Die Pirc-Verteidigung ist eine dynamische und flexible Eröffnung, die Schwarz ermöglicht, das Zentrum indirekt zu kontrollieren und auf einen späteren Gegenangriff zu setzen. Anstatt frühzeitig um Raum zu kämpfen, lädt Schwarz den Gegner ein, eine dominante Bauernstellung aufzubauen, um sie dann mit gezielten Gegenschlägen zu unterminieren. Typische Motive wie der Bauernvorstoß ...c5 oder ...e5, die Fianchettierung des Königsläufers und komplexe Figurenmanöver machen diese Eröffnung besonders reizvoll für strategisch denkende Spieler.
Da Pirc oft zu asymmetrischen Stellungen führt, eignet sie sich besonders für Spieler, die nicht nur auf Ausgleich, sondern auf Sieg spielen wollen. Schwarz erhält die Möglichkeit, ein kreatives und unvorhersehbares Spiel aufzubauen, das viele Weiß-Spieler aus ihrer gewohnten Vorbereitung werfen kann.
Aus diesen Gründen hat es sich der französische Großmeister Fabien Libiszewski zur Aufgabe gemacht, die Eröffnung in all ihren Facetten in Form eines Video-Kurses aufzubereiten.
Der Kurs unterteilt sich vor allem in zwei Segmente:
Zu Beginn zeigt Libiszewski instruktive Partien, mit denen er die häufigsten Strukturen und Motive der Pirc-Eröffnung erklärt.
Anschließend folgt der Theorieteil, in dem konkrete Varianten gezeigt werden, die der Großmeister nach seiner Turniererfahrung empfehlen kann. Die Theorie-Kapitel sind ebenfalls mit Übungsstellungen versehen, damit man die Stellungen gezielt trainieren kann.
Die Partiebeispiele:
Für mich als Spieler, der sich noch nie ernsthaft mit Pirc auseinandergesetzt hat, waren die Partiebeispiele ein sehr guter Einstieg in die Eröffnung. Die Partien haben mein Bild von Pirc als eine eher passive Eröffnung direkt hinterfragt und mir gezeigt, wie aktiv und angriffsbereit die schwarzen Figuren sind. Das sieht man zum Beispiel in der Partie Mullon – Tkachiev 2012 aus diesem kostenlosen Beispielvideo.

Nach gerade einmal acht Zügen sind die Damen getauscht, der Springer steht am Rand, und der Läufer auf g7 schaut auf Granit – eigentlich sieht es so aus, als müsste Schwarz passiv ein schlechteres Endspiel verteidigen. Doch in den nächsten Zügen erwachen alle schwarzen Figuren zum Leben:
9. Ke1 Sc6 10. Le3 Lg4 11. Kf2 f6

Die Leichtfiguren wurden aktiviert und das Zentrum wird angegriffen.
12. Lc4 Kh8 13. e6 Lh6

Der Läufer wird ebenfalls aktiviert, und innerhalb von nur fünf Zügen sind alle vorher passiven Figuren ins Spiel gekommen. Nach 14. Se2 Sd8 gelingt es Schwarz, den e6-Bauern zu gewinnen.
Der Theorieteil:
Nachdem die grundlegende Spielweise nun klar ist, beginnt Libiszewski mit dem Hauptteil des Kurses – der Theorie. Hier liefert der Autor insgesamt zehn Kapitel, in denen er versucht, auf alle gegnerischen Systeme eine überzeugende Antwort zu geben. Zum Abschluss gibt es dann noch einige Übungsaufgaben, mit denen man testen kann, ob man das Gelernte auch anwenden kann.
Die Varianten erfüllen für mich die vier wichtigsten Kriterien:
Beispielhaft kann man diese Eigenschaften an folgender Variante sehen:
1. e4 d6 2. d4 Sf6 3. Sc3 g6 4. Lg5

Weiß spielt ein sehr scharfes System mit dem Ziel, einen Angriff mit Dd2, 0-0-0, h4, h5 und Lh6 auf den schwarzen König zu starten, falls dieser rochiert. Allerdings weicht die Empfehlung des Autors direkt von der Hauptvariante ab und erlaubt dem Weißen keinen Königsangriff, denn der schwarze König soll in der Mitte bleiben!
4…c6 5. Dd2 Sbd7 6. f4 d5!

Bevor Weiß zur Rochade kommt, beginnt Schwarz bereits, das Zentrum anzugreifen!
7. e5 Se4! 8. Sxe4 dxe4 9. De3?

Weiß gewinnt einen Bauern – doch zu welchem Preis?
9…f6 10. exf6 exf6 11. Dxe4+ Kf7 12. Lh4 Lb4+ 13. Kf2 Te8 14. Dd3 Ld6 15. g3 Sb6 ∓

Nach einigen weiteren Zügen verfügt Schwarz über einen enormen Entwicklungsvorsprung und mehr als genug Kompensation.
Die detaillierte Erklärung zu dieser Variante gibt es in diesem Video zur Lg5-Variation (Mainline).
Der Videokurs von Großmeister Fabien Libiszewski bietet eine tiefgehende und praxisnahe Einführung in die Pirc-Verteidigung. Besonders gelungen sind die instruktiven Beispielpartien, die zeigen, welche Möglichkeiten in der Eröffnung stecken. Der Theorieteil liefert gut strukturierte und praxisrelevante Varianten, die sich leicht ins eigene Repertoire integrieren lassen. Auch wenn es einige Varianten gibt, in denen Weiß laut Computer Vorteil erhält, machen die Stellungen stets Spaß. Der Kurs überzeugt durch seine didaktische Klarheit und hohe Qualität. Empfehlenswert für Spieler aller Spielstärken!

Fabien Libiszewski wurde am 5. Januar 1984 in St. Etienne (Frankreich) geboren. Er ist seit 2009 ein GM. Seine höchste Elo-Zahl war 2547. Während Fabien weiterhin aktiv spielt, hat er nun auch eine solide Erfahrung als Trainer, insbesondere als Kapitän des französischen Mixed-Teams. Mit der Produktion von Fritztrainer fügt er seiner Arbeit eine neue Dimension hinzu.
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