 verteidigte Ju Wenjun knapp aber erfolgreich ihren Titel nach Stichkampf gegen die Russin Aleksandra Goryachkina. Danach verzögerte die Pandemie die Austragung der nächsten Weltmeisterschaft, die nun gespielt wirde.

Das K.o.-Format hat sehr viele verschiedene Weltmeisterinnen hervorgebracht. Dafür gab es in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg nur eine einzige Weltmeisterin - Vera Menchik. In der Zeit zwischen 1950 und 1991 gab es auch nur fünf Weltmeisterinnen, alle aus der UdSSR: Ljudmila Rudenko, Jelisaweta Bykowa (zweimal), Olga Rubzowa, Nona Gaprindaschwili und Maia Tschiburdanidse. Wenn niemand vergessen wurde, sind es 17 Schachweltmeisterinnen insgesamt. Wenn Lei Tingie das Match gewinnen würde, wäre sie die 18. Weltmeisterin.

Ju Wenjun (33 Jahre) und Lei Tingjie (26 Jahre) kennen sich sehr gut, sind Mannschaftskolleginnen in der chinesischen Nationalmannschaft und sind auch miteinander befreundet. Der Versuch, vor Beginn des Matches bei einem Fototermin am Spieltisch ein grimmiges Gesicht zu machen, misslang gründlich.

Mit zwei Chinesinnen am Start ist der Chinesische Schachverband natürlich gefordert und richtet den Wettkampf aus, in den beiden Heimatstädten der Spielerinnen, zur Hälfte in Shanghai und zur Häfte Chongqing. Zwölf Partien werden gespielt. Bei Gleichstand am Ende folgt ein Stichkampf über vier Schnellschachpartien, danach Blitzpartien, am Ende eine Armageddonpartie.

Die Auslosung ergab, dass Lei Tingjie die erste Partie mit den weißen Steinen spielt. Gegen die Berliner Verteidigung von Ju Wenjun brachte Lei Tingjie ein Bauernopfer, holte aber nicht viel heraus. Vielleicht war an der einen oder anderen Stelle etwas mehr möglich...

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.